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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Raubbau - Raubtiere.

des gestohlenen Guts zu erhalten. Das deutsche Strafgesetzbuch ahndet das Verbrechen des Raubes, dessen Versuch ebenfalls strafbar ist, mit Zuchthaus von 1 bis 15 Jahren und, wenn mildernde Umstände vorhanden, mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Das österreichische Strafgesetzbuch setzt schon auf eine räuberische Drohung fünf- bis zehnjährigen schweren Kerker. Als schwerer R. wird es nach dem deutschen Strafgesetzbuch, und zwar mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren, bestraft, wenn der Räuber bewaffnet war; wenn der R. von mehreren ausgeführt wurde, welche sich zur fortgesetzten Begehung von R. oder Diebstahl verbunden hatten; wenn der R. auf einem öffentlichen Weg, einer Straße, einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platz, auf offener See (Seeraub) oder auf einer Wasserstraße begangen (Straßenraub); wenn der R. zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude verübt wurde, in welches sich der Räuber eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft, oder in welchem er sich verborgen hatte; endlich auch dann, wenn der Räuber bereits einmal wegen Raubes bestraft und nun wieder rückfällig geworden ist. Als schwerster Fall des Raubes wird es endlich bezeichnet, wenn dabei ein Mensch gemartert, oder wenn durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körperverletzung oder der Tod desselben verursacht worden ist. Hier soll Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder selbst auf Lebenszeit eintreten. Über den Unterschied zwischen R. und Erpressung s. Erpressung. Verschieden vom eigentlichen R. ist der sogen. Menschenraub (s. d.). Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 249 ff.; Österreichisches Strafgesetzbuch, § 190 ff.; Villnow, R. und Erpressung (Bresl. 1875).

Raubbau, derjenige Bergbaubetrieb, bei welchem nur die reichsten, momentan am meisten Gewinn bringenden Erze herausgehauen werden und minder reiche stehen bleiben, die, demnächst für sich gewonnen und verarbeitet, keinen oder nur wenig Gewinn abwerfen würden. Ein solcher Bau ist, als das Nationalgut schädigend, gesetzlich strafbar und kann sogar die Entziehung des Bergwerkseigentums herbeiführen. In der Landwirtschaft versteht man unter R. einen Betrieb, welcher die dem Boden entzogenen wertvollen Mineralbestandteile (besonders Kali und Phosphorsäure) nicht oder nicht genügend durch Düngung ersetzt. Der R. kann für einige Zeit rentabel sein, auf die Dauer aber erschöpft er den Boden und mindert dessen nachhaltige Fruchtbarkeit. Auf diese Verhältnisse hat zuerst Liebig in überzeugender Weise hingewiesen.

Räuber, in der Botanik, s. Wasserreiser.

Räuberessig, s. Essige, aromatische.

Räuberromane, eine Abart des deutschen Romans, die, durch Schillers Drama "Die Räuber" hervorgerufen, gegen Ende des 18. Jahrh. aufkam und sich mehrere Jahrzehnte hindurch in der Gunst des großen Publikums behauptete. Die Reihe dieser sehr zahlreichen Romane eröffnete Zschokkes "Abällino, der große Bandit" (1794); am bekanntesten wurde "Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann" (1794) von Vulpius. Vgl. Appell, Die Ritter-, Räuber- und Schauerromantik (Leipz. 1859).

Räubersynode, die im August 449 zu Ephesos gehaltene Kirchenversammlung, auf welcher der Patriarch von Alexandria, Dioskuros, mit Hilfe von Soldaten und Mönchen die Rechtfertigung des Eutyches durchsetzte. Vgl. Hoffmann, Verhandlungen der Kirchenversammlung zu Ephesos (Kiel 1873).

Raubfliegen (Asilina Gerst.), Familie der Fliegen, meist schlank gebaute Insekten mit dreigliederigen Fühlern, unpaarem, sehr starkem, dolchförmigem Stechorgan, messerförmigem Unterkiefer, meist horniger, scharf zugespitzter Unterlippe, getrennt stehenden Augen und kräftigen Beinen, mit zwei Haftlappen zwischen den Klauen. Sie lauern an sonnigen Orten auf andre Insekten, schießen in kurzem, schnellem Flug auf dieselben los und durchbohren sie mit ihrem Rüssel, um sie auszusaugen. Ihre Larven sind lang gestreckt, niedergedrückt und leben in der Erde in Wurzeln oder in totem Holz; die Puppen haben Haken an den Hinterleibssegmenten und zwei Hornspitzen am Kopf. Man kennt etwa 400-500 Arten.

Raubkäfer, s. v. w. Laufkäfer (s. d.).

Raubkriege, die Kriege, welche Ludwig XIV. von Frankreich 1667-68, 1672-78 und 1688-97 gegen Spanien, die Niederlande und Deutschland zu deren Beraubung und zur Erweiterung der französischen Grenze führte.

Raubmord, s. Mord.

Raubtiere (Carnivora, hierzu Tafel "Raubtiere I-III"), Ordnung der Säugetiere, meist groß und kräftig gebaute und zum Teil äußerst schmiegsame und gewandte Tiere. Ihr sehr charakteristisches Gebiß, das sogen. Raubtiergebiß, besitzt 6 Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer und zu deren Seiten je einen stark vorspringenden, langen, konischen, spitzen Eckzahn, sodann eine Anzahl von Backenzähnen. Von letztern sind die vordern Lückenzähne, d. h. dem Zahn in dem einen Kiefer entspricht eine Lücke in dem andern; darauf folgt ein scharfer und großer Reißzahn, und dann erst kommen die zum Kauen dienenden stumpfhöckerigen Mahlzähne. Je blutgieriger das Raubtier ist, um so kräftiger wird der Reißzahn, um so mehr treten die Mahlzähne zurück; dagegen sind diese bei den auch von Pflanzenkost lebenden Arten besser ausgebildet. Die Schlüsselbeine sind verkümmert oder fehlen gänzlich; die Gliedmaßen enden mit 4 oder 5 frei beweglichen Zehen, welche mit starken, schneidenden, bisweilen zurückziehbaren Krallen bewaffnet sind. Einige (Bären) berühren den Boden mit der ganzen Sohle des Fußes, andre (Zibetkatze) nur mit dem vordern Teil der Sohle, während die behendesten R. (Katzen) Zehengänger sind. Die Sinne sind meist vortrefflich entwickelt, die Augen groß, Geruch und Gehör ausnehmend scharf, die weichen Lippen mit größern Tastborsten ausgestattet. Der Magen ist einfach, der Darm, wie bei allen Fleischfressern, kurz. Eigentümlich sind die vielen Viverren und hundeartigen Raubtieren zukommenden After- oder Schwanzdrüsen, welche einen häufig scharf und höchst unangenehm riechenden Saft absondern. Die R. leben meist in Monogamie; die Weibchen bringen nur wenige hilflose Junge zur Welt, die sie lange Zeit an ihren Bauchzitzen aufsäugen. - Die jetzt über die ganze Erde verbreitete (in Australien vielleicht erst später eingewanderte) Ordnung, welche in den wärmern und heißern Zonen die Höhe ihrer Entwickelung erreicht, tritt bereits in den eocänen und miocänen Tertiärbildungen in charakteristischen Formen auf. Die ältesten Arten waren nur von mittlerer Größe, auch weist ihr Gebiß noch auf gemischte Kost hin, wie denn auch ihre Krallen noch nicht scharfe, schneidende Ränder hatten. Das älteste in Europa gefundene Raubtier, Hyaenodon, und die gleichalterigen amerikanischen Gattungen Mesonyx und Synoplotherium gehören hierher; auch gab es damals schon katzenartige Tiere, z. B. Limnofelis, von der Größe eines Löwen, doch sind alle völlig ausgestorben. In jüngern Schichten finden sich dann Übergangsformen