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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Piritu; Pirjatin; Pirkheimer; Pirmasens; Pirminius; Pirminsberg; Pirna

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Piritu - Pirna.

Piritu, Stadt in der Sektion Barcelona des Staats Bermudez (Venezuela), auf 100 m hoher Anhöhe, 5 km vom Karibischen Meer, mit schöner Kirche (1656 als Hauptkirche der Franziskanermission erbaut) und 3000 Einw. Ihr Hafen ist Guzmán Blanco (s. d. 3).

Pirjatin, Kreisstadt im russ. Gouvernement Poltawa, links am Udai, hat vier besuchte Jahrmärkte, lebhaften Getreidehandel und (1885) 5977 Einw.

Pirkheimer, Wilibald, berühmter Nürnberger Ratsherr, aus einem alten, reichen Patriziergeschlecht Nürnbergs, geb. 5. Dez. 1470 zu Eichstätt, verbrachte 1488-90 in fast ununterbrochenem Kriegsdienst des Bischofs von Eichstätt und widmete sich sodann zu Padua und Pavia sieben Jahre lang juristischen und humanistische Studien. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg 1497 in den Rat gewählt, wurde er bald mit mehreren wichtigen Gesandtschaften betraut, 1499 auch vom Senat zum Anführer der Nürnberger Truppen in dem Reichskrieg gegen die Schweizer ernannt. Diesen für die kaiserlichen Waffen unglücklichen Krieg hat P. selbst beschrieben in der "Historia belli Suitensis" (übersetzt von Münch, mit Biographie, Basel 1826), einer der bedeutendsten historischen Schriften aus dem Anfang des 16. Jahrh. Bald nachher zum kaiserlichen Rat ernannt, diente er mit seinen bedeutenden diplomatischen Talenten auch Karl V. wiederholt. Von 1504 bis 1522 war er ununterbrochen Nürnberger Ratsherr und Vertreter Nürnbergs auf den Reichstagen. Seine letzten Lebensjahre widmete er ausschließlich den Wissenschaften. Er starb 22. Dez. 1530. Große Verdienste hat sich P. um die Organisation des Schulwesens und den Aufschwung der Typographie in Nürnberg erworben. Auch die Reformation fand an ihm einen eifrigen Beförderer, doch bedauerte er die Schädigung der humanistische Studien durch die theologischen Streitigkeiten. Sein Haus war der Versammlungsort der Gelehrten, und er stand mit den bedeutendsten seiner Zeitgenossen, Albrecht Dürer, Konrad Celtes, Reuchlin, Hutten, Spalatin, Erasmus u. a., in innigem Verkehr. Doch war seine Wirksamkeit weniger die des Schriftsteller als eine unmittelbare, praktische. Eine Sammlung seiner Schriften veranstaltete Goldast (Frankf. 1710). Vgl. Roth, Wilibald P. (Halle 1887); Markwart, W. P. als Geschichtschreiber (Zürich 1886); Drews, W. Pirkheimers Stellung zur Reformation (Leipz. 1887). - Die "Denkwürdigkeiten" seiner Schwester Charitas P. (geb. 1464, gest. 1532 als Äbtissin des Claraklosters in Nürnberg) wurden von Höfler (Bamb. 1853) neu herausgegeben; ihre Biographie schrieben Münch (Nürnb. 1826) u. Binder (2. Aufl., Freiburg 1878).

Pirmasens, Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Pfalz, an der Linie Biebermühle-P. der Pfälzischen Eisenbahn, in gebirgiger Gegend, 512 m ü. M., hat 2 evangelische und eine kath. Kirche (in der evangelischen Hauptkirche ein schönes Monument des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt), eine Synagoge, ein schönes Rathaus, eine Lateinschule, eine Realschule, ein Amtsgericht, zwei Forstämter, eine Reichsbanknebenstelle, bedeutende Leder- und Schuhfabrikation mit starkem Export, Fabrikation von musikalischen Instrumenten, Leder, Maschinen, Teigwaren etc. und (1885) 14,938 meist evang. Einwohner. P. gehörte ehemals zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg und war später Residenz des oben genannten Landgrafen. Hier auf der naheliegenden Husterhöhe 14. Sept. 1793 Sieg der Preußen unter dem Herzog von Braunschweig über die Franzosen unter Moreau.

Pirminius, kathol. Heiliger, aus Neustrien, ward Geistlicher in dem Kastell Melcis (Meaux, nach Rettberg Medelsheim in der Gegend von Zweibrücken), wirkte in der Schweiz und dem südlichen Deutschland als Missionär und stiftete die Klöster Reichenau im Bodensee 724 und Hornbach bei Zweibrücken, wo er 3. Nov. 753 starb. Seine Gebeine ruhen zu Innsbruck. Vgl. Körber, Die Ausbreitung des Christentums im südlichen Baden (Heidelb. 1878).

Pirminsberg, s. Pfäfers.

Pirna, Amtshauptstadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, an der Mündung der Gottleuba in die Elbe, Knotenpunkt der Linien Dresden-Bodenbach, P.-Berggießhübel und P.-Arnsdorf der Sächsischen Staatsbahn, 120 m ü. M., hat an Stelle der ehemaligen Festungswerke anmutige Promenaden, 2 evang. Kirchen (darunter die stattliche gotische Hauptkirche, 1502-46 erbaut, mit alten Glasmalereien), eine neue kath. Kirche, eine alte Klosterkirche (jetzt als Warenniederlage benutzt), ein altes Rathaus und (1885) mit der Garnison (2 Abteil. Feldartillerie Nr. 28) 11,898 meist evang. Einwohner, welche Fabrikation von Zigarren, Glas, chemischen Präparaten, emailliertem Geschirr, Malz, Schamotteöfen, ferner Töpferei, Bierbrauerei, Gerberei, Schiffbau, Schiffahrt und Handel, besonders mit Getreide, Obst und weitbekanntem pirnaischen Sandstein, betreiben. Die in dem hier beginnenden Elbsandsteingebirge auf beiden durch eine schöne Brücke verbundenen Ufern der Elbe betriebene Sandsteinindustrie beschäftigt gegen 8000 Arbeiter. P. hat ein Amtsgericht, eine Realschule mit Progymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Handelsschule, ein Waisenhaus, ein Armen- und ein Krankenhaus, eine Privatirrenanstalt, eine Arbeitsanstalt etc. Auf einer vorspringenden Ecke des Elbsandsteingebirges gründete Kurfürst August 1573 an der Stelle einer alten Burg P. das feste Schloß Sonnenstein, welches lange zum Staatsgefängnis diente, in welchem unter andern Patkul (s. d.) saß. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es von den Schweden vergebens belagert, während P. selbst erstürmt ward. Im Siebenjährigen Krieg ward es von den Preußen 1758 erobert. 1811 ward die Irrenanstalt von Torgau hierher verlegt, 1813 aber befestigten die Franzosen das Schloß von neuem und behaupteten es bis in den November gegen die Verbündeten. Nach der Übergabe wurde es der Irrenanstalt wieder eingeräumt. Am Fuß des Schloßbergs liegt die Quelle Erlenpeter. - P. ward von König Heinrich I. 933 dem Bistum Meißen abgetreten. In der Folge kam es an Böhmen und 1249 als Heiratsgut der Prinzessin Agnes an Heinrich den Erlauchten, Markgrafen von Meißen; aber Albert der Unartige verkaufte es 1292 wieder an das Bistum Meißen, und dieses überließ es 1298 wieder Böhmen. Indes verpfändete es König Wenzel an den Markgrafen Wilhelm den Einäugigen (1404), und da es nicht wieder eingelöst wurde, verblieb es seitdem bei Kursachsen, das 1459 im Egerschen Vertrag das wirkliche Besitzrecht davon erhielt. 14. Nov. 1634 wurde hier der Vertrag zwischen Sachsen und dem Kaiser geschlossen, der den Prager Frieden einleitete. Die im Mittelalter durch Handel blühende Stadt geriet im 17. Jahrh. in Verfall, zumal während des Dreißigjährigen Kriegs, wo sie 23. April 1639 von den Schweden unter Banér eingenommen wurde. Im Siebenjährigen Krieg wurde in der Nähe 16. Okt. 1756 die sächsische Armee von den Preußen gefangen. Vgl. "Urkundenbuch der Städte Dresden und P." (hrsg. von v. Posern-Klett, Leipz. 1875).