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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußen

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Preußen (Kommunalverwaltung).

nungen wirtschaftlichen Inhalts zu begutachten (75 Mitglieder, Sitzungsperiode fünf Jahre). Durch Gesetz vom 1. Juli 1882 wurde der Landeseisenbahnrat und die Bezirkseisenbahnräte zur beirätlichen Mitwirkung der Eisenbahnverwaltung errichtet. Die Aufgabe, den Minister der landwirtschaftlichen Angelegenheiten in der Förderung der Land- und Forstwirtschaft zu unterstützen, hat das Landes-Ökonomiekollegium (16. Jan. 1848 errichtet). Durch Ministerialverfügung vom 24. Juli 1884 sind endlich Gewerbekammern, in der Regel für jeden Regierungsbezirk eine, geschaffen worden. Eine ältere Institution sind die Handelskammern, welche jedoch teilweise durch Gesetz vom 24. Febr. 1870 eine neue Organisation erhalten haben. Von sonstigen Behörden mit beratenden Befugnissen sind noch zu nennen: die Akademie der Wissenschaften und die des Bauwesens, die technische Deputation für Gewerbe und die statistische Zentralkommission.

Selbstverwaltung.

Die Selbstverwaltung beruht in P. auf der Grundlage des Immobiliarbesitzes sowie der Wahl seitens der Eingesessenen. Die Vertretungskörper (Gemeindeversammlungen [Gemeinderäte], Stadtverordnetenversammlungen, Kreistage, Provinziallandtage) beraten und beschließen über die kommunalen Angelegenheiten ihres Verbandes, während als ausführende Organe teils enger begrenzte Vertretungen (Magistrate, Kreisausschüsse, Provinzialausschüsse), teils gewählte, nur in Kreisen (auf Präsentation) ernannte Einzelbeamte (Gemeindevorsteher, Bürgermeister, Landräte, Landesdirektoren) fungieren. Die Kommunalverbände niederer Ordnung bilden die Gemeinden (Stadtgemeinden, Landgemeinden, Gutsbezirke) nach Maßgabe der verschiedenen Gemeindeverfassungsgesetze. Bezüglich der Landgemeinden sind drei Gebiete zu unterscheiden: 1) die sieben östlichen Provinzen mit dem Landgemeindeverfassungsgesetz vom 14. April 1856; 2) die beiden westlichen Provinzen mit einer formell abgeschlossenen Gemeindegesetzgebung, aber zum Teil kümmerlichen Selbstverwaltung: westfälische Landgemeindeordnung vom 19. März 1856 und rheinische Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 und Gesetz vom 15. Mai 1856; 3) die neuen Provinzen nebst Hohenzollern, wo für Schleswig-Holstein die Landgemeindeverhältnisse durch die schleswig-holsteinische Verordnung vom 22. Sept. 1867 (für Lauenburg durch Ges. vom 2. Nov. 1874) nach dem Muster der östlichen Provinzen neu geregelt sind; für Hannover gilt das hannöversche Landgemeindegesetz vom 28. April 1859, welches eine freie und gedeihliche Selbstverwaltung gewährleistet; für Hessen-Nassau besteht (von Frankfurt a. M. abgesehen) eine für Stadt- und Landgemeinden gemeinsame Gesetzgebung: kurhessische Gemeindeordnung vom 23. Okt. 1834, Ges. vom 15. Mai 1863, nassauisches Gemeindegesetz vom 26. Juli 1854 und Ges. vom 26. April 1869, großherzoglich hessische Gemeindeordnung vom 30. Juni 1821 mit den Gesetzen vom 8. Jan. und 2. Juni 1852 und 3. Mai 1858, landgräflich hessische Gesetze vom 9. Okt. 1849 und 6. Dez. 1852, Frankfurter Landgemeindeordnung vom 12. Aug. 1824; für Hohenzollern gelten die Gemeindeordnung von Hohenzollern-Sigmaringen vom 6. Juni 1840 nebst Ges. vom 5. Aug. 1837 und Landgemeindeordnung für Hohenzollern-Hechingen vom 19. Okt. 1835. Die städtische Verfassung ist in den sieben östlichen Provinzen (ohne Neuvorpommern, wo im wesentlichen die ältern Verfassungen durch Ges. vom 31. Mai 1853 bestätigt sind) mit der Städteordnung vom 30. Mai 1853 zu den freiern Grundsätzen der Steinschen Periode zurückgekehrt. Sie beruht auf voller Selbstverwaltung. Sie hat den Städteordnungen für Westfalen vom 19. März 1856 und für die Rheinprovinz vom 15. Mai 1856 zum Muster gedient. Ebenso hat die Städte- und Fleckenordnung für Schleswig-Holstein vom 14. April 1869 und das Gemeindeverfassungsgesetz für Frankfurt a. M. vom 25. März 1867 enge Anlehnung an erstere gefunden, während Hannover seine besondere revidierte Städteordnung vom 24. Juni 1858 und Hohenzollern-Hechingen die Städteordnung vom 15. Jan. 1833 beibehalten hat. In Hessen-Nassau (ohne Frankfurt) dagegen sowie in Hohenzollern-Sigmaringen beziehen die Gemeindeordnungen die Stadtverfassungen mit ein. In Westfalen sind sodann zwischen orts- und kreisgemeindliche Organisation die Ämter, in Rheinland die Bürgermeistereien als kommunale Zwischenglieder eingeschoben.

Für den weitern kommunalen Aufbau (der Kreise und Provinzen) ist zunächst durch die Kreisordnung vom 13. Dez. 1872 für die östlichen Provinzen der Grundstein gelegt, auf welchem die Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 weiterbaut. Die Kreisordnung erfuhr mit dem Gesetz vom 19. März 1881 Abänderungen und eine Neuredaktion, die Provinzialordnung wurde durch das Zuständigkeitsgesetz vom 1. Aug. 1883 abgeändert. In der Provinz Posen aber sind die genannten Gesetze noch nicht durchgeführt, vielmehr steht diese Provinz noch unter der veralteten kreisständischen Verwaltung (Kreisordnung vom 20. Dez. 1828). Dagegen sind die übrigen Provinzen mittels besonderer, provinzielle Eigentümlichkeiten berücksichtigender Gesetze nach und nach in der Weise angeschlossen, daß die Kreis- und die Provinzialordnung gleichzeitig zur Einführung gelangten. Kommunalverbände mittlerer Ordnung mit Korporationsrechten zur Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten bilden die Kreise (in Hohenzollern Oberämter). Die Vertretung des Verbandes und der Kreiseingesessenen erfolgt durch den aus Wahlen hervorgegangenen Kreistag (in Hohenzollern Amtsversammlung) unter dem Vorsitz des Landrats (Oberamtmanns). Als Organe der Kreiskommunalverwaltung wirken der vom Kreistag gewählte Kreisausschuß (in Hohenzollern Amtsausschuß, in Stadtkreisen Stadtausschuß) mit dem Landrat (Oberamtmann) als Vorsitzendem, welcher zugleich die Geschäfte des Verbandes führt. Städte mit 25,000 und mehr Zivileinwohnern können einen eignen Stadtkreis bilden. Kommunalverbände höherer Ordnung bilden die Provinzen und in Hessen-Nassau außerdem noch die Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden auf Grund folgender Gesetze: 1) Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen: Provinzialordnung vom 29. Juni 1875; 2) Hannover: Ges. vom 7. Mai 1884; 3) Hessen-Nassau: Ges. vom 8. Juni 1885 (s. auch 8 und 9); 4) Westfalen: Ges. vom 1. Aug. 1886; 5) Rheinprovinz: Ges. vom 1. Juni 1887; 6) Schleswig-Holstein: Ges. vom 26. Mai 1888; 7) hohenzollerische Lande: hohenzollerische Amts- und Landesordnung vom 2. April 1873; 8) Regierungsbezirk Kassel: Ges. vom 8. Juni 1885; 9) Regierungsbezirk Wiesbaden: Ges. vom 8. Juni 1885. Die Vertretung dieser Verbände und die Beschlußfassung über die Angelegenheiten derselben steht den Provinzial-, bei den unter 7) bis 9) genannten Verbänden den Kommunallandtagen zu, welche sich aus Abgeordneten der Kreise zusammensetzen und ihren Vorsitzenden wählen. Als Selbst-^[folgende Seite]