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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pocken, große; Pockenwurzel; Pocket-dictionary; Pockholz; Poco; Pococke

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Pocken, große - Pococke.

Ausbruch der P. vorausgeht, ist weniger intensiv und von kürzerer Dauer. Der Pockenausbruch selbst ist schon nach 24-36 Stunden beendet, die Anzahl der P. ist geringer, sie stehen weniger dicht, die Umwandlung der Knötchen in Bläschen und Pusteln findet schneller statt als in schweren Fällen. Die Affektion der Schleimhaut ist eine weniger bedeutende. Das Fieber verliert sich mit der vollendeten Eruption gänzlich, und es tritt damit fast immer ein Wohlbefinden ein, welches nur wenig durch die Schleimhautaffektion gestört ist. Gewöhnlich tritt die Vertrocknung der Pusteln schon 5-6 Tage nach ihrem Ausbruch ein. Nach dem Abfall der Schorfe bleiben keine oder nur ganz unbedeutende Narben zurück.

Die Bekämpfung der P. gründet sich auf die oben erwähnte Erfahrung, daß dasselbe Individuum nur einmal befallen wird, selbst wenn es nur die mildern Formen des Ansteckungsgifts überwunden hat. Vgl. Impfung. Die Behandlung der ausgebrochenen P. kann nur eine symptomatische sein, da wir nicht im stande sind, den typischen Verlauf der Krankheit zu unterbrechen oder abzukürzen. Im Fieberstadium vor dem Ausbruch der P. paßt für den Kranken ein mäßig kühles Verhalten, eine Zimmertemperatur von 12-14° R., ein nicht zu schweres und zu warmes Bett, als Getränk kaltes Wasser oder Limonade, nicht aber warmer Thee; feste Speisen dürfen gar nicht gereicht werden. Bei vorhandener Stuhlverstopfung sind Klystiere von Wasser mit Essigzusatz anzuwenden. Während des Pockenausbruchs kann man Kaltwasserumschläge auf die Augen und auf die sehr gespannten und schmerzhaften Hautstellen auflegen. Erreicht das Eiterungsfieber eine beträchtliche Höhe, so empfiehlt sich am meisten die Darreichung großer Dosen von Chinin und die Anwendung mehrmals, oft stündlich wiederholte kühler Bäder, welche notorisch die Körpertemperatur stark herabsetzen. Ist das Fieber verschwunden, und sind die Pusteln im Austrocknen begriffen, so muß dem Patienten eine leichtverdauliche, aber nahrhafte Diät, selbst Wein, gewährt werden, denn die Kranken fühlen sich äußerst erschöpft. Die Schorfe dürfen nicht abgekratzt, höchstens durch feuchtwarme Umschläge abzulösen versucht werden. Kinder muß man in dieser Beziehung sorgfältig überwachen und sie besonders auch an dem unwillkürlichen Kratzen während des Schlafs verhindern.

[Pocken der Haustiere etc.] Die P. der Kühe (Variolae vaccinae) sind anatomisch von den P. der Menschen nicht verschieden. Sie treten besonders am Euter und auf der feinen Haut zwischen den Hinterschenkeln auf und werden auf empfänglichen Tieren durch das Kontagium der Menschenpocken erzeugt, welches aber im Organismus des Rindes eine Degeneration erleidet, da es, vom letztern auf den Menschen übertragen, nur eine spezifische Lokalaffektion hervorruft (vgl. Impfung). In Deutschland treten Kuhpocken selten auf. Mit ihrer Entwickelung, welche in 6-7 Tagen vollendet ist, entsteht eine Entzündung am Euter, von welchem einzelne Teile für die Milchsekretion verloren gehen können. Das Allgemeinbefinden leidet nicht wesentlich. Zur Behandlung empfehlen sich warme Bähungen des Euters, öfteres Ausmelken, Baden der wunden Stellen und Bestreichen mit Fett. Bei Schafen erlischt nach einmaliger Durchseuchung die Empfänglichkeit für das Pockengift, und man hat deshalb die Schafe allgemein geimpft, übersah dabei aber, daß hier nicht eine modifizierte (wie beim Menschen), sondern die Lymphe aus natürlichen P. übertragen werden muß. Mithin wird durch Impfen das Kontagium der Schafpockenseuche künstlich konserviert, und die meisten Eruptionen der Seuche wurden durch Ansteckung von geimpften Schafen vermittelt. Etwa 6-10 Tage nach der Ansteckung zeigen die Tiere Mattigkeit, Appetitstörung, Rötung der Augenschleimhaut, aus kleinen roten Flecken am Kopf, Brust, Bauch entwickeln sich Knötchen und zuweilen kleine Bläschen, deren Inhalt nach 3-4 Tagen eiterig wird. Mit dem Abtrocknen der P. schwinden die Krankheitserscheinungen, und nach Ablauf der dritten Woche tritt Genesung ein. Vereinigen sich aber die Knötchen zu flachen Geschwülsten, u. entstehen größere Geschwürsflächen, so magern die Tiere ab, fressen fast gar nicht, zeigen Ausfluß aus Augen und Nase und sterben in der Regel. Bei kalter, nasser Witterung und schlechten Stallungen treten brandige Zerstörungen der Haut ein (Aaspocken), und es entwickelt sich bösartiges Fieber, dem die Tiere fast stets erliegen. Den Schafpocken erliegen 20, selbst 50 Proz. der Tiere, die genesenden Tiere sind abgemagert, und ihre Wollmenge ist verringert. Die Durchseuchung einer Herde dauert mehrere Monate, wenn sie nicht durch Impfung beschleunigt wird. Man trennt die schwer erkrankten Tiere von den leicht erkrankten und den gesunden, sorgt für kühle, reine Luft und erfrischendes, nahrhaftes Futter und gibt den schwer kranken Tieren Körnerfutter. Bei Ausbruch der Schafpocken ist unverzügliche Impfung der ganzen Herde durch den beamteten Tierarzt vorgeschrieben, nur bei ungünstiger Witterung, oder wenn die gesunden Tiere sofort geschlachtet werden sollen, ist hiervon abzusehen. Die erkrankte Herde unterliegt der Gehöftsperre, doch gestattet das Gesetz Nutzung der Weiden und Abfuhr von Dünger, soweit hierbei die Gefahr der Weiterverbreitung des Ansteckungsstoffs vermieden werden kann. Auf Pferde sind die P. nicht verimpfbar, man hat aber die Aphthenkrankheit der Pferde (Dermatitis aphthosa, Stomatitis pustulosa) für P. ausgegeben und glaubt mit dem Exsudat der Mauke eine Schutzpocke bei Menschen erzeugen zu können (daher Schutzmauke). Ob Hunde und Schweine von P. befallen werden können, weiß man nicht. Die sogen. Hundepocken treten nach der Staupe auf, und das ausgebreitete Knötchen- und pustelförmige Exanthem, von welchem Schweine im Sommer befallen werden, ist der Gesundheit nicht wesentlich nachteilig.

P. heißen auch krankhafte Erscheinungen bei manchen Pflanzen, besonders die Flecke an Kartoffelknollen, welche durch einen Pilz (Rhizoctonia, s. d.), und an Birnbaumblättern, welche durch eine Milbe (Phytoptus) erzeugt werden.

Pocken, große (indianische, amboinische P.), s. Frambösie.

Pockenwurzel, s. Smilax.

Pocket-dictionary (engl., spr. -dickschönöri), Taschenwörterbuch.

Pockholz, s. Guajacum; brasilisches, s. Jacaranda.

Poco (ital.), wenig, ein wenig; p. a p., allmählich.

Pococke (spr. póhkock oder pokóck), 1) Edward, berühmter engl. Orientalist, geb. 8. Mai 1604 zu Oxford, studierte daselbst orientalische Sprachen, wurde 1630 Kaplan der englischen Faktorei in Aleppo und erhielt 1636 in Oxford die Professur der arabischen, 1648 auch der hebräischen Sprache. Da er den Independenzeid verweigerte, verlor er 1650 seine Ämter wieder, doch erhielt er dieselben 1660 infolge der Restauration zurück; er starb 10. Sept. 1691. Von seinen Veröffentlichungen sind zu nennen: "Specimen historiae Arabum" (Oxf. 1648; hrsg. von White, das. 1806); "Porta Mosis" von Maimonides (arab. u. lat. das. 1654); "Annales Eutychii" (arab. u. lat., 1658-^[BINDESTRICH!]