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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Peru

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Peru (Geschichte).

welches nach Manco Capac noch 13 Kaiser herrschten. Dieselben vergrößerte durch friedliche Unterwerfung angrenzender roher Volksstämme ihr Reich so sehr, daß es zur Zeit seines Falles das ganze weite Gebiet von Quito bis an den Máulefluß in Chile und vom Großen Ozean bis zu den Urwäldern des Marañon umfaßte.

Nachdem die Spanier 1522 Kunde von einem mächtigen Reich erhalten hatten, das sie nach der zuerst erreichten kleinen Landschaft Biru P. nannten, begannen Francisco Pizarro, Diego de Almagro, ein Abenteurer, und Hernando de Luque, ein Priester, in Panama 1524 die Entdeckungsfahrten von der darischen Landenge aus. Mit zwei geringen Schiffen und 114 bewaffneten Seeleuten segelten Pizarro und Almagro an der Westküste Südamerikas südwärts, gelangten aber 1524 bloß bis Biru und auf einer zweiten Fahrt 1526 bis Tumbez und kehrten um, da sie sich zu einem Eroberungszug zu schwach fühlten. Pizarro begab sich daher nach Spanien, und nachdem er 26. Juli 1529 vom Kaiser Karl V. die Erlaubnis erwirkt hatte, P. zu erobern und dort als Generalkapitän zu herrschen, wenn er auf eigne Kosten die nötigen Truppen ausrüste, landete er 1531 in der Bai San Matheo mit drei Schiffen, 280 Fußsoldaten und 27 Pferden. 1525 war der 12. Inka, Huayna Capac, gestorben und hatte seinem ältern Sohn, Huascar, P., dem jüngern, Atahualpa, das neueroberte Schyrireich (Quito) übergeben. Huascar suchte es ihm zu entreißen, unterlag aber in einer Schlacht am Fuß des Chimborazo und ward gefangen gesetzt. Diese innern Kriege sowie eine im Volke gehende Weissagung vom Untergang der Herrschaft der Inkas durch weiße, bärtige Männer, Kinder der Sonne, begünstigten das tollkühne Vordringen der Spanier. Von der Bai San Miguel aus, wo Pizarro im Mai 1532 die erste spanische Kolonie in P. gegründet hatte, trat er im September den Marsch ins Innere an, erreichte auf einem beschwerlichen Weg über die Kordilleren glücklich Cajamarca, wo sich das Heerlager Atahualpas befand, und ließ denselben, als er sich bei einer Unterredung 16. Nov. weigerte, Christ zu werden, ins Gefängnis werfen, während zahllose Peruaner niedergemetzelt wurden. Nachdem Atahualpa Huascar hatte ertränken lassen, wurde er selbst unter der falschen Beschuldigung, einen Aufstand erregt zu haben, zum Feuertod verurteilt und, als er sich die Taufe hatte gefallen lassen, zur Erdrosselung begnadigt (29. Aug. 1533).

Um die Eroberung Perus zu erleichtern, erhob Pizarro einen Bruder Huascars, Mango Capac, zum Scheinkönig unter spanischer Oberhoheit und besetzte Cuzco, die alte Hauptstadt des Landes, wo er noch ungeheure Beute machte, während er zu gleicher Zeit die neue Hauptstadt, Lima, gründete. Zwar machten die Peruaner, welche bisher die Herrschaft der Spanier und die Ausbreitung des Christentums in stumpfer Resignation ertragen, 1536 unter Führung Mango Capacs einen verzweifelten Aufstandsversuch, konnten jedoch den tapfern Brüdern Pizarros Cuzco nicht entreißen, und selbst der zum offenen Kampf entbrennende Streit zwischen dem Eroberer von Chile, Almagro, und den Pizarros, der 1538 mit des erstern Niederlage und Hinrichtung endete, besserte ihre Lage nicht. Die Peruaner führten von den Schluchten und Berghöhen der Andes aus noch lange einen erbitterten kleinen Krieg; an der Küste und in den fruchtbaren Ebenen setzten sich aber die Spanier dauernd fest, und Pizarro organisierte mit großem Geschick die Kolonisation des Landes. Aber 26. Juni 1541 wurde er durch eine Verschwörung des Sohns und der Freunde Almagros ermordet. Die spanische Regierung setzte darauf Christobal Vaca de Castro als Vizekönig ein. Dessen Nachfolger Vela (seit 1543) wurde 1544 von Gonzalo Pizarro gestürzt, doch konnte sich derselbe gegen den neuen Vizekönig, Pedro de la Gasca, nicht behaupten und wurde 1548 hingerichtet.

Ein Vizekönig, der in Lima seinen Sitz hatte, verwaltete seitdem mit Zuziehung der Audiencia (des höchsten Gerichtshofs in Lima) das Vizekönigtum P., zu dem noch Chile, Paraguay, Buenos Ayres und Terra Firma geschlagen wurden; erst 1739 wurde die Terra Firma nebst Quito als eine besondere Statthalterschaft unter dem Namen Neugranada und 1776 Buenos Ayres als ein eignes Vizekönigreich Rio de la Plata von P. getrennt. Während am Hof des Vizekönigs in Lima Reichtum und glänzender Luxus herrschten, wurden die armen Indianer zu der schwersten Arbeit in den Bergwerken gezwungen, der sie massenweise erlagen; der hoch entwickelte Ackerbau der Inkazeit, die blühenden Gewerbe gingen zu Grunde, die Straßen und Wasserleitungen verfielen, der Verkehr mit dem Ausland war gänzlich untersagt, der im Innern in die engsten Fesseln eingeschnürt. Mehrere Male fanden noch Indianeraufstände statt, dann sank die eingeborne Bevölkerung in ihr Phlegma zurück, und in P. herrschte Ruhe, selbst dann noch, als schon alle andern spanisch-amerikanischen Länder die Herrschaft des Mutterlandes abgeworfen hatten. Von P. aus wurden 1809 Neugranada und 1813 Chile zurückerobert, und Argentinien fühlte sich nicht sicher, solange noch die spanische Herrschaft in P. bestand. Nachdem daher der argentinische General San Martin der Revolution in Chile zum Sieg verholfen hatte, landeten die verbündeten Argentinier u. Chilenen 8. Sept. 1820 in Pisco, südlich von Callao. Arenales, ein chilenischer Offizier, drang im Oktober in das Innere vor, brachte 6. Dez. unfern Pasco dem spanischen Brigadier O'Reilly eine empfindliche Niederlage bei und blieb von nun an Gebieter der Gebirgsprovinzen im Osten von Lima. Von allen Seiten strömte ihm die Bevölkerung zu, der Aufstand verbreitete sich auch über die Nordprovinzen, und Abfall und Verräterei in den eignen Reihen machten die Lage des Vizekönigs immer gefährlicher. Die spanischen Befehlshaber, untereinander uneinig, bildeten endlich eine Kriegsjunta, von welcher der Vizekönig Pezuela entsetzt und an seiner Stelle der General Laserna gewählt wurde. Am 6. Juli mußte Laserna Lima räumen u. sich in das Innere bis Jauja zurückziehen, worauf 28. Juli 1821 die Unabhängigkeit Perus proklamiert u. 3. Aug. der chilenische Oberbefehlshaber San Martin zum Protektor der neuen Republik erwählt wurde.

San Martin bekundete jedoch bald Gelüste nach unbeschränkte Macht. Dazu entstanden zwischen ihm und dem chilenischen Admiral Lord Cochrane Streitigkeiten. 4. Mai 1822 brach in Lima ein heftiger Aufstand aus. San Martin legte endlich den Oberbefehl nieder und schiffte sich im August nach Chile ein. Während ein Militäraufstand den Kongreß zwang, den Obersten Riva Aguero zum Präsidenten der Republik zu ernennen, gewannen die Spanier wieder mehr Boden, schlugen die Republikaner 1823 in mehreren Gefechten und nahmen 19. Juni Lima ohne Schwertstreich. Die Spanier sahen sich zwar schon 16. Juli genötigt, Lima wieder aufzugeben; doch erlitten die Patrioten in mehreren Gefechten fast nur Verluste, und ganz Oberperu fiel wieder in die Hände der Spanier. Die Parteikämpfe in Spanien seit 1820 fanden indes auch in P. ihren Widerhall, indem sich