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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Prazák - Prechtl.

Sitz des portugiesischen Gouverneurs. P. ist Station für die von Europa nach Westafrika und Südamerika fahrenden Dampfer; es laufen hier im Durchschnitt jährlich 350 Schiffe von 70,000 Ton. ein.

Prazak (spr. -sak), Aloys, Freiherr von, österreich. Minister, geb. 21. Febr. 1820 zu Ungarisch-Hradisch in Mähren, studierte zu Olmütz die Rechte, wurde 1848 von seiner Vaterstadt in den mährischen Landtag und in den Reichstag gewählt und gehörte in dem letztern zur Partei der slawischen Rechten. 1849 ließ er sich als Advokat in Brünn nieder und trat erst 1861 wieder in das politische Leben ein, indem er sich in den mährischen Landtag und (bis 1863) in den Reichsrat wählen ließ; in dem erstern war er Führer der tschechischen Partei. Seit 1874 wieder Abgeordneter im Reichsrat, ward er als Haupt der gemäßigten Tschechen 12. Aug. 1879 zum Minister ohne Portefeuille im Ministerium Taaffe ernannt und übernahm im April 1881 das Justizministerium. Durch seine Sprachenverordnungen (1881 und 1886) gab er den Bestrebungen der Tschechen, die Gerichte zu tschechisieren und die Deutschen aus denselben zu verdrängen, nach und schritt rücksichtslos gegen die Deutschen ein, wenn sie in der Presse und Vereinen ihre nationale Sache verteidigen wollten. Im Oktober 1888 des Justizministeriums enthoben, blieb er Minister ohne Portefeuille.

Präzedenz (lat.), Vortritt, Vorrang, frühere Entscheidung; daher Präzedenzstreit, Streit um den Vorzug vor einem andern. Präzedenzien oder Präzedenzfälle (Praecedentia judicia), vorausgegangene Fälle, besonders Urteile und Entscheidungen (Präjudizien), welche nachmals in analogen Fällen berücksichtigt werden.

Präzeptor (lat.), Schulmeister, Sprachlehrer; Hofmeister eines Zöglings; Präzeptorat, Lehramt, Lehrstelle eines Präzeptors.

Präzession (neulat.), das "Vorrücken" der Nachtgleichen, die schon von Hipparch entdeckte langsame Bewegung der beiden Äquinoktialpunkte auf der Ekliptik. Sie erfolgt gegen die Ordnung der Zeichen des Tierkreises in der Richtung von O. nach W. und beträgt ungefähr 50'' jährlich. Genauer findet man ihren Wert aus der Angabe, daß sie im J. 1800 die Größe von 50,2235'' hatte u. jährlich um 0,0002442966'' zunimmt; 1880 betrug sie daher 50,2430''. Die ganze Erscheinung ist eine Folge der Anziehung, welche die Sonne, der Mond und die Planeten auf den abgeplatteten Erdkörper ausüben. Infolge derselben bleibt die Erdachse, während sie immer durch dieselben Punkte der Erdoberfläche geht, ihrer Richtung im Weltraum nicht genau parallel; ihre Verlängerung, die Weltachse, schneidet daher auch das Himmelsgewölbe nicht immer in denselben Punkten oder Weltpolen, vielmehr bewegt sich jeder Weltpol langsam um den ihm benachbarten Pol der Ekliptik in einem Kreis, dessen sphärischer Halbmesser gleich der Schiefe der Ekliptik, also ungefähr 23½°, ist. Doch ist dies nicht genau, weil die Schiefe der Ekliptik selbst etwas veränderlich ist (s. Ekliptik). Auf diesem Kreis rückt der Pol jährlich um 50'' fort, so daß in Zeit von ungefähr 26,000 Jahren der ganze Kreis zurückgelegt wird; man hat diesen Zeitraum ein Platonisches Jahr genannt. Von dieser Bewegung macht aber der Weltpol noch kleine, an eine Periode von 19 Jahren gebundene Abweichungen, die man als Nutation (s. d.) bezeichnet. Durch die P. wird die Länge aller Gestirne jährlich um 50'', also in einem Jahrhundert um 1,395°, vergrößert, u. infolgedessen ändern sich auch Rektaszension und Deklination: es werden im Lauf der Jahrhunderte Fixsterne über dem Horizont eines Ortes sichtbar, die früher nicht aufgingen; andre, die ehedem sichtbar waren, bleiben beständig unter dem Horizont. Immer andre Sterne werden Nord- und Südpol (vgl. Polarstern). Endlich ist die Länge des tropischen Jahrs, d. h. die Zeit, welche die Erde braucht, um vom Frühlingspunkt bis wieder zu demselben zu kommen, kleiner als die Zeit eines vollständigen Umlaufs um die Sonne oder ein siderisches Jahr. Während des letztern, das 365,2563582 mittlere Tage beträgt, legt nämlich die Erde 360° in ihrer Bahn zurück; ihr Weg während des siderischen Jahrs ist aber um 50'' kleiner. Da die P. veränderlich ist, so ist auch die Länge des tropischen Jahrs veränderlich; 1800 betrug dieselbe 365,242204 Tage = 365 Tagen 5 Stund. 48 Min. 46,4 Sek., und jährlich nimmt sie um 0,00595 Sek. ab.

Präzipieren (lat.), vorwegnehmen; verordnen.

Präzipitanz (lat.), das Herabstürzen; Übereilung.

Präzipitat (lat.), Niederschlag; roter P., alter Name für rotes Quecksilberoxyd, welches als Mercurius praecipitatus ruber und Mercurius praecipitatus per se schon den ältern Chemikern bekannt und offizinell war. Weißer P., s. Quecksilberchlorid.

Präzipitation (lat.), s. v. w. Fällung (s. d.).

Präzipitieren (lat.), über Hals und Kopf hinabstürzen; auch transitiv: überstürzen, überhasten; in der Chemie s. v. w. fällen.

Präzipuum (lat., "Vorzug"), bei einer Teilung ein voraus wegzunehmender Teil oder Gegenstand.

Präzis (lat.), genau, scharf bestimmt, pünktlich; daher präzisieren, etwas genau u. scharf bestimmen.

Präzisewechsel, s. v. w. Tagwechsel (s. Wechsel).

Präzision (lat.), Genauigkeit, insbesondere Bestimmtheit und Bündigkeit im Sprechen und Schreiben; auch Genauigkeit im musikalischen Vortrag.

Präzisionssteuerung, s. Dampfmaschine, S. 464.

Präzisionswaffen, Feuerwaffen, deren Konstruktion ein genaues (präzises) Schießen auch auf größere Entfernungen gestattet, also s. v. w. gezogene Handfeuerwaffen und Geschütze.

Preanger Regentschaften, niederländ. Residentschaft auf Java, an der westlichen Südküste, 20,924 qkm (380 QM.) groß mit (1885) 1,622,045 Einw., darunter 1224 Europäer und 3107 Chinesen, ein wohlbewässertes Bergland von malerischer Schönheit, mit äußerst fruchtbaren Thälern, aber auch mehreren thätigen Vulkanen (Gunong Guntur, Gunung Gedéh und Galungung). Die Produkte bestehen aus Kaffee, Reis, Indigo etc. Hauptorte sind Tschandschur, Sitz des Residenten, und Bandong, hoch zwischen Bergen gelegen, mit einem großen fürstlichen Palast.

Prebischthor, s. Sächsische Schweiz.

Preces (lat.), Bitten, Gebet (s. d.); P. publicae, Kirchengebet; P. primariae, s. Jus primarum precum.

Prechtl, Johann Joseph, Ritter von, Technolog, geb. 16. Nov. 1778 zu Bischofsheim a. d. Rhön, studierte in Würzburg Rechtswissenschaft und trat 1802 zu Wien beim Reichshofrat in Thätigkeit, wendete sich aber bald ausschließlich physikalisch-mathematischen und chemischen Studien zu. Er übernahm 1810 in Wien das Lehrfach der Physik und Chemie an der Realschule und ward 1815 Direktor des von ihm organisierten polytechnischen Instituts daselbst, welches er bis 1849 leitete, wo er unter gleichzeitiger Erhebung in den österreichischen Ritterstand in Ruhestand versetzt wurde. Er starb 28. Okt. 1854 in Wien. Unter seinen schriftstellerischen Arbeiten ist vornehmlich die "Technische Encyklopädie" (Stuttg. 1830-1855, 20 Bde.; Supplemente 1857-69, 5 Bde.) zu