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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Poitiers; Poitou; Pokal; Pokar; Pökelfleisch; Poker; Pokrow; Pokulieren; Pokutien; Pol

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Poitiers - Pol.

stitute zur Förderung des Handels und Verkehrs sind: eine Handels-, Gewerbe- und Ackerbaukammer und eine Filiale der Bank von Frankreich. P. hat Fakultäten für Jurisprudenz, Wissenschaften und Litteratur, eine Vorbereitungsschule für Medizin und Pharmazie, ein Lyceum, eine Lehrerbildungsanstalt, ein Seminar, zwei geistliche Kollegien, eine Bibliothek von 30,000 Bänden und 400 Manuskripten, ein Museum für Antiquitäten und Naturwissenschaften, einen botanischen Garten, Gesellschaften für Archäologie, Medizin, schöne Künste u. a. und ein Taubstummeninstitut. P. ist Sitz des Präfekten, eines Appellhofs, eines Tribunals und Assisenhofs, eines Handelsgerichts und eines Bischofs. Die Stadt besitzt aus der römischen Zeit Reste eines Aquädukts. Jenseit des Clain befindet sich ein sogen. Pierre levée, ein Dolmen, an den sich viele Sagen knüpfen. - P. hieß im Altertum Limonum, dann nach dem gallischen Stamm der Pictaven Pictavium und war schon unter römischer Herrschaft eine wichtige Stadt. Später war es die Hauptstadt der Provinz Poitou. 507 schlug in der Nähe der Stadt bei Voullon Chlodwig den Westgotenkönig Alarich. Der bei P. 18. Okt. 732 von Karl Martell über die Araber erfochtene Sieg rettete das Abendland vor der Unterjochung durch den Islam. Dann erfochten auf dem nahegelegenen Feld Maupertuis 19. Sept. 1356 die Engländer einen Sieg über die Franzosen, welcher Frankreich mit dem Untergang seiner Selbständigkeit bedrohte. Das Edikt von P. (17. Sept. 1577) beendete den sechsten Hugenottenkrieg durch weitgehende Zugeständnisse an die Protestanten.

Poitiers (spr. poattjeh), Diane de, s. Diana 1).

Poitou (spr. poatuh), ehemalige Provinz im südwestlichen Frankreich, teilte sich in Oberpoitou und Niederpoitou, mit der Hauptstadt Poitiers. Jetzt sind daraus die Departements Vienne (Oberpoitou), Deux-Sèvres und Vendée (Niederpoitou) gebildet, und einzelne Stücke sind mit den Departements Niedercharente, Charente, Obervienne, Indre-et-Loire und Maine-et-Loire vereinigt. Das Land P. war im Altertum von den Piktaven oder Piktonen bewohnt und wurde nach der Eroberung durch die Römer mit Aquitania secunda vereinigt. Im 5. Jahrh. n. Chr. besetzten es die Westgoten, und 507 eroberten es die Franken unter Chlodwig. Nachdem P. im 8. Jahrh. in den Besitz der Herzöge von Aquitanien gekommen, vereinigte es Pippin der Kurze wieder mit dem Frankenreich, und 778 übertrug Karl d. Gr. P. einem Grafen. Gegen Ende des 9. Jahrh. machten sich die Grafen von P. erblich und nahmen um 908 den Titel Herzöge von Aquitanien an. Nachdem es 1152 durch die Heirat Eleonorens von P. mit Heinrich Plantagenet an die Könige von England gekommen war, nahm es König Philipp August von Frankreich 1205 jenen wieder ab, und 1259 wurde es im Frieden von Abbeville förmlich an Frankreich abgetreten. Nach der Schlacht von Maupertuis (1356) kam P. durch den Frieden von Bretigny abermals an die Engländer, denen es König Karl V. 1369 wieder abnahm. Karl gab es seinem Bruder Johann, Herzog von Berry, und nach dessen Tod wurde es für immer mit der französischen Krone vereinigt. Vgl. Auber, Histoire du P. (Poitiers 1886-88, 4 Bde.).

Pokal (v. ital. boccale), Trinkbecher mit Fuß aus Holz, Glas, Thon, Metall u. dgl., der schon im Mittelalter im Gebrauch war. In Form und Aufbau dem Kelch verwandt, wurde der P. allmählich zum Prunk- und Schaugefäß und als solches im 15. und 16. Jahrh. aus Gold oder vergoldetem Silber gefertigt, mit reichem Schmuck in Relief und frei stehenden Figuren, in Email, Edelsteinen und Perlen versehen. Zu den Prunkpokalen gehörten größtenteils Deckel mit Knöpfen und Griffen, die meist aus Köpfen oder Figuren bestanden. In Bauch und Deckel waren bisweilen Münzen eingelassen (s. Münzbecher). Die von der Gotik festgestellte Form des Pokals erhielt sich bis ins 18. Jahrh. An Pokalen aus Edelmetallen sind das Grüne Gewölbe in Dresden, die königlich bayrische Schatzkammer in München, das Berliner Kunstgewerbemuseum und die Rothschildsche Sammlung in Frankfurt a. M. besonders reich. S. Tafel "Goldschmiedekunst", Fig. 4, 7, 9 u. 15.

Pokar, Ort, s. Adschmir-Mhairwara.

Pökelfleisch, s. Einsalzen.

Poker (engl., spr. pohk-), Schüreisen, Schürhaken, besonders für Kaminfeuer; auch (Bocker) ein Schlägel zur Bearbeitung des Flachses (s. Flachs, S. 330).

Pokrow, Kreisstadt im russ. Gouvernement Wladimir, in waldiger und sumpfiger Gegend, an der Eisenbahn Moskau-Nishnij Nowgorod, mit bedeutendem Holzhandel und (1885) 2719 Einw.

Pokulieren (v. lat. poculum), bechern, zechen.

Pokutien, die ehemalige Woiwodschaft Halicz oder derjenige Teil von Ostgalizien, welcher zwischen dem Dnjestr, dem Pruth und den Karpathen liegt und an die Bukowina angrenzt. Hauptorte sind Kolomea und Kuty (daher der Name).

Pol (griech.), s. v. w. Drehpunkt; in der Geometrie jedes der beiden Enden der Drehungsachse einer Rotationsfläche; daher sind Pole eines Kugelkreises die Endpunkte des auf der Kreisebene senkrechten Kugeldurchmessers. In diesem Sinn sind auf der Himmelskugel die Pole des Himmelsäquators oder die Weltpole die beiden bei der täglichen Drehung stillstehenden Schnittpunkte der Weltachse mit dem Himmelsgewölbe; die Pole der Ekliptik der zwei Endpunkte des auf der Ekliptik senkrechten Durchmessers der Himmelskugel, 23½° von jenen entfernt; Zenith und Nadir die Pole des Horizonts, Ost- und Westpunkt diejenigen des Meridians, Süd- und Nordpunkt die Pole des ersten Vertikalkreises. Auf der Erde sind Nord- und Südpol die beiden Endpunkte der Erdachse. Über Pole und Polaren, bez. Polarebenen sind die Lehrbücher der neuern Geometrie zu vergleichen (s. Geometrie); über magnetische Pole s. Magnetismus; über elektrische Pole s. Galvanismus.

Pol, Winzenz, poln. Dichter, geb. 20. April 1807 bei Lublin, studierte in Wilna, nahm an dem Freiheitskrieg von 1830 teil, ging ins Ausland, ließ sich dann in Galizien nieder und erhielt 1848 die Professur der Geographie an der Krakauer Universität. Als dieselbe aufgehoben wurde, siedelte er nach Lemberg über, wo er Vorträge über polnische Litteratur hielt, die 1866 in Druck erschienen. Die letzten Jahre verlebte er erblindet in Krakau und starb daselbst 2. Dez. 1872. Als Dichter machte sich P. zuerst bekannt durch die "Lieder des Janusz" (1833), patriotische Gedichte nach dem Vorbild Bérangers. Die größte Popularität erwarb er sich aber durch sein "Lied von unserm Land" (1843; deutsch von Curtzmann, 1870), worin die verschiedenen polnischen Landschaften und die Charaktereigenschaften ihrer Bewohner besungen werden. Später folgten die formvollendeten "Bilder aus dem Leben und von der Reise" (1847), vielleicht das Beste, was P. geschrieben. Unter seinen zahlreichen poetischen Erzählungen verdient "Mohort" (1855) als die vorzüglichste Hervorhebung; sein letztes Werk war "Der Starost von Kisla" (Pos. 1873), ein