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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Quecksilberchlorīd; Quecksilberchlorür; Quecksilbercyanīd; Quecksilberhornerz; Quecksilberjodīd

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Quecksilberchlorid - Quecksilberjodid.

Quecksilberchlorīd (Doppeltchlorquecksilber, Ätzsublimat, Sublimat) HgCl2 ^[HgCl_{2}] entsteht beim Erhitzen von Quecksilber in überschüssigem Chlor, beim Lösen von Quecksilberoxyd in Salzsäure oder von Quecksilber oder Schwefelquecksilber in salpetersäurehaltiger Salzsäure. Es wird dargestellt, indem man Quecksilber mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt und das entstandene schwefelsaure Quecksilberoxyd mit Chlornatrium in Glaskolben oder Thonretorten im Sandbad erhitzt. Es entstehen schwefelsaures Natron und Q., welches als ziemlich feste, weiße, kristallinische Masse sublimiert. Man löst auch Quecksilberoxyd oder basisch schwefelsaures Quecksilberoxyd, welches aus dem neutralen Salz durch Einwirkung von Wasser erhalten wird, in Salzsäure, filtriert und bringt die Lösung zur Kristallisation. Q. bildet farb- und geruchlose Kristalle vom spez. Gew. 5,4, schmeckt scharf metallisch, löst sich in Alkohol und Äther; 100 Teile Wasser lösen bei 0°: 6,57, 20°: 7,39, 50°: 11,34, 80°: 24,3, bei 100°: 54 Teile, es reagiert schwach sauer, wird neutral durch Alkalichloride, verflüchtigt sich zum Teil beim Verdampfen der Lösung, schmilzt bei 260°, sublimiert leichter als das Chlorür, zersetzt sich am Licht unter Ausscheidung von Quecksilberchlorür und wird durch viele Metalle und reduzierende Substanzen ebenfalls zu Chlorür oder Quecksilber reduziert; durch Sauerstoffsäuren wird es nicht zersetzt, aber es löst sich reichlich in Salpetersäure. Auch Salzsäure und Salmiak erhöhen die Löslichkeit. Eiweiß wird durch Q. stark gefällt. Aus einer Lösung von Salmiak und Q. kristallisiert leicht lösliches Ammoniumquecksilberchlorid (Alembrothsalz, Salz der Wissenschaft) (NH4)2HgCl4+2H2O ^[(NH_{4})_{2}HgCl_{4}+2H_{2}O], welches an der Luft verwittert und zum Vergolden dient. Ammoniak fällt aus Q. Merkuriammoniumchlorid (Quecksilberamichlorid) NH2HgCl ^[NH_{2}HgCl], ein farbloses, in Wasser und Alkohol unlösliches Pulver, welches durch Licht zersetzt wird, in Säuren und heißen Lösungen von Ammoniaksalzen löslich ist und durch kochendes Wasser zersetzt wird. Es ist als Hydrargyrum praecipitatum album (weißer Quecksilberpräzipitat) offizinell und wird gegen viele Hautkrankheiten, besonders gegen die durch Pilze veranlaßten, bei Augenkrankheiten, gegen Filzläuse etc., auch in der Technik zur Darstellung von Zinnober benutzt. Q. dient zum Ätzen in Stahl, als Reservage in der Kattundruckerei, in der Hutmacherei, zum Imprägnieren (Kyanisieren) des Holzes, besonders der Eisenbahnschwellen, zur Konservierung tierischer Substanzen, zur Darstellung von Anilinrot und Quecksilberpräparaten etc. Es ist eins der heftigsten Gifte und muß mit größter Vorsicht behandelt werden; örtlich wirkt es reizend und ätzend, erzeugt Magendarmentzündung, große Mattigkeit, Ohnmachten, Benommenheit der Sinnes- und Empfindungswerkzeuge und den Tod unter heftigen Konvulsionen. Man benutzt es gegen Syphilis sowie äußerlich bei Hautausschlägen, chronischen, rheumatischen und gichtischen Leiden. Es wirkt ungemein stark antiseptisch und findet daher in der Chirurgie und zur Desinfektion ausgedehnte Verwendung. Unter dem Namen Seračika verbraucht das serbische und rumänische Landvolk große Mengen Q. zur Bereitung von weißem Präzipitat, welcher als Schönheitsmittel dient, und als Abortivmittel. Q. wurde von Geber entdeckt und war zur Zeit des Basilius Valentinus (15. Jahrh.) schon Handelsartikel. Die Darstellung aus schwefelsaurem Quecksilberoxyd und Chlornatrium wurde von Kunkel angegeben.

Quecksilberchlorür (Einfachchlorquecksilber, Kalomel, versüßtes Quecksilber) Hg2Cl2 ^[Hg_{2}Cl_{2}] findet sich in der Natur als Quecksilberhornerz, entsteht beim Erhitzen von überschüssigem Quecksilber in Chlor, wird aus Quecksilberoxydulsalzen durch Chlornatrium oder Salzsäure, aus Quecksilberchloridlösung durch schweflige Säure, im Sonnenlicht auch durch Oxalsäure gefällt und wird dargestellt, indem man ein inniges Gemisch von Quecksilberchlorid und Quecksilber in einem bedeckten eisernen Kessel erhitzt, bis die graue Mischung weiß geworden ist, dann auf den Kessel die untere Hälfte eines Schwefelsäureballons kittet und stärker erhitzt, bis das Q. vollständig sublimiert ist. Man erhält es als strahlig kristallinische, gleichsam geschmolzene, farblose Masse, welche ein gelbliches Pulver gibt. Treten die Dämpfe des Quecksilberchlorürs zugleich mit Wasserdampf in einen Ballon, so kondensiert sich das Q. als zartes weißes Pulver (Dampfkalomel, englisches Kalomel). Das sublimiert Q. muß sorgfältig zerrieben und, um Spuren von Chlorid zu entfernen, ausgewaschen werden. Q. ist geruch- und geschmacklos, in Wasser, Alkohol und Äther so gut wie unlöslich, spez. Gew. 6,56, verflüchtigt sich, ohne vorher zu schmelzen, zerfällt bei wiederholter Sublimation zum Teil in Chlorid und Quecksilber, scheidet auch am Licht Quecksilber aus und wird ebenso durch kochendes Wasser und kochende Säuren zersetzt; Alkalien, alkalische Erden und die Lösungen der Kohlensäuresalze schwärzen es unter Abscheidung von Quecksilberoxydul, mit manchen Chloriden bildet es lösliche oder unlösliche Doppelverbindungen. Q. dient als Arzneimittel bei vielen akut entzündlichen Affektionen, bei Wassersucht, Milz-, Leber-, Lungenleiden, als abführendes Mittel, bei Brechdurchfall, Abdominaltyphus, Syphilis, äußerlich bei Hornhautflecken, chronischen Geschwüren, breiten Kondylomen etc.; bei mehrtägigem Gebrauch entsteht leicht Speichelfluß. In der Porzellanmalerei benutzt man es zum Vermischen mit Gold, um dieses möglichst dünn auftragen zu können; auch hat man mit Q. überzogenes oder imprägniertes Papier (Kalomelpapier) hergestellt, auf welchem eine Mischung von Gummilösung mit unterschwefligsaurem Natron und Alaun unzerstörbare schwarze Schriftzüge hervorbringt. Mit chlorsaurem Baryt, Schellack und Schwefel gibt es eine dunkelgrün brennende bengalische Flamme.

Quecksilbercyanīd (Cyanquecksilber) Hg(CN)2 ^[Hg(CN)_{2}] entsteht beim Lösen von Quecksilberoxyd in Cyanwasserstoffsäure, beim Kochen von Quecksilberoxyd mit Berliner Blau oder von schwefelsaure Quecksilberoxyd mit gelbem Blutlaugensalz. Es bildet farblose Kristalle, schmeckt bitter metallisch, ist löslich in Wasser und Alkohol und zerfällt beim Erhitzen in Quecksilber und Cyan. Es wird durch Sauerstoffsäuren nicht oder schwer zersetzt, widersteht auch den Alkalien, gibt aber mit Salzsäure und Schwefelwasserstoff Cyanwasserstoffsäure. Das Salz ist höchst giftig.

Quecksilberhornerz (Chlormerkurspat, Kalomel), Mineral aus der Ordnung der einfachen Haloidsalze, kristallisiert tetragonal, findet sich in sehr kleinen, kurz säulenförmigen Kristallen, ist grau oder gelblichweiß, diamantglänzend, Härte 1-2, spez. Gew. 6,4 bis 6,5, besteht aus Quecksilberchlorür Hg2Cl2 ^[Hg_{2}Cl_{2}] und findet sich mit andern Quecksilbererzen bei Moschellandsberg, Idria, Almaden, Mexiko.

Quecksilberjodīd (Zweifach-Jodquecksilber, rotes Jodquecksilber, Jodzinnober, Jodinrot) HgJ2 ^[HgJ_{2}] entsteht beim Verreiben von Quecksilber mit der erforderlichen Menge Jod, am besten beim