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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Poldistanz; Pole; Polel; Polemárchos; Polemik; Polemisch; Polemon; Polemoniaceen; Polemonium; Polen

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Poldistanz - Polen.

dem untern Rande des hölzernen Trichters oder umgekehrten Kegels sind Schaufeln angebracht, in der innern Fläche desselben aber schraubenförmig gewundene Rinnen. Die Schaufeln fassen das Wasser, und die schnelle Umdrehung des Trichters bewirkt, daß dasselbe in den Rinnen emporgetrieben wird und oben herausfließt.

Poldistanz, die Entfernung eines Sterns vom Pol, gemessen auf dem Deklinationskreis; sie ist das Komplement der Deklination. Vgl. Himmel, S. 545.

Pole (spr. pohl), die englische Rute, s. Perch.

Pole (russ.), Zweikampf, namentlich der gerichtliche Zweikampf, zu welchem sich die Parteien in Rußland bis zur Mitte des 16. Jahrh. und formell auch noch geraume Zeit später erbieten mußten.

Pole (spr. pohl), Reginald de, Kardinal und Erzbischof von Canterbury, geboren im März 1500 zu Stoweston Castle (Staffordshire), unternahm, als er seine Studien in Oxford vollendet hatte, eine längere Reise nach Italien und studierte fünf Jahre in Padua. Nach England zurückgekehrt, war er durch keine noch so glänzenden Anerbietungen zu bewegen, den kirchlichen Neuerungen Heinrichs VIII. zuzustimmen, und floh zuletzt, um sich den ihm drohenden Nachstellungen zu entziehen, nach Italien. Während er nun in England wegen Hochverrats verurteilt wurde, ernannte ihn Papst Paul III. zum Kardinal, bald auch zum apostolischen Legaten für Frankreich und Flandern. Aus Frankreich auf Andringen der englischen Regierung ausgewiesen, zog sich P. nach Viterbo zurück, präsidierte dann eine Zeitlang den Sitzungen des Konzils von Trient und ward nach der Thronbesteigung Marias 1553 zum päpstlichen Legaten in England ernannt, wo er die katholische Gegenreformation durchführen sollte. Er hielt 24. Nov. 1554 seinen feierlichen Einzug in London und sprach 30. d. M. im Parlament im Namen des Papstes die Absolution von den über England verhängten Kirchenstrafen aus. Nach Cranmers Tod zum Erzbischof von Canterbury ernannt, leitete er nun die kirchliche Restauration in England, mißbilligte aber die extremen Maßregeln der Königin und hätte die von ihr begonnenen Verfolgungen gern gemäßigt. Deshalb, und weil er an dem geschlossenen Abkommen über die Kirchengüter festhalten wollte, entsetzte ihn Paul IV., der seit Mai 1555 Papst war, der Legatenwürde, worauf sich P. in sein Erzbistum zurückzog. Er starb 18. Nov. 1558, einen Tag nach dem Tod Marias. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: "De concilio" (2. Aufl., Löwen 1567) und "De summi pontificis officio et potestate" (das. 1567). Sein Leben beschrieben Thom. Philips (2. Aufl., Lond. 1769) und Hook in den "Lives of the archbishops of Canterbury", Bd. 8 (das. 1877).

Polel, s. Lada und Lel.

Polemárchos (griech., Polemarch), in Athen der dritte der neun Archonten (s. d.), welcher die Leitung der militärischen Angelegenheiten hatte; in der ätolischen Eidgenossenschaft Name der bürgerlichen Obrigkeiten der einzelnen Städte.

Polemik (v. griech. pólemos, Krieg), wissenschaftlicher Streit, Streitkunst, besonders die theologische; im engern protestantischen Sinn diejenige theologische Disziplin, welche den evangelisch-protestantischen Lehrbegriff im Verhältnis zu den Lehrbegriffen anderer Kirchengemeinschaften, namentlich der römisch-katholischen Kirche gegenüber, darzulegen und zu rechtfertigen sucht. Vgl. Hase, Handbuch der protestantischen P. (4. Aufl., Leipz. 1878); Tschackert, Evangelische P. (2. Aufl., Gotha 1888).

Polemisch, der Polemik (s. d.) angehörig; polemisieren, Polemik üben, polemisch verfahren.

Polemon, 1) P. der Philosoph, von Athen, in seiner Jugend ein Wüstling, ward ein eifriger Schüler des Xenokrates und nach diesem Vorsteher der Akademie. Diese Umwandlung erlangte eine paradigmatische Bedeutung und ward stehende Tradition der philosophischen Schule.

2) P. der Periëget, der berühmteste unter den sogen. Periëgeten (s. d.), aus Ilion in Troas, um 200 v. Chr., lebte zuletzt in Athen und verarbeitet das aus Inschriften, Weihgeschenken, Kunstwerken und öffentlichen Denkmälern Griechenlands gesammelte reiche Material zu verschiedenen Werken (z. B. über die Burg von Athen etc.), die in der Folge als reiche Fundgrube für Altertumskunde und Kunstgeschichte viel benutzt wurden. Die Fragmente seiner Schriften gab Preller (Leipz. 1838) heraus.

3) Antonius, der Sophist, aus Laodikeia in Karien, im 2. Jahrh. n. Chr., stand in Smyrna einer der blühendsten, aus allen Gegenden der hellenischen Welt besuchten Rhetorenschulen vor und starb unter Mark Aurel im Alter von etwa 56 Jahren durch freiwilligen Hungertod aus Kummer über ein Nervenleiden, durch das er sich an der Ausübung seiner Kunst behindert sah. P. genoß bei seinen Zeitgenossen ein ganz außerordentliches Ansehen und wurde auch von den Kaisern, unter denen er lebte, Trajan, Hadrian und Mark Aurel, mit Auszeichnungen überhäuft. Er galt namentlich für den Meister der improvisierten Rede. Erhalten haben sich von seinen Schriften zwei Deklamationen ("Logoi epitaphioi ^[Λόγοι ἐπιτάφιοι]", Leichenreden auf Helden von Marathon), die von Orelli (Leipz. 1819) und neuerlich von Hinck (das. 1873) herausgegeben wurden.

Polemoniaceen, dikotyle, etwa 150 Arten umfassende, in der gemäßigten Zone, besonders Nordamerikas, einheimische Familie aus der Ordnung der Tubifloren, zunächst mit den Konvolvulaceen verwandt und von denselben hauptsächlich durch drei Fruchtknotenfächer und einen geraden Embryo im Samen verschieden. Vgl. Bentham in De Candolles "Prodromus", Bd. 9. Mehrere Arten, besonders aus den Gattungen Phlox, Cobaea u. a., sind als schön blühende Gartenzierpflanzen bei uns eingeführt.

Polemonium L., Gattung der Polemoniaceen, Stauden mit abwechselnden, fiederschnittigen Blättern, traubig angeordneten Blütenwickeln und dreiklappigen, wenigsamigen Kapseln. P. coeruleum L. (Sperrkraut, Jakobsleiter, griechischer Baldrian), in den Alpen und Süddeutschland, mit großen, blauen, auch weißen Blüten, alte Gartenpflanze, von der auch eine sehr zierliche Form mit panaschierten Blättern kultiviert wird. P. reptans L. ist viel niedriger und für Steingruppen geeignet.

Polen, das Einsenken einer saftigen Holzstange in flüssige Metalle, wobei durch den aus ersterer entwickelten Wasserdampf und die Verkohlungsgase das Metallbad lebhaft aufsprudelt und dadurch dem Luftzutritt eine große Oberfläche darbietet, so daß die das Hauptmetall (Blei, Zinn, Kupfer) verunreinigenden Substanzen (Antimon, Arsen, Zink) dabei oxydiert oder absorbierte Gase ausgetrieben werden (schweflige Säure beim Dichtpolen des Kupfers). Nach dem Herausziehen des Polstabes setzen sich dann die Unreinigkeiten als oxydische Kruste (Polkrätze) auf der Oberfläche des Metalls ab. Auch kann der entweichende Wasserdampf oxydierend wirken, z. B. auf Zink und Eisen in Blei. Beim Kupferraffinieren geht das Zähpolen unter einer Kohlendecke vor sich.