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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ragusa; Ragwurz; Rahab; Rahbek; Rahden

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Ragusa - Rahden.

eine Seehandelsgesellschaft, Sparkasse und Pfandleihanstalt und (1880) 7245 Einw. Der früher bedeutende Handel Ragusas beschränkt sich neuerdings auf den Transitverkehr mit der Herzegowina, zu welchem Zweck dreimal wöchentlich vor der Stadt in türkischer Weise Bazar stattfindet. Im Hafen sind 1886: 337 beladene Schiffe mit 174,820 Ton. eingelaufen. Zum Gemeindegebiet von R. gehört auch der auf der nördlichen Seite der Halbinsel gelegene Hafenort Gravosa (s. d.), der eigentliche Hafen von R. Südöstlich von R. liegt gleichfalls an der Seeküste der Marktflecken R. Vecchia mit Bezirksgericht, Franziskanerkloster, Hafen, Landhäusern der Ragusaner und (1880) 675 Einw. Die südlich von R. gelegene Insel Lacroma mit ehemaligem Kloster kam 1862 in den Besitz des Erzherzogs Maximilian (spätern Kaisers von Mexiko) und ward von demselben mit schönen Parkanlagen versehen; sie ist jetzt Eigentum des Kronprinzen Rudolf. Zu den landschaftlich schönen Punkten der Umgebung von R. gehört ferner das Thal der Ombla. - 589 v. Chr. gründete hier eine aus dem Peloponnes gekommene Kolonie die Stadt Epidauros (R. Vecchia), die 164 v. Chr. römische Kolonie (Colonia Martia) ward. Im 7. Jahrh. ward Epidauros, vermutlich von den Slawen, zerstört. Flüchtlinge aus der Stadt erbauten nördlich davon das heutige R. (Rhausium). Durch einträglichen Handel sah sich die Stadt bald in den Stand gesetzt, ihr Gebiet zu erweitern und durch kluge Schaukelpolitik ("le sette bandiere di R.") ihr kleines Territorium unabhängig zu erhalten. Nachdem R. seit dem 12. Jahrh. abwechselnd Venedig, den Byzantinern, Ungarn, Serbien und Bosnien zinsbar gewesen, begab es sich 1526 unter die Schirmherrschaft der Pforte und zahlte an dieselbe bis 1718 einen Tribut, zuletzt von 12,500 Dukaten. Dafür aber genossen die Ragusaner große Handelsfreiheiten im türkischen Reich. Infolge des Friedensschlusses von Preßburg (26. Dez. 1805) rückten französische Truppen in Dalmatien ein, und 27. Mai 1806 besetzte General Lauriston Stadt und Festung R. Seit 17. Juni von den Russen zu Land und zu Wasser eingeschlossen und bombardiert, wurde R. 6. Juli von dem französischen General Molitor entsetzt. Durch Dekret vom 31. Jan. 1808 wurde hierauf die Republik aufgehoben und 31. Okt. 1809 R. samt Dalmatien dem neuen Königreich Illyrien einverleibt. Militärgouverneur ward der Marschall Marmont, der den Titel eines Herzogs von R. erhielt. Am 29. Jan. 1814 besetzten es die Österreicher, denen es sodann im Frieden von Paris bleibend zufiel. Es bildet seitdem einen Bezirk des Königreichs Dalmatien. Das Erzbistum R. wurde 980 gestiftet. In den Jahren 1548 und 1562 wurde die Stadt von der Pest, 1667, 1843 und 14. April 1850 von Erdbeben heimgesucht. Vgl. Engel, Geschichte des Freistaats R. (Wien 1807). - 2) Stadt in der ital. Provinz Syrakus (Sizilien), Kreis Modica, auf einer Anhöhe über dem südlich ins Mittelmeer fließenden Fluß R. gelegen, hat mehrere Kirchen, ein schönes Theater, Weinbau, Viehzucht, Butter- und Käsebereitung, Baumwollspinnerei und -Weberei und zerfällt in zwei Gemeinden: R. (die obere Stadt) mit (1881) 24,183 und R. Inferiore mit 6260 Einw. In der Nähe alte Gräberbauten und die Grotta Oleosa, deren öldurchtränktes Gestein feste Platten (Pietra nera) für die Ausfuhr liefert. R. ist eine alte Stadt, angeblich das antike Hybla Heräa.

Ragusa, Herzog von, s. Marmont.

Ragwurz, Pflanzengattung, s. Orchis.

Rahab, biblischer Name für Ägypten.

Rahbek, Knut Lyne, dän. Dichter und Schriftsteller, geb. 18. Dez. 1760 zu Kopenhagen, vollendete seine Bildung auf der dortigen Universität, war schon als Student schriftstellerisch thätig, machte 1782 eine Reise nach Deutschland und Paris und begann nach seiner Rückkehr mit Pram 1785 die Monatsschrift "Minerva", welche auf die dänische Litteratur großen Einfluß geübt hat. Nach einer zweiten Reise nach Deutschland wurde er 1790 zum Professor der Ästhetik ernannt, gründete 1791 das nicht minder erfolgreiche Wochenblatt "Den danske Tilskuer", das in scherzhafter Form Politik, Sitten, Litteratur und Tagesneuigkeiten behandelte, legte 1794 seine Professur nieder und wurde Lehrer der Geschichte an einem Privatinstitut. Seit 1805 Vorstand der auf seine Anregung zu Kopenhagen gegründeten Theaterschule, vertauschte er 1816 diese Stellung gegen sein früheres Amt als Professor der Ästhetik, übernahm später auch den Lehrstuhl der dänischen Sprache und Litteratur und starb 22. April 1830. Von seinen poetischen Arbeiten fanden die lyrischen Gedichte ("Samlede Digte", 1794-1802, 2 Bde.) und seine nach Inhalt und Form vortrefflichen Erzählungen ("Samlede Fortällinger", 1804-14, 4 Bde., und "Nordiske Fortällinger", 1819-21, 2 Bde.) allgemeinen Beifall; weniger gelungen sind seine Dramen ("Samlede Skuespil", 1809-13). Von seinen übrigen meist ästhetischen Schriften erwähnen wir: "Bidrag til den danske Digtekunsts Historie" (mit Nyerup, 1800-1808, 4 Bde.), fortgesetzt in "Udsigt over dansk Digtekunst under Kong Frederik V." (1819) und "Udsigt over dansk Digtekunst under Christian VII." (1828); "Om Skuerspillerkunsten" (1809); "Om Holberg som Lystspildigter" (1815-17, 3 Bde., eine sehr verdienstvolle Arbeit) und seine anziehende Selbstbiographie ("Erindringer af mit Liv", 1824 bis 1829, 5 Bde.). Auch hat er die Werke von Holberg, Samsöe, P. A. Heiberg, Thaarup, Pram u. a. sowie eine Menge Übersetzungen herausgegeben. - Rahbeks Gattin Kamma (gest. 1829) war die Schwester der Frau Öhlenschlägers, eine liebenswürdige und geistvolle Dame, welche ein ganzes Menschenalter hindurch in ihrer Wohnung, dem sogen. Bakkehus (Hügelhaus) in der Nähe Kopenhagens, fast alles zu versammeln wußte, was Dänemark damals an Intelligenz und Genialität besaß.

Rahden, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Minden, Kreis Lübbecke, hat eine evang. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, Zigarrenfabrikation, Wollspinnerei und (1885) 993 meist evang. Einwohner.

Rahden, Wilhelm, Baron von, Militär und Schriftsteller, geb. 10. Aug. 1793 auf dem väterlichen Landgut bei Breslau, trat 1809 in den preußischen Militärdienst, nahm als Leutnant an den Feldzügen von 1813 bis 1815 teil und wurde bei Lützen, Bautzen, Leipzig und Belle-Alliance verwundet. Im Herbst 1829 nahm er als Hauptmann seinen Abschied und begab sich nach Petersburg, wo er die Stelle eines Kapitäns im kaiserlichen Generalstab erhielt, kehrte aber schon im August 1830 nach Preußen zurück. 1832 trat er als Kanonier in die Reihen der Verteidigt der Citadelle von Antwerpen ein und wurde hier schwer verwundet. Darauf ging er über Frankreich nach Spanien, um als Freiwilliger in den Reihen der Karlisten zu fechten. Zum Artillerieobersten ernannt, nahm er 1837 an allen Schlachten der sogen. königlichen Expedition teil, leitete als Kommandant des Geniekorps im Winter von 1837-38 die Hafenbefestigungen an der kantabrischen Küste, kam dann als Oberst in den Generalstab Marotos und wohnte als