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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rambouillet; Rambouilletschaf; Ramboux; Rambutan; Ramé; Rameau; Ramée

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Rambouillet, Hôtel de - Ramée.

R. (12,818 Hektar groß), von dem ein Teil Tiergarten und Park ist, hat ein historisch interessantes Schloß, in welchem Franz I. 1547 starb, die Könige Ludwig XIV., Ludwig XV. und Ludwig XVI. oft Hof hielten und Karl X. 1830 dem Thron entsagte, eine von Ludwig XVI. angelegte berühmte Merinoschäferei, eine Bibliothek, Fabrikation von Uhrenbestandteilen, Handel mit Getreide, Mehl, Holz, Wolle, Vieh und (1886) 3958 Einw.

Rambouillet, Hôtel de (spr. rangbujä), Name einer Pariser litterarischen Gesellschaft, die, nach ihrem Versammlungsort, dem Palast des Marquis de Rambouillet (in der Rue St.-Thomas du Louvre), benannt, 1635-65 in Frankreich tonangebend war (vgl. Französische Litteratur, S. 598). So unzweifelhafte Verdienste sich dieselbe um die Verfeinerung der gesellschaftlichen Sitten wie der französischen Sprache erworben hat, so verfiel sie doch bald durch übertriebene, süßliche Geziertheit in beiderlei Richtung der Lächerlichkeit. Die Benennung "Précieuses", welche die weiblichen Mitglieder der Gesellschaft sich selbst als Ehrentitel beigelegt hatten, um sich damit als "feine, geistreiche Damen" zu bezeichnen, wurde zum Spottnamen, vollends als Molière in seinen "Précieuses ridicules" (1659) und seinen "Femmes savantes" (1672) dem Zirkel des R. tödliche Streiche versetzte. Vgl. Röderer, Histoire de la société polie en France (Par. 1834); Livet, Précieux et Précieuses (das. 1859); Brunetière, Nouvelles études critiques (2. Aufl., das. 1886).

Rambouilletschaf, s. Schaf.

Ramboux (spr. rangbu), Johann Anton, Zeichner und Maler, geb. 1790 zu Trier, kam 1807 nach Paris, ging 1815 nach München und 1817 nach Rom, wo er sich an Cornelius und Overbeck anschloß, bis er 1827 nach Trier zurückkehrte. 1829 begab er sich wieder nach Italien, wurde 1843 Konservator des städtischen Museums in Köln und starb 2. Okt. 1866 daselbst. R. war als Künstler wenig hervorragend, leistete aber Ausgezeichnetes in Aquarellkopien alter Meisterwerke. 248 dieser Blätter nach italienischen Meistern von der byzantinischen Epoche bis zu Michelangelo wurden 1841 für die Düsseldorfer Akademie angekauft. Andre Kopien sowie eine Sammlung von Skizzen und Umrissen, die er 1854 von einer Reise nach Jerusalem mitgebracht, hat R. lithographieren lassen.

Rambutan, s. Nephelium.

Ramé, s. Chinagras.

Rameau (franz., spr. -moh), Zweig.

Rameau (spr. -moh), Jean Philippe, Komponist und Theoretiker, geb. 25. Sept. 1683 zu Dijon, bildete sich unter Leitung Marchands in Paris zum Organisten aus, wirkte zeitweilig als solcher in Lille und Clermont und ließ sich 1721 in Paris nieder, wo er sich zunächst durch sein 1722 veröffentlichtes Harmoniesystem ("Traité d'harmonie") einen Ruf als Theoretiker erwarb. In den folgenden Jahren bewährte er sich durch zahlreiche Klavier- und Orgelkompositionen auch als schaffender Künstler; das Gebiet aber, auf welchem er den höchsten Ruhm ernten sollte, das der dramatischen Komposition, betrat er erst als ein Fünfziger mit seiner 1732 aufgeführten Oper "Hippolyte et Aricie". Das Erscheinen dieses Werkes bildet insofern eine Epoche in der Geschichte der französischen Großen Oper, als es das erste war, welches den bis dahin das Repertoire allein beherrschenden Opern Lullys (s. d.) ebenbürtig gegenübertreten konnte. In der Folge schrieb R. noch 22 Werke für die Große Oper, von denen "Castor et Pollux" (1737) das bedeutendste ist. Gleichzeitig war er unermüdlich mit theoretischen Arbeiten beschäftigt und bestrebt, seinen Prinzipien, welche später die Grundlage der Harmonielehre bilden sollten und es noch bis zur Gegenwart geblieben sind, Geltung zu verschaffen (vgl. Musik, S. 925). Vom König in den Adelstand erhoben und zum Kabinettskomponisten ernannt, starb R. 12. Sept. 1764 in Paris. 1876 wurde ihm in seiner Geburtsstadt ein Denkmal errichtet. Vgl. A. Pougin, R., essai sur sa vie et ses œuvres (Par. 1876).

Ramée, 1) Pierre de la (lat. Petrus Ramus), franz. Humanist und Mathematiker, geb. 1515 zu Cuth, einem Dorf bei Soissons, fand 1527 als Diener eines reichen Schülers in Paris Zugang zu den wissenschaftlichen Studien, dann auch Aufnahme in das Kollegium von Navarra daselbst. Durch seine Bekämpfung der damals herrschenden Aristotelisch-scholastischen Philosophie, besonders durch die "Institutionum dialecticarum libri III" (Par. 1543) und die "Animadversionum in dialecticam Aristotelis libri XX" (das. 1543, später umgearbeitet zu "Scholae dialecticae"), erregte er einen förmlichen Sturm an der Universität. Trotz einer Verurteilung dieser Schriften durch eine besondere Kommission des Königs erhielt er 1545 die Leitung des kleinen Collège de Presles und 1551 auch den Lehrstuhl für Beredsamkeit und Philosophie am Collège royal. Durch seine Reformvorschläge in den "Avertissements sur la réformation de l'université de Paris au roi" (1561) schuf er sich neue Gegner. Als offener Calvinist mehrfach zur Flucht genötigt und seines Amtes entsetzt (seit 1561), durchwanderte er besonders Deutschland und die Schweiz. 1571 nach Paris zurückgekehrt, ward er ein Opfer der Bartholomäusnacht (24. Aug. 1572). R. hat nicht bloß auf dem Gebiet der Philosophie, sondern in fast allen Disziplinen durch seine Richtung auf Vereinfachung der Methode reformierend gewirkt. Seine Lehrbücher beherrschten auf lange Zeit hinaus das gelehrte Studium. Wir nennen seine lateinische (Par. 1559), griechische (1560), französische Grammatik (1562); zur Rhetorik: "Brutinae quaestiones in Oratorem Ciceronis" (1547), "Rhetoricae distinctiones" (1549), "Ciceronianus" (1557), "Praelectiones in Aud. Talaei Rhetoricam" (1567) und zahlreiche Erläuterungsschriften zu Ciceros Reden; zur Dialektik noch "Dialecticae libri II" (1556), zur Physik "Scholae physicae" (1557), insbesondere wurde er durch seine Mathematik (1555), Geometrie (1569) und "Scholae mathematicae" (1569) der Schöpfer der neuern Mathematik. Seine Anhänger (Ramisten) erstrecken sich über alle kultivierten Länder. Vgl. Waddington, Pierre de la R. (Par. 1855); Desmaze, P. Ramus (das. 1864); Lobstein, Petrus Ramus als Theolog (Straßb. 1878).

2) Louisa de la, engl. Schriftstellerin, geb. 1840 zu Bury St. Edmunds, väterlicherseits von französischer Herkunft, kam früh, nach des Vaters Tod, mit ihrer Mutter nach London und lebt gegenwärtig in glänzenden Verhältnissen in einer Villa bei Florenz. Sie begann für Zeitschriften zu schreiben und veröffentlichte, noch minderjährig, unter dem seither beibehaltenen Pseudonym Ouida (das sie als die kindlich-falsche Aussprache ihres Taufnamens erklärt) ihren ersten Roman: "Granville de Vigne" (im "New Monthly Magazine"), der zwei Jahre später unter dem Titel: "Held in bondage" (1863) in Buchform erschien. Die Romane dieser begabten Verfasserin besitzen durch ein eigentümliches Gemisch von Phan-^[folgende Seite]