Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

131

Pleochroismus - Plesiosaurus.

Pleochroïsmus (griech.), die Eigenschaft aller nicht tesseralen Kristalle, im durchfallenden Licht nach zwei oder drei Richtungen verschiedene Farben zu zeigen. Das Absorptionsvermögen für die verschiedenen Lichtstrahlen ist in diesen Kristallen je nach den Richtungen ein verschiedenes. In Kristallen des quadratischen und hexagonalen Systems treten zwei Farbenrichtungen hervor (Dichroismus), indem sie in der Richtung der Hauptachse anders erscheinen als rechtwinkelig dagegen; bei den rhombischen und klinoedrischen Kristallen kann man drei verschiedene Farbenrichtungen (Trichroismus) unterscheiden. Die regulären Kristalle zeigen keinen P. Wiewohl die Eigenschaft an den nicht tesseralen Kristallen, soweit die Färbung für die betreffende Mineralverbindung ursprünglich und wesentlich erscheint, allgemein verbreitet ist, so tritt sie doch an einzelnen Mineralien, wie an manchen Turmalinen, am Pennin, am Axinit und vor allen am Cordierit (letzterer wurde früher Dichroit genannt, weil zwei der drei Nüancen fast nicht unterscheidbar sind), besonders deutlich hervor. Leicht zu beobachten ist die Erscheinung vermittelst der von Haidinger konstruierten dichroskopischen Lupe (Dichroskop), eines Kalkspatrhomboeders in Metallfassung, der in allen Richtungen außer der der optischen Achse zwei verschieden gefärbte Bilder nebeneinander gibt. In Dünnschliffen unter dem Mikroskop erhält man P. durch Drehen eines der beiden Nicols als Aufeinanderfolge verschieden gefärbter Gesichtsfelder.

Pleomorphīe (griech.), "Mehrgestaltigkeit", nämlich der Fruktifikationsorgane bei mehreren Pilzen, bei welchen eine und dieselbe Spezies mehrere verschiedene Arten Früchte hat, die sich nacheinander entwickeln; s. Pilze, S. 66.

Pleonarchīe (griech.), Vielherrschaft; Ausartung der Aristokratie.

Pleonásmus (griech.), Überfluß, der überflüssige Gebrauch gleichbedeutender oder dem Sinne nach schon in andern enthaltener Wörter, wodurch der nämliche Begriff oder Gedanke wiederholt wird, z. B. alter Greis, schwarzer Rappe etc. Als rhetorische Figur dient der P. zu Vermehrung des Nachdrucks. Pleonastische Wortverbindungen der alltäglichen Sprache sind: "zum guten Glück", "ich habe es mit meinen Augen gesehen" etc.

Pleonást, Mineral, s. Spinell.

Pleophyllīe (griech.), monströse Vervielfältigung eines einzelnen Blattes oder seiner Teile, z. B. bei einem vierblätterigen Kleeblatt.

Pleorāma (griech.), s. Panorama.

Pleospŏra Tul., Pilzgattung aus der Unterordnung der Pyrenomyceten, charakterisiert durch ein aus gegliederten, braunen Fäden gebildetes Mycelium, welches auf der Oberfläche absterbender und faulender Pflanzenteile wächst, aber auch in die Epidermis eindringt, daher schwarze, nicht ablösbare Überzüge hervorbringt. Die Perithecien stehen isoliert, mehr oder weniger oberflächlich, sind schwarz, rundlich, enthalten Paraphysen und Sporenschläuche mit je acht ovalen, gelbbraunen, durch Quer- und Längsscheidewände mauerförmig vielzelligen Sporen. Außer den Perithecien bilden sich auf den Mycelien krugförmige Behälter (Pykniden), in deren Innerm von fadenförmigen Zellenden einzelne Sporen (Stylosporen) abgeschnürt werden. Das Mycelium bildet mannigfaltige braune, konidientragende Fruchthyphen, welche früher die Hyphomycetengattung Cladosporium Link (Astspore) ausmachten. Häufig finden sich auch den Perithecien ähnlich gestaltete Spermogonien, die einzellige, sehr kleine, nicht keimfähige Spermotien ^[richtig: Spermatien] in ihrem Innern erzeugen. Die dunkeln Überzüge werden Schwärze oder Rußtau (s. d.) genannt. Die häufigste Art ist P. herbarum Tul. (Sphaeria h. Pers.), an trocknen und faulenden Blättern und Stengeln von allerhand Kräutern gemein, aber oft auch auf lebende Pflanzen übergehend, deren grüne Teile dadurch vorzeitig getötet werden; findet sich das ganze Jahr, die Perithecien sind erst im Herbst oder im folgenden Frühling reif. Die zu jeder Zeit erscheinende Konidienträger sind das Cladosporium herbarum Link.

Pleotaxīe (griech.), monströse Vervielfältigung der Blattwirtel einer Pflanze, z. B. die Bildung eines doppelten Involukrums bei Anemone.

Plerōm (griech.), in der Pflanzenanatomie eine Zellteilungsschicht, die in der Embryoanlage sowie an dem Stamm- und Wurzelscheitel vieler Phanerogamen innerhalb des Periblems (s. d.) sich ausbildet und meist später das Gefäßbündelsystem und das Mark erzeugt.

Plerōma (griech., "Fülle"), bei den Gnostikern s. v. w. Glanz-, Lichtmeer, als Sitz der Gottheit, von wo alles Gute ausströmt. Vgl. Gnosis.

Pleschen (Pleszew), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, an der Linie Posen-Kreuzburg der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, eine Dampfmühle, Bierbrauerei und (1885) 6036 meist kath. Einwohner.

Pleschtschejew, Alexei Nikolajewitsch, russ. Dichter, geb. 22. Nov. (a. St.) 1825 zu Kostroma aus einer altadligen Familie, wurde in Petersburg in der Schule der Gardefähnriche erzogen, welche er jedoch, ohne den Kursus zu vollenden, verließ, um in die Petersburger Universität zu treten. 1849 wurde P. in die Angelegenheit des Kommunisten Petraschewskij verwickelt, in die Festung gesteckt und vom Kriegsgericht zum Tod verurteilt. Kaiser Nikolaus milderte das Urteil und ließ ihn, nach Verlust aller Standesrechte, als Gemeinen in das orenburgische Linienregiment einreihen. Infolge der Tapferkeit, die er im Kaukasus bewiesen, avancierte P. 1856 zum Fähnrich und wurde vom Kaiser Alexander II. bei seinem Regierungsantritt gänzlich begnadigt, worauf ihm die früher genommenen Erb- und Standesrechte zurückgegeben wurden. 1859 begab er sich nach Moskau; seit 1872 lebt er wieder in Petersburg als Beamter der Reichskontrolle. Schon seine "Ersten Gedichte" (1846) hatten lauten Beifall gefunden; später folgten eine zweite Sammlung "Gedichte" (1858) und zuletzt "Neue Gedichte" (1863) nach. Der Charakter dieser spätern Lyrik ist sanfte Melancholie und eine fast weibliche Tiefe der Empfindung, dazu eine Musik der Sprache, die unwiderstehlich wirkt. Die Novellen und Lustspiele Pleschtschejews sind unbedeutend; dagegen hat er sich noch ein großes Verdienst durch seine trefflichen Übersetzungen aus neuern deutschen, englischen, französischen und italienischen Dichtern (Heine, Lenau, Herwegh, Byron, Tennyson, Alfieri etc.) erworben.

Plesidi, Gebirge, s. Pelion.

Plesiopīe (griech., Nahsichtigkeit), eine Form der Kurzsichtigkeit, bedingt durch Konvexitätsvermehrung des Kristallkörpers infolge dauernder Anstrengung, kleine Gegenstände scharf zu sehen.

Plesĭosaurus (griech., von plesios, "nahe", und sauros, "Eidechse"), Eidechsengeschlecht aus der völlig ausgestorbenen Unterordnung der Sauropterygia, mit flach abgegrenzten oder wenig bikonkaven Wirbelkörpern und vier flossenartigen Füßen. Ihr