Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Posen

269

Posen (Provinz) - Posen (Stadt).

cher gegenwärtig durch den Bromberger oder Netzekanal eine Verbindung zwischen Netze und Brahe (Oder und Weichsel) besteht. Die Hauptflüsse sind: die Warthe, Netze und als Grenzfluß gegen Westpreußen die Weichsel mit der Brahe. Die Netze, welche außerhalb der Provinz in die Warthe mündet, empfängt hier die Küddow und auf der brandenburgischen Grenze die Drage. Die Warthe erhält rechts die Welna und links die Prosna (auf der polnischen Grenze) und die Obra. Die Landseen sind zahlreich; die größten derselben (der Goplo-, Skorzenciner und Powidzer See) liegen an der obern Netze, von hier hinüber zur Scheide gegen die Warthe und an der polnischen Grenze in der Abdachung zu dieser selbst. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Posen 8 und in Bromberg 7,7° C.; der Winter ist rauh, die Regenmenge nicht sehr beträchtlich (jährlich 50-52 cm). Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 auf 1,715,618 Seelen (59 auf 1 qkm, darunter 531,722 Evangelische, 1,131,869 Katholiken, 1143 sonstige Christen und 50,866 Juden). Die Evangelischen sind überwiegend in den nördlichen und westlichen Grenzkreisen, am wenigsten zahlreich in den Kreisen an der obern Warthe. Nach der Sprache gibt es etwa 725,000 Deutsche und 880,000 Polen. Über 80 Proz. beträgt die polnische Bevölkerung in den Kreisen Wreschen, Pleschen, Adelnau und Schildberg, unter 20 Proz. in den Kreisen Meseritz und Czarnikau. Die größern Städte haben eine überwiegend deutsche Bevölkerung (Gnesen selbst noch 55 Proz.). Um das deutsche Element auf dem Land zu mehren, ist durch Gesetz vom 28. April 1886 eine Ansiedelungskommission in der Stadt P. errichtet, welche die Aufgabe hat, Güter von polnischen Besitzern anzukaufen, zu parzellieren und an deutsche Kolonisten zu veräußern. Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und Gärten 61,8, auf Wiesen 8,0, auf Weiden 5,2 und auf Waldungen 20,2 Proz. Der Großgrundbesitz ist hier fast so stark wie in Pommern vertreten. Auf ihn kommen, wenn man ihm die Besitzungen von mehr als 100 Hektar Größe zurechnet, 55,3 Proz., auf den eigentlichen Bauernstand mit Grundstücken von 10-100 Hektar nur 32,5 Proz. vom Grundbesitz überhaupt. Außer dem Anbau von Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln ist der des Hopfens von hervorragender Wichtigkeit (1883 auf 2094 Hektar), welchem in weitem Kreis um Neutomischel herum große Landstriche gewidmet sind; Weinbau wird in der südwestlichen Ecke bei Bomst betrieben. Die ansehnlichsten Waldungen, fast nur aus Nadelhölzern bestehend, finden sich zwischen Warthe und Netze an der Westgrenze und im Kreis Bromberg im Anschluß an die Tuchelsche Heide in Westpreußen. Nach der Viehzählung von 1883 gab es in P. 211,291 Pferde, 625,723 Stück Rindvieh, 1,892,336 Schafe, 469,043 Schweine und 71,353 Ziegen. Zur Pflege der Pferdezucht besteht ein Landgestüt in Zirke; die Rindviehzucht ist in den Schlesien zunächst liegenden Kreisen am bedeutendsten; die Schafzucht befindet sich auf den großen Gütern in Flor. Aus dem Mineralreich gibt es Salz bei Inowrazlaw und Wapno, Gips, Kalk, Braunkohlen, Raseneisenerz, Torf etc. Die Industrie ist nur in einigen Orten beträchtlich; es gibt Maschinenfabriken, Tuchmanufakturen, große Ziegeleien und Mahlmühlen, Zuckerfabriken, ein Salzwerk, Schnupftabaksfabriken, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien etc. Der Handel wird befördert durch die schiffbaren Gewässer, Kunststraßen und Eisenbahnen. Letztere sind meist Staatsbahnen und stehen unter den Direktionen zu Bromberg und Breslau. Die wichtigsten Linien sind: Berlin-Schneidemühl, Posen-Neustettin, Posen-Thorn, Breslau-Posen, Frankfurt a. O.-Posen, Posen-Stargard, Posen-Kreuzburg und Öls-Gnesen. An Unterrichtsanstalten sind in P. vorhanden: 14 Gymnasien, 2 Progymnasien, 4 Realgymnasien, ein Pädagogium, 6 Lehrerseminare, 3 Taubstummenanstalten, eine Blindenanstalt etc. Die Provinz zerfällt in zwei Regierungsbezirk: Bromberg und P., bisher mit zusammen 28 Kreisen, seit 1887 in 42 Kreise geteilt, wovon 28 auf den Regierungsbezirk P., 14 auf Bromberg entfallen. Für die Rechtspflege bestehen ein Oberlandesgericht zu Posen und 7 Landgerichte zu Bromberg, Gnesen, Lissa, Meseritz, Ostrowo, Posen und Schneidemühl (zu dessen Bezirk auch der westpreußische Kreis Deutsch-Krone gehört). Militärisch gehört der nördliche Teil zum Bezirk des 2., der südliche zum Bezirk des 5. Armeekorps. In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 15, in das preußische Abgeordnetenhaus 29 Mitglieder. An der Spitze der evangelischen Kirchenangelegenheiten steht das Konsistorium zu Posen, an der Spitze der katholischen Geistlichkeit der Erzbischof von Gnesen und Posen; die Generalkommission für Gemeinheitsteilungssachen in Bromberg ist zugleich für Ost- und Westpreußen bestellt. Das Wappen der Provinz P. ist ein silberner gekrönter Adler im roten Felde; die Farben sind Karmesin u. Weiß. - P. war früher ein Teil des Königreichs Polen. Bei der ersten Teilung 1772 kam der Netzedistrikt und 1793 ganz Großpolen, mit Ausschluß Masoviens, an Preußen (unter der Benennung Südpreußen); 1807 wurde es mit dem Großherzogtum Warschau vereinigt, bis es 1815 in etwas geringerm Umfang als früher an Preußen zurückfiel. S. Karte "Schlesien und Posen". Vgl. Bäck, Die Provinz P. in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung (Berl. 1847); "Statistisches Handbuch der Provinz P." (3. Aufl., Posen 1877); "Gemeinde-Lexikon der Provinz P." (hrsg. vom königl. Statistischen Büreau, Berl. 1888); Wuttke, Städtebuch des Landes P. (Leipz. 1864; Nachtrag, das. 1866); Chr. Meyer, Geschichte des Landes P. (Pos. 1881); Bergmann, Zur Geschichte der Entwickelung deutscher; polnischer und jüdischer Bevölkerung in der Provinz P. seit 1824 (Tübing. 1883); "Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz P." (Posen 1882 ff.).

Posen (poln. Poznań), Hauptstadt des gleichnamigen preuß. Regierungsbezirks und der gleichnamigen Provinz und Festung ersten Ranges, liegt an der Mündung der Zybina in die Warthe, über welche vier Hauptbrücken führen, 58 m ü. M., ist Knotenpunkt der Linien P.-Stargard, P.-Kreuzburg, Breslau-P., P.-Neustettin, P.-Wreschen, Frankfurt-P. und P.-Thorn der Preußischen Staatsbahn und besteht aus der von der Podlinka durchflossenen eigentlichen Stadt (Altstadt) und der eleganten, unter preußischer Herrschaft erst entstandenen Neustadt auf dem linken und den Vorstädten Wallischei (Chwaliszewo), Schrodka, Ostrowek, Zawade und St. Roch auf dem rechten Wartheufer. Von 1827 bis 1853 ward P. zu einer Festung ersten Ranges umgeschaffen und diese seit 1876 noch durch einen Kreis von Außenforts verstärkt. Die Trace um die Stadt besteht aus sechs regelmäßigen Bastionen und sechs Kavalieren. Das

^[Abb.: Wappen von Posen.]