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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußischblau; Preußischbraun; Preußisch-deutscher Krieg

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Preußischblau - Preußisch-deutscher Krieg.

Preußischblau, s. v. w. Berliner Blau.

Preußischbraun, s. v. w. Berliner Braun.

Preußisch-deutscher Krieg, der 1866 in Deutschland zwischen Österreich und seinen Verbündeten einerseits, Preußen anderseits geführte Krieg um die Hegemonie in Deutschland. Die Ursache des Kriegs war die Nebenbuhlerschaft Österreichs und Preußens in Deutschland seit dem Emporkommen des letztern unter Friedrich d. Gr., welche bisher jeden Versuch einer Einigung Deutschlands vereitelt und schon 1848 einen großen Teil der deutschen Nation zur Überzeugung geführt hatte, daß dieser verderbliche Dualismus der deutschen Großmächte nur durch Ausstoßung der einen, nämlich Österreichs, aus Deutschland beseitigt werden könne. Den nächsten Anlaß zum Krieg bot die schleswig-holsteinische Frage, über welche Österreich und Preußen in einen Konflikt geraten waren, der durch die Gasteiner Konvention vom 14. Aug. 1865 nicht gelöst, sondern nur vertagt war (s. Deutschland, S. 898). Der Notenwechsel beider Mächte über die Verhältnisse der Herzogtümer wurde immer gereizter, die preußenfeindlichen Anträge der Mittelstaaten beim Bund immer entschiedener, und 16. März 1866 gab Österreich in einer Note an die befreundeten deutschen Höfe offen die Absicht kund, die schleswig-holsteinische Sache dem Bund anheimzugeben und die deutschen Streitkräfte gegen Preußen aufzubieten. Dieses schloß hierauf 8. April 1866 die Allianz mit Italien, welche Italien zum Kriege gegen Österreich verpflichtete, wenn derselbe innerhalb dreier Monate ausbrach, dagegen ihm den Besitz Venetiens sicherte, und stellte 9. April beim Bunde den Antrag, eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrecht der ganzen deutschen Nation hervorgehende Versammlung zur Beratung einer Bundesreform zu berufen.

Da in Preußen (s. d., S. 376) der Verfassungskonflikt aufs heftigste entbrannt war und daselbst, besonders in den westlichen Provinzen, Demonstrationen für den Frieden und gegen den deutschen Bruderkrieg stattfanden, so waren Österreich und die mit ihm verbündeten Mittelstaaten des Siegs gewiß und verteilten bereits insgeheim die Beute: Österreich verlangte für sich Schlesien mit Breslau, Sachsen die Lausitz und einen Teil von Niederschlesien, Hannover ein Stück von Westfalen, Württemberg Hohenzollern, Bayern einen Teil der Rheinprovinz. Die beiderseitigen Rüstungen hatten schon im März begonnen, im April wurde über eine Abrüstung verhandelt, welche jedoch an der Weigerung Österreichs, sie auch in Italien vorzunehmen, scheiterte. Am 4. und 8. Mai wurde die Mobilmachung der preußischen Armee befohlen und die Landwehr aufgeboten, in den Mittelstaaten verlangten die Regierungen von den Landtagen Militärkredite und erhielten sie meist bewilligt; 1. Juni übertrug Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit dem Bund, indem es gleichzeitig die von den neutralen Großmächten vorgeschlagenen Friedenskonferenzen dadurch unmöglich machte, daß es gegen jede Gebietserweiterung und jeden Machtzuwachs einer der eingeladenen Mächte von vornherein protestierte. Am 5. Juni berief der österreichische Statthalter v. Gablenz die holsteinischen Stände auf 11. Juni nach Itzehoe zusammen, 7. Juni rückte Manteuffel von Schleswig in Holstein ein, weil der Gasteiner Vertrag dadurch gebrochen und ungültig sei, worauf die Österreicher Holstein räumten, und 11. Juni stellte Österreich beim Bundestag den Antrag, weil Preußen zu unerlaubter Selbsthilfe in Holstein gegriffen, die Bundesarmee mit Ausnahme des preußischen Kontingents mobil zu machen, welcher Antrag 14. Juni mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen wurde. Der preußische Gesandte v. Savigny erklärte hierauf, daß Preußen den bisherigen Bund als aufgelöst betrachte, und legte einen neuen Bundesvertrag vor, der Österreich ausschloß und eine starke Zentralgewalt mit Parlament verlangte. Hiermit war der Krieg erklärt. Am 17. Juni erließ der Kaiser von Österreich, 18. Juni der König von Preußen sein Kriegsmanifest.

Die geographische Lage zwang Preußen, sich vor allem Norddeutschland zu versichern. Es erließ daher 15. Juni an Hannover, Sachsen und Kurhessen ein Ultimatum, in welchem es die dortigen Regierungen zur unbewaffneten Neutralität und zum Beitritt zum neuen Bund aufforderte und dafür ihren Besitzstand und ihre Souveränität nach Maßgabe der neuen Bundesverfassung gewährleistete. Sofort nach Anlehnung des Ultimatums rückten 16. Juni preußische Truppen von allen Seiten in Hannover, Kurhessen und Sachsen ein. Die Könige von Sachsen und Hannover verließen mit ihren Truppen ihre Hauptstädte, der Kurfürst von Hessen wurde gefangen, sein Kontingent entkam nach dem Süden.

Während Österreich gegen Italien den Krieg nur verteidigungsweise zu führen beschloß und bloß 85,000 Mann unter dem Erzherzog Albrecht im Festungsviereck aufstellte, vereinigte es seine Hauptarmee, 247,000 Mann, für den Krieg gegen Preußen; hierzu kamen 140,000 Mann deutsche Hilfstruppen. Davon wurden 270,000 Mann (Österreicher und Sachsen) unter Benedek in Böhmen und Mähren aufgestellt, 120,000 Mann blieben im Westen und Süden Deutschlands. Preußen verfügte über 300,000 Mann. Hiervon wurden 45,000 Mann für den Krieg in Deutschland bestimmt, mit 255,000 Mann beschloß man den Krieg gegen Österreich zu führen. Den Oberbefehl übernahm König Wilhelm I. selbst, Moltke war sein Generalstabschef. Das Zentrum bildete die erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl in der Lausitz, den linken Flügel die zweite Armee unter dem Kronprinzen in Schlesien, den rechten die Elbarmee unter dem General Herwarth v. Bittenfeld in Sachsen. Der Krieg wurde demnach zu gleicher Zeit auf drei Schauplätzen geführt: in Böhmen, in Deutschland und in Italien.

Der Operationsplan des österreichischen Generals Krismanitsch wählte von vornherein die Defensive. Die Nordarmee wurde um Olmütz in Mähren zusammengezogen, um Wien zu decken, und nicht bloß die Verbindung mit den süddeutschen Kontingenten wurde aufgegeben, sondern auch Sachsen geopfert. Erst als man erkannte, daß Preußen nicht bloß in Schlesien, sondern auch in der Lausitz und in Sachsen seine Streitkräfte konzentrierte, wurde die Armee nach Böhmen in Marsch gesetzt, um zwischen der obern Elbe und der Iser Stellung zu nehmen. Diese Gegend, das Plateau von Gitschin, war auch das Ziel der preußischen Armee, welche Ende Juni an drei Stellen die böhmische Grenze überschritt: die Elbarmee bei Schluckenau, die erste bei Reichenberg, die zweite bei Liebau und Nachod. Da Benedek noch in seinem Flankenmarsch von Olmütz auf Josephstadt begriffen war, so wurde keiner dieser Pässe den Preußen streitig gemacht. Der Kronprinz von Sachsen und Clam-Gallas (1. Korps) hatten den Befehl erhalten, nur die Iserlinie zu halten. Clam-Gallas erwartete deshalb bei Münchengrätz die Elbarmee, die 26. Juni bei Hühnerwasser seine Vorhut zurückwarf. In der Nacht zum 27. bemächtigte sich die