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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pillon; Pilocárpus; Pilos; Pilot; Piloty

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Pillon - Piloty.

und schenkte es seiner Geliebten, der Gräfin von Rochlitz; später wurde es Kammergut und kurfürstliche Sommerresidenz. Das Wasser- und das Bergpalais wurden 1720-23 von Friedrich August I. (August II.), die vier Pavillons 1788-1800 erbaut. Das alte Schloß (mit dem berühmten Venustempel) brannte 1818 ab; an seine Stelle trat das jetzige Neue Schloß. Hier wurde zwischen Kaiser Leopold II., Friedrich Wilhelm II. von Preußen und dem Grafen von Artois wegen der von seiten der französischen Revolution drohenden Gefahren 25.-27. Aug. 1791 die denkwürdige Konvention von P. abgeschlossen.

Pillon, ein 1552 m hoher Alpenpaß, welcher Saanenland und Val d'Ormonts verbindet. Er hat seit 1877 eine fahrbare Straße, die vom Bund subventioniert ist. Von Gsteig (1200 m ü. M.) erreicht der Weg die Paßhöhe und windet sich dann zu dem Waadtländer Thaldorf Vers l'Eglise (1132 m) hinab.

Pilocárpus Vahl, Pflanzengattung aus der Familie der Rutaceen, Sträucher mit gegenständigen, abwechselnden oder zu drei wirtelständigen, fingerig zusammengesetzten oder unpaarig gefiederten, lederigen oder krautigen, ganzrandigen Blättern, ährigen oder traubigen, terminalen oder axillären Blütenständen, kleinen grünen oder purpurnen Blüten und einsamigen Kapseln. Fünf tropisch-amerikanische Arten. P. pinnatifolius Lem. (s. Tafel "Arzneipflanzen III"), Strauch mit dicht rotgelbhaarigen Zweigen, lederigen, kurz gestielten, ein- bis dreijochigen, unterseits kurzhaarigen Blättern, lineal oblongen, stumpfen, am Rand umgebogenen Blättchen und endständigen, dichten Trauben, liefert in Brasilien die offizinellen Jaborandiblätter (s. d.), welche Pilokarpin enthalten und als harn- und schweißtreibendes Mittel benutzt werden. Andre Jaborandisorten liefern verschiedene Piperaceen (Piper Jaborandi Willd., Enckea glaucescens Miq., Artanthe Mollicoma Miq. etc.), Skrofulariaceen (Herpestis gratioloides Kth. etc.) sowie Zanthoxylon elegans Engl. und Monnieria trifoliata L.

Pilos (lat.), dicht behaart.

Pilot (holländ. Piloot), s. v. w. Steuermann, Lotse; Pilotage (spr. -ahsche), Steuermannskunst; Lotsengeld; im Bauwesen s. v. w. Rost, Pfahlwerk.

Pilot (Lotsenfisch, Naucrates L.), Gattung aus der Ordnung der Stachelflosser und der Familie der Bastardmakrelen (Carangoidei), Fische mit lang eiförmigem Körper, stumpfer Schnauze, kurzen Bürstenzähnen, im Alter isolierten Stacheln der ersten Rückenflosse, seitlich gekieltem Schwanz und kleinen, ungleichartigen Schuppen. Der gemeine P. (N. ductor Rafq.), 15-30 cm lang, bläulich silbergrau, auf dem Rücken dunkler, auf dem Bauch weißlich, mit fünf dunkelblauen Querbinden über den ganzen Körper, schwarzblauen Brust-, weißen Bauchflossen, am Grund blauer, gegen das Ende hin dunkler gesäumter Schwanzflosse, lebt im Mittelmeer und pflegt die Schiffe meist in Gesellschaft der Haifische zu begleiten. Doch sollen die Lotsenfische stets nur bei einem einzelnen Hai und niemals sich einfinden, wenn mehrere Haie zusammenschwimmen. Bisweilen gelangen sie mit den Schiffen bis in den Kanal. Man vermutete, daß der P. von den Exkrementen der Haifische lebe; doch hat man in seinem Magen Fische gefunden. Mehrere Beobachter berichten, daß die schnell schwimmenden Lotsenfische Nahrung suchen, dann zum Hai schwimmen und diesen herbeiholen. Wird der Hai an einer Angel gefangen, so werden die Lotsenfische so unvorsichtig, daß sie leicht gefangen werden können. Sie besitzen sehr wohlschmeckendes Fleisch.

Piloty, 1) Ferdinand, Lithograph, geb. 28. Aug. 1786 zu Homburg, lebte in München und gab hier 1808-15 mit Strixner eine Reihenfolge von 432 Lithographien nach Handzeichnungen alter Meister heraus, 1815 ein lithographisches Werk von den Galerien in München und Schleißheim, später auch von der Leuchtenbergschen und war seit 1836 in Verbindung mit Löhle an einem neuen Galeriewerk von der Pinakothek thätig, welches sein Sohn Karl fortsetzte. Er starb 8. Jan. 1844 in München.

2) Karl von, Maler, Sohn des vorigen, geb. 1. Okt. 1826 zu München, besuchte 1840 kurze Zeit die Münchener Akademie, wo er sich besonders an Schnorr anschloß, und arbeitete dann an dem lithographischen Werk seines Vaters. Später empfing er den Einfluß seines Schwagers Schorn, dessen realistische Richtung er weiter ausbildete, nachdem er Antwerpen und Paris besucht und die belgischen und französischen Koloristen kennen gelernt hatte. Während er früher Genrebilder in der Art Riedels gemalt hatte, zeigte er 1853 in einem Genrebild: die Amme, zuerst seine glänzende Technik, welche bald einen Umschwung in der neuern Malerei Münchens und ganz Deutschlands herbeiführte, besonders nachdem P. 1856 als Professor an der Münchener Kunstakademie angestellt worden war. 1854 malte er sein erstes Historienbild: die Gründung der katholischen Liga (im Maximilianeum), welches neben großer koloristischer Wirkung aber auch bereits die Mängel seiner Begabung, Oberflächlichkeit der Charakteristik, geringe geistige Vertiefung und Neigung zum Theatralischen, offenbarte. Es folgten: Seni an der Leiche Wallensteins (1855, München, Neue Pinakothek); der Morgen vor der Schlacht am Weißen Berg; Nero auf den Ruinen Roms (1861); Zug Wallensteins nach Eger; Galilei im Kerker (Museum zu Köln); Gottfried von Bouillon, mit den Kreuzfahrern zum Heiligen Grabe pilgernd (Maximilianeum); die Äbtissin von Frauenchiemsee den Kriegern entgegentretend (1868, Museum zu Königsberg); Ermordung Cäsars (1865); Colombo (1866, München, Galerie Schack); die Verkündigung des Todesurteils an Maria Stuart (1869); Friedrich von der Pfalz erhält die Botschaft von dem Ausgang der Schlacht am Weißen Berg; der Dauphin beim Schuster Simon (1871); Thusnelda im Triumphzug des Germanicus (1873, Hauptwerk; Münchener Neue Pinakothek); Heinrich VIII. um Anna Boleyn werbend (1873); die Verstoßung der Anna Boleyn (1874); der letzte Gang der Girondisten; die Allegorie der Munichia (1874-79, im Münchener Rathaus); die klugen und die thörichten Jungfrauen (1881); unter der Arena (1882); der Rat der Drei in Venedig (1885); der Tod Alexanders d. Gr. (1887, Hauptwerk; unvollendet, in der Berliner Nationalgalerie). Er hat auch Porträte gemalt und Illustrationen zu deutschen Klassikern und Shakespeare gezeichnet. 1874 wurde er Direktor der Münchener Akademie. Er starb 21. Juli 1886. Im Gegensatz zur klassischen Richtung legte P. das Hauptgewicht auf unmittelbare Naturnachahmung, wobei er es nicht verschmähte, alle Zufälligkeiten wiederzugeben, welche am Modell zu Tage traten, und mit allen Mitteln einer virtuosen Technik die Täuschung der Naturwirklichkeit zu erstreben. P. verfolgte dieses Ziel bis zu den äußersten Konsequenzen, wobei es ihm begegnete, daß er das Unwesentliche mit derselben Liebe behandelte wie das Wesentliche. Seiner angebornen Neigung zum Melancholischen folgend, entnahm er die Stoffe seiner Bilder mit Vorliebe den Nachtseiten des menschlichen Lebens; dazu kam noch