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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ponthieu - Pontinische Sümpfe.

auf das QKilometer, nächst Barcelona die dichteste Bevölkerung unter allen Provinzen. Die Produktion umfaßt: Getreide, insbesondere Weizen und Mais, dann Flachs, Wein, Obst und sogar Südfrüchte in Menge, Bauholz, ferner Sardinen, Vieh, namentlich Rindvieh, und als tierische Produkte Schinken, Eier und Leder. Auch heiße und warme Mineralquellen sind zahlreich vorhanden. Die Küste enthält große Buchten (Rias) und sichere Häfen. Eine Eisenbahn führt von Portugal über Tuy nach Vigo und nach Orense. Die Provinz umfaßt 11 Gerichtsbezirke (darunter Tuy und Vigo). - Die gleichnamige Hauptstadt, an der Bucht von P., hat ein Priesterseminar, einen unbedeutenden Hafen, Tuch- und Hutfabrikation, Sardellenfischerei und (1878) 19,857 Einw. P. ist Sitz des Gouverneurs und eines Bischofs.

Ponthieu (spr. pongtjoh), ehemalige franz. Grafschaft in der Picardie, Departement Somme, mit der Hauptstadt Abbeville, fiel 1686 an die Krone. König Karl X. von Frankreich führte nach der Julirevolution den Titel eines Grafen von P.

Pontia (griech.), Beiname der Aphrodite als der "Meergebornen", die als solche einen Tempel mit Kolossalstatue in Hermione hatte, entsprechend der römischen Venus Marina.

Pontiac, Stadt im nordamerikan. Staat Michigan, Grafschaft Oakland, 32 km nordwestlich von Detroit, hat ein Irrenhaus, ein Lehrerseminar, Wollmärkte und (1880) 4509 Einw.

Pontiae insulae, s. Ponza.

Pontianak, Stadt auf der nördlichen Westküste von Borneo, an der Mündung des Kapuas, des größten Flusses der Insel, ist Hauptort und Regierungssitz der niederländischen Westabteilung von Borneo, hat einige Befestigungen, einen Hafen, lebhaften Handel und ca. 15,000 Einw. Das ehemalige malaiische Sultanat P. ist jetzt den Niederländern tributpflichtig.

Pontianus, der Heilige, Papst von 230 bis 235, trat im Streite des Origenes (s. d.) mit Demetrios auf Seite des letztern und starb, nachdem er seine Würde niedergelegt, in der Verbannung auf der Insel Sardinien. Sein Tag ist der 19. November.

Ponticello (ital., spr. -tschello, "Brückchen"), der Steg der Streichinstrumente. Del p. (abgekürzt d. pont.), s. v. w. ganz nahe am Steg (im Gegensatz zu flautando), wodurch der Ton hart und scharf wird.

Pontieren (franz., spr. pongt-), s. Pointieren.

Pontifex (lat. Wort ungewisser Etymologie, angeblich "Brückenbauer"), im alten Rom ein Mitglied des obersten Priesterkollegiums, dem die Aufsicht und Verwaltung des gesamten Religionswesens, des Staats- und Privatkultus zukam. Die Stiftung des Pontifikats wird auf Numa zurückgeführt, unter welchem vier Pontifices aus den beiden Stämmen der Ramnes und Tities ernannt worden, zu denen als fünfter der P. maximus (s. unten) gekommen sein soll. Durch das Ogulnische Gesetz kamen 300 v. Chr. noch vier plebejische Pontifices hinzu. Sulla erhöhte die Zahl auf 15, und die Kaiser ernannten in ihrer Eigenschaft als Pontifices maximi nach Willkür Mitglieder des Kollegiums. Die Würde war lebenslänglich. Die Wahl der Pontifices stand ursprünglich dem Kollegium derselben zu (Kooptation); doch wurde 104 das Wahlrecht auf die Tributkomitien übertragen, und diese übten es (mit kurzer Unterbrechung unter und nach Sulla) bis zur Zeit der Kaiser. Erfordernis zur Bekleidung des Pontifikats war anfangs patrizische Geburt, dann nur ein reiferes Lebensalter und Freiheit von andern Ämtern. Später wurden auch diese Erfordernisse nicht mehr berücksichtigt. Die Amtsgeschäfte der Pontifices bestanden in der Aufsicht über die richtige Vornahme der vorgeschriebenen Ritualhandlungen und über die Priester und deren Diener, in der Führung des gesamten Kalenderwesens und in Entscheidungen und Gutachten über sakralrechtliche Verhältnisse. Auch war bei manchen Verrichtungen des Staats- und Privatlebens, welche auf das Sakralrecht basiert waren, eine persönliche Assistenz der Pontifices erforderlich, so bei allen Weihungen etc. Endlich vernichteten die Pontifices auch Kultushandlungen, Opfer u. dgl., wenn der dazu bestimmte Flamen abgehalten war. Der Vorsteher des Kollegiums war der P. maximus, dessen Amt von Augustus bis auf Gratian stets als Attribut der Kaiserwürde fortbestanden hat. Die Wahl desselben geschah zur Zeit der Republik durch das Volk in den Tributkomitien und zwar auf Lebenszeit. Der P. maximus trug als Amtstracht ein weißes Kleid mit Purpursaum und hatte die von seinem Kollegium gefaßten Beschlüsse zu vollziehen sowie die Annales maximi oder pontificum (Aufzeichnungen der denkwürdigen Begebenheiten des Jahrs) abzufassen. Von diesen sind zu scheiden die Libri und Commentarii pontificum (Aufzeichnungen über Ritual- und Sakralrecht). Vgl. Hüllmann, Jus pontificium der Römer (Bonn 1837); Ambrosch, Über die Religionsbücher der Römer (das. 1843); Preibisch, Fragmenta librorum pontificiorum (Tilsit 1878). In der christlichen Zeit ist P. maximus Bezeichnung für den Papst.

Pontificale (lat.), was zur Würde eines Priesters gehört, daher in pontificalibus, in geistlicher Amtstracht; in der katholischen Kirche sind Pontifikalien Ritualbücher, welche die den Bischöfen allein zustehenden heiligen Handlungen verzeichnen und deren Formen beschreiben. Clemens VIII. ließ das P. romanum ausarbeiten und 1596 zu alleinigem Gebrauch veröffentlichen. Durch Urban VIII. wurde es 1644 noch einmal durchgesehen.

Pontifikat (lat.), Amt und Würde eines Priesters, besonders des Papstes (s. Pontifex).

Pontinische Inseln, s. Ponza.

Pontinische Sümpfe (Paludi Pontine), berüchtigte Sümpfe in der ital. Provinz Rom, Kreis Velletri, im Altertum Ager Pometinus genannt, erstrecken sich südöstlich von Rom von Cisterna bis Terracina in einer Länge von etwa 42 km bei einer größten Breite von 28 km und werden von der Appischen Straße durchschnitten. Wenig höher als das Meer liegend, sind sie von diesem durch Dünen getrennt, auf der Ostseite aber durch eine Kette von Kalibergen begrenzt. Die Einförmigkeit des Sumpflandes wird durch einzelne saftgrüne Wiesen mit dunklem Rohr, durch das kräftige Grün der Steineichen und üppiger Wasserpflanzen unterbrochen. Unmittelbar zu beiden Seiten der Straße sind Kanäle gezogen und mittels dieser die Sümpfe ausgetrocknet; auf diesen Strecken weiden Herden von Hornvieh, Pferden und Büffelochsen, während die trockensten Stellen auch für Getreidebau benutzt werden. Aber zum längern Aufenthalt dienen die Sümpfe auch heute nur Hirten. In den ältesten Zeiten der römischen Republik sollen hier 33 Städte gestanden haben, welche infolge von Kriegen, vielleicht auch durch den schädlichen Einfluß der zunehmenden Sumpfluft schon frühzeitig verschwanden. Der erste Austrocknungsversuch wurde wahrscheinlich von Appius Claudius (312 v. Chr.) gemacht, als dieser die nach ihm benannte Heerstraße durch die Sümpfe leitete. Augustus begnügte sich,