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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Reallexikon - Realschule.

licher Natur, während das Recht auf die jeweilig fällige einzelne Leistung ein persönlicher Anspruch, ein Forderungsrecht ist. Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts: Duncker, Die Lehre von den R. (Marb. 1837).

Reallexikon (lat.), s. v. w. Sachwörterbuch; s. Wörterbuch und Encyklopädie.

Reallieferungsgeschäft, im Gegensatz zum Differenzgeschäft ein Geschäft, das auf wirkliche Lieferung abzielt.

Réalmont (spr. -móng), Stadt im franz. Departement Tarn, Arrondissement Albi, unweit des Dadou, hat eine katholische und eine protest. Kirche, Silber- und Kohlengruben, Wollindustrie u. (1881) 2532 Einw.

Realpolitik, s. Politik.

Realprogymnasium, s. Realschule.

Realrecht, s. v. w. dingliches Recht.

Realsche Presse, s. Auslaugen.

Realschule (Realgymnasium, höhere Bürgerschule), Unterrichtsanstalt der mittlern Stufe, dem Gymnasium oder Progymnasium nach der Alters- und Bildungsstufe der Schüler parallel, aber unterschieden durch den Lehrplan, insofern die Realanstalten nicht die Einführung in die griechische und römische Sprache und Litteratur, sondern die Beschäftigung mit den unmittelbar für das geistige Leben der Gegenwart maßgebenden Grundwissenschaften (Mathematik, Naturwissenschaft, lebende Sprachen) in den Vordergrund stellen. Die R. ist eine jüngere Schwester des schon dem Mittelalter entstammenden und wesentlich durch die Humanisten des 16. Jahrh. ausgebildeten Gymnasiums. Der lateinischen Buchgelehrsamkeit der Humanisten gegenüber forderten seit dem Ende des 16. Jahrh. Männer wie Rabelais, Namus, Montaigne, Bacon, Ratich, Comenius, Schuppius, Locke, Leibniz u. a. beim Unterricht der Jugend eine sorgfältige Berücksichtigung der wirklichen gegenwärtigen Welt (Realien) und des in ihr demnächst auszuübenden Berufs. Diese Forderung begründete den Gegensatz der pädagogischen Realisten gegen die Humanisten oder, wie diese von jenen gern genannt wurden, Verbalisten. Der Aufschwung der Mathematik und der Naturforschung, welche eben begannen, die von den Alten erreichte Stufe der Ausbildung kräftig zu überschreiten, gab den Realisten Nachdruck. Unter lebhaftem Widerspruch der gelehrten Zunft bequemten sich einzelne höhere Lehranstalten entweder für alle Schüler oder für einen Teil derselben (Adel, Kaufmannsstand u. a.) ihren Forderungen und stellten unter Beschränkung der alten Sprachen, namentlich des Griechischen und des Lateinsprechens, den Unterricht in den realen oder sogen. galanten (modernen) Wissenschaften mehr in den Vordergrund. Derart waren besonders die aus dem Kreis der sogen. Pietisten auf Anregung A. H. Franckes (s. d.) hervorgehenden Lehranstalten. In diesem Kreis fand man sich auch zuerst bewogen, neben den ältern Gymnasien ganz neue Anstalten für die Zwecke der Realbildung zu errichten. Die erste derartige Anstalt, welche auch den Namen R. trug, war, soweit bekannt ist, die von Christoph Semler in Halle 1706 gegründete. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Semler und Francke ist nicht nachgewiesen, wohl aber jenes Abhängigkeit von dem Jenenser Mathematiker und pädagogischen Neuerer Erhard Weigel. Mehr Erfolg als dieser Versuch hatte die 1747 von Joh. Jul. Hecker in Berlin gestiftete R., und gleichzeitig taucht der Gedanke der Einrichtung besonderer Nebenklassen an den gelehrten Schulen "für die, so unlateinisch und ungriechisch bleiben wollen", mehrfach auf. Günstiger den Realschulen als den Gymnasien und Lateinschulen des alten Stils war die philanthropisch-pädagogische Strömung, die im letzten Drittel des Jahrhunderts im Anschluß an Rousseaus "Emil", in Deutschland namentlich durch Basedow, Oberwasser erhielt. Des Kopenhagener Predigers Fr. Gabr. Resewitz Schrift über "Die Erziehung des Bürgers" (1773) weckte hundertfachen Widerhall und führte ihren Verfasser als Abt von Klosterberge an die Spitze einer der berühmtesten damaligen höhern Lehranstalten Deutschlands, wo er aber nur dürftige praktische Erfolge erzielte. Überhaupt ging wenig Haltbares unmittelbar aus den pomphaft angekündigten Neuerungen hervor. Meist suchte man das Alte mit dem Neuen an denselben Anstalten zu vereinigen. Nur in einzelnen großen Städten waren neben den Gymnasien voll ausgestattete Realschulen zu ermöglichen. Die meisten Gymnasien erhielten sogen. Bürgerklassen oder Realabteilungen, in welchen gegen Wegfall des Unterrichts im Griechischen und Beschränkung des Lateinischen Naturkunde, Mathematik, neuere Sprachen eine ausgedehntere Pflege fanden. Der erste namhafte Versuch, in die bunte Mannigfaltigkeit einheitliche Gliederung zu bringen, war die "Vorläufige Instruktion über die an den höhern Bürger- und Realschulen anzuordnenden Entlassungsprüfungen vom 8. März 1832", welche vom Geheimrat Kortüm ausgearbeitet war und vom preußischen Unterrichtsministerium erlassen wurde. Die Vorschriften dieser Instruktive verallgemeinern im wesentlichen nur das, was unter der umsichtigen Leitung des Direktors A. G. Spilleke an der Berliner königlichen Realschule seit 1822 praktisch geworden war. Nur wurde gegen Spillekes ursprünglichen Plan das Latein obligatorisch für die berechtigten Anstalten. Neuen Aufschwung erhielt das Realschulwesen durch die besonders vom Bürgerstand ausgehenden freiheitliche Bewegungen der 40er Jahre und durch den gleichzeitig wachsenden Einfluß der Naturforschung auf das gewerbliche Leben. Auch arbeiteten in jener Zeit begabte und begeisterte Vertreter der R., wie Klumpp, Mager, Langbein u. a., für deren Anerkennung und Vervollkommnung mit großem Glück. In Österreich erfolgte 1851 eine gesetzliche Regelung des Realschulwesens, nach welcher Ober- und Unterrealschulen unterschieden werden. Dort, wie in Bayern, wo statt der Real- meist Spezialschulen für Landwirtschaft, Gewerbe etc. bestehen, wird das Hauptgewicht auf technische Vorbildung (Zeichnen etc.) und Naturkunde (Chemie) gelegt; die sprachliche Bildung tritt mehr zurück. In andrer Weise wurde die vielverhandelte Frage in Preußen zum vorläufigen Abschluß gebracht durch die "Unterrichts- und Prüfungsordnung der Realschulen und höhern Bürgerschulen vom 6. Okt. 1859". Diese Ordnung unterschied Realschulen erster, Realschulen zweiter Ordnung und Bürgerschulen. Die Realschulen erster Ordnung standen in Bezug auf Zahl der Klassen, Dauer des Besuchs (in den drei untern Klassen je ein Jahr, in den drei obern je zwei), wissenschaftliche Vorbildung der Lehrkräfte etc. ganz den Gymnasien gleich. Von den alten Sprachen war die lateinische als pflichtmäßiges Unterrichtsfach beibehalten. Die Realschulen zweiter Ordnung hatten keinen so bestimmt vorgezeichneten Lehrplan, sondern konnten sich hierin wie in der Zahl und Auswahl der Lehrkräfte freier den örtlichen Verhältnissen anschließen. Sie durften, wenn sie auf die entsprechenden Berechtigungen verzichteten, das Latein ausschließen oder in die Wahl der Schüler stellen und die Besuchsdauer sämtlicher Klassen auf