Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Portugiesische Litteratur

261

Portugiesische Litteratur (17. u. 18. Jahrhundert).

und eines Werkes über die Pflichten des Hof- und Weltmannes ("Corte na aldea", das. 1619); ferner Fernão Alvares do Oriente (geboren um 1540), Dichter des Schäferromans "Lusitania transformada" (das. 1671 u. 1781), Quevedo e Castellobranco (schrieb eine matte Epopöe: "Affonso Africano", das. 1611 u. 1787), Gabr. Pereira de Castro ("Ulyssea", das. 1634, 1745 u. 1827) und Francisco de Sá e Menezes ("Malaca conquistada", das. 1634 u. 1779). Nachdem schon seit der Niederlage der Portugiesen bei Alkazar die portugiesische Poesie sowie das sonstige Leben des Landes raschem Verfall zugeeilt war, wurde sie seit der spanischen Herrschaft bald zum matten Abklatsch der nachbarlichen; ja, die meisten Dichter und Schriftsteller jener Zeit gaben die Muttersprache gänzlich auf und bedienten sich der Sprache ihrer Unterdrücker. Erwähnung verdienen nur noch die unter dem Titel: "Laura de Anfriso" (Evora 1627) erschienenen Gedichte des unglücklichen Schwärmers Manoel da Veiga Tagarro (geboren zu Ende des 16. Jahrh.), eines der gefeiertsten bukolischen Dichter der Portugiesen. - Die lyrische Poesie hatte sich schon gleich nach Camoens in alle Ausartungen des Marinismus (s. Marini) und Gongorismus (s. Gongora y Argote) und in andre ähnliche Geschmacklosigkeiten verirrt. Bis ins Abenteuerliche getrieben erscheint jene schwülstige Manier in den Sonetten Manoels de Faria e Sousa ("Fuente de Aganippe", Madr. 1644, 4 Bde.). Einigermaßen genießbar, zum Teil sogar vortrefflich stellen sich, dagegen gehalten, dar die burlesken Poesien des Thomas de Noronha, die feinen und geistreichen Dichtungen von Antonio Barbosa Bacellar (1610-63), dessen "Saudades" (elegische Liebeslieder) in vieler Hinsicht anerkennenswert sind; ferner Jacinto Freire de Andrades satirische Poesien, die mit scharfem Witz der Verderbnis des Geschmacks den Krieg machten. Eine unübersehbare Menge von Sonetten aus jener Zeit (welche Form sich in Portugal wie in Italien besonderer Gunst und Pflege erfreute) haben Pereira da Silva ("Fenix renascida", Lissab. 1746, 5 Bde.) und ein Ungenannter unter dem Titel: "Eccos que o clarim de fama dá, Postilhão de Apollo" (das. 1761) gesammelt. Eine geschmackvollere Auswahl von Erzeugnissen portugiesischer Poesie aus derselben Gattung gab John Adamson im ersten Teil seiner "Lusitania illustrata" (Newcastle upon Tyne 1842).

Was das Drama angeht, so kann von einem nationalen, bezüglich der damaligen Zeit, kaum die Rede sein. Die meisten portugiesischen Poeten des 17. Jahrh., welche sich überhaupt in dramatischer Dichtung versuchten, schrieben in spanischer Sprache. Die einzige nennenswerte dramatische, in der Landessprache abgefaßte Produktion jener Epoche ist die Sammlung der "Entremeses" (welche neben den "Autos" und "Farsas" die Unterarten des eigentlichen Volksschauspiels bildeten) von Manoel Coelho Rebello, die unter dem Titel: "A musa entretenida de varios entremeses" (Coimbra 1658, Lissab. 1695) erschien. Als Verfasser einer Art von komischen Opern, die ihrer Zeit in Portugal großen Beifall fanden und mehrfach gesammelt sind ("Operas portuguezas", 1747; in 4. Aufl.: "Teatro comico portuguez", 1787), ist der Jude Antonio José da Silva zu nennen, der bei dem Autodafee von 1739 verbrannt wurde. Auf dem Felde des Romans wucherte in Portugal während des 16. und 17. Jahrh. am üppigsten die Ritterromantik. Als die damals mit dem meisten Beifall aufgenommenen Werke dieser Gattung verdienen Erwähnung des bekannten Historikers João de Barros "Chronica do emperador Clarismundo" (Coimbra 1520, Lissab. 1742), welches Buch seiner Zeit von der portugiesischen Lesewelt mit wahrem Heißhunger verschlungen wurde; ferner die in der Manier des Amadis gehaltenen Ritterromane von Francisco de Moraes ("Palmeirim de Inglaterra", Evora 1567, 3 Bde.; Lissab. 1786), von Jorge Ferreira de Vasconcellos ("Triumfos de Sagramor", Coimbra 1554, und "Memorial dos cavalleiros da segunda tavola redonda", Lissab. 1567), der auch drei berühmt gewordene dramatische Novellen nach Art der "Celestina" ("Comedia Euphrosina", das. 1616; "Comedia Ulyssipo", das. 1618, und "Comedia Aulegraphia", das. 1619; alle drei in neuer Auflage, das. 1787, 3 Bde.) verfaßt hat; endlich die Romane von Gaspar Pires Rebello ("Constante Florinda", das. 1625 u. 1684), der sich auch durch seine "Novelas exemplares" (das. 1650 u. 1700) Beifall erwarb. Durch Natürlichkeit und Einfachheit ausgezeichnet und mit den meisten übrigen litterarischen Äußerungen des Zeitgeschmacks kontrastierend ist die romanartige Komposition Felix Castanheira Turacems: "Serão politico, abuso emendado" (Lissab. 1703). Unter den historischen Werken des Zeitalters, deren vorzüglichste sämtlich die Eroberung Indiens zum Gegenstand haben, überragt die berühmte "Asia" (Lissab. 1552-1602, 4 Bde.; neue Ausg. 1778-88, 24 Bde.) von João de Barros, der auch der erste Grammatiker Portugals war, alle andern. Gleich ausgezeichnet durch historische Wahrhaftigkeit, aber in künstlerischer Hinsicht von weit geringerm Wert ist die "Historia do descobrimento e da conquista da India" (Coimbra 1551, Lissab. 1833) von Fernan Lopez de Castanheda. Die Heldenthaten des Alfonso Albuquerque wurden von dessen Sohn Blasius in seinen "Commentarios do grande A. Albuquerque" (Lissab. 1557 u. 1774, 4 Bde.), das Leben König Emanuels d. Gr. und Johanns I. von Damião de Goes (das. 1556 u. 1567) dargestellt. In lichtvoller Ordnung und schöner Sprache schrieb Bernardo de Brìto die älteste Geschichte seines Vaterlandes in seiner "Monarchia lusitana" (Lissab. 1597-1609, 2 Bde.). Die Thaten des Vizekönigs von Indien, João de Castro (1500-1548), fanden ihren klassischen Historiographen in Jacinto Freire de Andrade (Lissab. 1651 u. 1736). Von den übrigen hierher gehörigen Schriftstellern Portugals aus jener Zeit verdienen Fernan Mendez Pinto wegen der Beschreibung seiner Reisen in Asien und Afrika ("Peregrinações", Lissab. 1614 u. 1725) und der Jesuit Antonio Vieira wegen der in seinen "Sermoens" (das. 1748, 5 Bde.) mit edlem Feuer versuchten Verteidigung der Menschenrechte der Indianer und Juden erwähnt zu werden.

Vierte Periode.

Das 18. Jahrh. führte die p. L. dem bereits im 17. angebahnten Verfall immer entschiedener zu. Der tonangebende Geschmack huldigte der von Frankreich her importierten französischen Afterklassizität, und diese Richtung hat die portugiesische Dichtung bis tief ins 19. Jahrh. beibehalten. Die durch den Frieden von Lissabon (1668) wieder errungene Unabhängigkeit Portugals von Spanien hat auf die Litteratur des Landes keine besondere Wirkung gehabt, ebensowenig die Akademie, welche König Johann IV. 1714 stiftete. Die durch den Methuen-Vertrag von 1703 herbeigeführte merkantilische Abhängigkeit von England brachte die englische Litteratur in eine gewisse Verbindung mit der portugiesischen, welche letzterer heilsamer war als die Mustergültigkeit der französischen Poesie des Zeitalters Ludwigs XIV. Pombals