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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pilpai; Pilpul; Pils; Pilsen

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Pilpai - Pilsen.

eine ebenso starke Neigung zum Pathetischen, das sich nicht selten zum Theatralischen steigerte. Er gab seiner Subjektivität vorzugsweise durch das Kolorit Ausdruck; als Stimmungsmaler suchte er, fern von aller reflektierender Spekulation, durch Stoff und Farbe auf das Gemüt des Beschauers einzuwirken. In diesem Streben unterstützte ihn eine ungewöhnliche Befähigung, seinen Figuren einen wirksamen malerischen Reiz zu verleihen. Als Lehrer versagten ihm auch seine entschiedensten Gegner ihre Anerkennung nicht, wenn sich auch nicht verkennen läßt, daß er sich über dem Streben, die Individualität seiner Schüler zu wahren, eines jeden geistigen Einflusses auf diese begab und sich darauf beschränkte, das rein Technische zu lehren. Seine zahlreichen, aus allen Ländern sich rekrutierenden Schüler, die freilich zum großen Teil später andre Darstellungsweisen sich aneigneten, an ihrer Spitze Makart, Max, Defregger, Lenbach, J. Brandt, Grützner, haben nicht wenig dazu beigetragen, des Meisters Ruhm weithin zu verbreiten. Vgl. Rosenberg, Die Münchener Malerschule (Leipz. 1887).

3) Ferdinand, Maler, Bruder des vorigen, geb. 9. Okt. 1828 zu München, bildete sich auf der dortigen Akademie und bei seinem Schwager Schorn und arbeitete später vornehmlich unter dem Einfluß seines ältern Bruders, dessen koloristischer Richtung er folgte. Im Nationalmuseum zu München und im Rathaussaal zu Landsberg am Lech führte er eine Anzahl geschichtlicher Fresken aus. Für das Maximilianeum in München malte er das Ölbild: Königin Elisabeth von England hält im Angesicht der Armada Heerschau ab. Von seinen übrigen Gemälden sind zu nennen: Thomas Morus im Kerker; Raffael auf dem Krankenlager; Graf Eberhard von Württemberg an der Leiche seines Sohns; nach der Sitzung; die Kapuzinerpredigt in Rom; das Urteil Salomonis. Er hat auch zahlreiche Illustrationen zu Schillers "Glocke", zur Schiller- und zur Shakespeare-Galerie gezeichnet.

Pilpai, Fabeldichter, s. Bidpai.

Pilpul, die von dem Rabbiner Jakob Polak (gest. 1530) angeführte dialektische Methode des Talmudstudiums, die eine besonnene wissenschaftliche Erforschung des rabbinischen Schrifttums überwucherte und erst in der Neuzeit aufgegeben wurde.

Pils (spr. pil), Isidore, franz. Maler, geb. 19. Juli 1813 zu Paris, wurde 1834 Schüler von Picot, folgte aber nicht dessen klassischer Richtung, sondern einem entschiedenen Realismus. 1838 erhielt er für ein Bild: Petrus heilt den Lahmen, den ersten Preis für Rom, wo er fünf Jahre studierte. Nach seiner Rückkehr machte er noch längere Reisen, führte dann eine Reihe religiöser Gemälde und Genrebilder aus (z. B. Rouget de l'Isle die Marseillaise singend, 1849) und begab sich später auf den Schauplatz des Krimkriegs, wo er die Studien für seine von den Franzosen am meisten gepriesenen Bilder machte. Sein erstes Bild dieser Art war: die Laufgräben vor Sebastopol (1855), dem die Landung der französischen Truppen in der Krim und der Übergang über die Alma folgten. Das Hauptbild dieser Reihe ist die im Museum zu Versailles befindliche Schlacht an der Alma (1861). Nachdem er dann wieder eine Zeitlang die religiöse Malerei kultiviert, vollendete er 1875 sein letztes Werk, die Malereien an der Gewölbdecke im Treppenhaus der Neuen Oper: die Götter des Olymps, Apollo auf seinem Wagen, Triumph der Harmonie und Apotheose der Oper. Er starb 3. Sept. 1875 zu Douarnenez in der Bretagne. P. hat auch als Aquarellmaler Hervorragendes geleistet. Vgl. Becq de Fouquières, J. P. (Par. 1875).

Pilsen (tschech. Plzeň), Stadt im westlichen Böhmen, nächst Prag die bedeutendste Stadt des Landes, an der Mündung der Radbusa in die Mies (Beraun), Knotenpunkt der Böhmischen Westbahn (Prag-Furth) und der Staatsbahnlinien Wien-Eger und Eisenstein-P.-Dux, besteht aus der eigentlichen, regelmäßig angelegten Stadt und den von derselben ehemals durch Mauern, jetzt durch Anlagen geschiedenen Vorstädten, hat hübsche Straßen und Plätze, darunter den Stephansplatz mit dem Denkmal des Bürgermeister Mart. Kopetzky (gest. 1854), eine schöne altgotische Erzdechanteikirche, mehrere andre Kirchen (auch eine evang. Kirche und eine Synagoge), ein Rathaus mit Waffensaal, ferner ein Krankenhaus, 2 Spitäler, ein Waisenhaus, ein Armeninstitut, ein Franziskanerkloster, eine 1878 vollendete Strafanstalt mit 400 Zellen für Einzelhaft, Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank und der Böhmischen Eskomptebank, eine Aktienpfandleihanstalt und Sparkasse, ein deutsches und ein tschechisches Theater und zählte 1880 (mit Einschluß von 1100 Mann Militär) 38,883 (1869: 23,681) Einw. (größtenteils Tschechen, etwa 8000 Deutsche, der Religion nach meist Katholiken, 2250 Juden), die sich hauptsächlich mit Industrie und Handel beschäftigen. Die Stadt enthält an Fabrikunternehmungen: mehrere Bauschlossereien und Bautischlereien, 3 Maschinenfabriken, 2 Drahtstiftefabriken, eine Emailgeschirrfabrik, 2 Kupfer- und Metallwarenfabriken, eine Glockengießerei, eine große Granit- und Marmorschleiferei, eine Porzellan- und eine Glasfabrik, 2 Ofen- und Thonwarenfabriken, 4 Dampfmühlen und 2 Dampfbrotbäckereien, 2 Kanditenfabriken, eine Sodawasserfabrik, 2 große Bierbrauereien (darunter das berühmte Bräuhaus der brauberechtigten Bürgerschaft), welche zusammen jährlich mehr als 400,000 hl Bier erzeugen, das nach allen Richtungen exportiert wird; ferner 3 Spiritusraffinerien, 2 Preßhefe- und 9 Likörfabriken, mehrere Kleiderkonfektionsanstalten, 2 Leder-, 2 Papierfabriken, je eine Maschinenriemen-, Holzrouleaus-, Knopf- und Kunstdüngerfabrik, 4 Buch- und 2 Steindruckereien. P. ist auch ein wichtiger Handelsplatz, namentlich für Schafwolle, Bettfedern, Leder, Manufakturwaren, Kurz- und Wirkwaren, Pferde und Hornvieh, und hat vier stark besuchte Jahrmärkte. Die Stadt besitzt an der Berglehne von Lochotin eine Mineralquelle (von 10° C.), welche den Charakter salinischen Eisenvitriolwassers hat. Die Umgegend ist reich an Holz, an Kaolin, welches zur Porzellan- und Schamotteziegelfabrikation weit verführt wird, an Steinkohlen, Eisenerz, Alaun- u. Vitriolschiefer. 1886 wurden im Bezirk des Pilsener Revierbergamtes 71,318 metr. Ztr. Eisenerz, 367,227 metr. Ztr. Alaun- und Vitriolschiefer, dann (mit Einschluß des damit zusammenhängenden Beckens des Mieser Bergamtsbezirks) 14,836,085 metr. Ztr. Steinkohlen gefördert und in den Hüttenwerken 165,890 metr. Ztr. Roheisen, 107,756 metr. Ztr. Schwefelsäure etc. gewonnen. An Unterrichtsanstalten bestehen ein Obergymnasium der

^[Abb.: Wappen von Pilsen.]