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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Reck; Recke; Recke-Volmerstein; Reckheim; Recklinghausen

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Reck - Recklinghausen.

schlechtweg Secco sich daneben bis in unsre Zeit hielt. Den Übergang vom R. zu der zuerst in der Kirche und Kammer ausgebildeten Arie bildet das Arioso. Das moderne R., besonders wie es Wagner schreibt, unterscheidet sich von dem ältern nur dadurch, daß der Musik wieder ein reicherer Anteil zugewiesen ist und die Instrumentalmusik interessante Gestaltung entwickelt, während die Singstimme im getreuen Anschluß an die (kunstgemäß gesteigerte) natürliche Deklamation sich frei bewegt. Das Vollkommenste dieser Art ist vielleicht der Dialog von Hans Sachs und Eva im zweiten Akte der "Meistersinger".

Reck, bekanntes, aus einer an beiden Enden in Ständern befestigten Querstange bestehendes Turngerät, eingeführt, vielfach verwertet und mit dem im Niederdeutschen für Querstangen verschiedener Art gebräuchlichen Wort benannt vom Turnvater Jahn. Es läßt verschiedenartige Konstruktion zu sowohl in Errichtung der Ständer als in Befestigung der (jetzt meist aus Eisen gefertigtes) Stange. Vgl. Kluge und Euler, Die Turngeräte (Berl. 1872), und Lion, Werkzeichnungen zu Turngeräten (3. Aufl., Hof 1883). Es ist in seiner Einfachheit das am vielseitigsten verwendbare Turngerät, weil es bei verschiedenster Höhe der Stange außer Übungen der einfachen und gemischten Stütz- und Hangarten auch die Verbindung von Hang und Stütz untereinander ausgiebig zuläßt und dabei auch zu gemischten, d. h. durch Aufstützen der obern Glieder unterstützten, Sprüngen (als Springreck) dient. Durch Verwendung von zwei Stangen übereinander entsteht das Doppelreck, durch rechtwinkelige Kreuzung von zwei Recken das Kreuzreck. Schaukelreck (Trapez) ist eine an Seilen frei hängende Querstange; laufen beide Seile am Aufhängepunkt in eins zusammen, Triangel. Die Militärgymnastik hat für das R. den im Gebrauch weit beschränktern Querbaum eingeführt. Vgl. Turnen.

Recke, s. v. w. Riese, Held, besonders der Vorzeit.

Recke, Elisa, Frau von der, Dichterin, geb. 20. Mai 1754 auf Schönburg in Kurland, Tochter des Reichsgrafen Friedrich von Medem, verheiratete sich 1771 mit dem Freiherrn von der R.; doch wurde diese Ehe schon 1776 getrennt, und Elisa lebte nun zurückgezogen in Mitau. Infolge des Todes ihrer Tochter und ihres Bruders verfiel sie immer mehr in religiöse Schwärmerei, welche durch Cagliostro (1779) und Stark noch gesteigert wurde. Erst als sie auf einer Reise nach Karlsbad 1784 unter andern mit Spalding, Nicolai, Bürger, den beiden Stolberg und in Weimar mit Bode bekannt geworden war, wurden ihre Ansichten klarer, und sie schrieb ihr vielbesprochenes Buch "Der entlarvte Cagliostro" (Berl. 1787). Von der Kaiserin Katharina eingeladen, ging sie 1795 nach Petersburg und wurde daselbst mit dem Nießbrauch des Guts Pfalzgrafen in Kurland beschenkt. Kränklichkeit aber nötigte sie zum Wechsel des Aufenthaltsorts; sie lebte fortan abwechselnd in Dresden, Berlin, Italien (1804-1806) und Leipzig. Der Dichter Tiedge, ihr Begleiter auf der Reise nach Italien, war seitdem ihr Hausgenosse. Sie starb 13. April 1833 in Dresden. Das "Tagebuch ihrer Reise durch Deutschland und Italien" wurde von Böttiger veröffentlicht (Berl. 1815-17, 4 Bde.); Hiller gab ihre "Gebete und Lieder" (Leipz. 1783, 3. Aufl. 1815), Tiedge ihre warm empfundenen, aber schwächlichen "Gedichte" (Halle 1806, 2. Aufl. 1816) und "Geistlichen Lieder, Gebete und religiösen Betrachtungen" (Leipz. 1833, neue Ausg. 1841) heraus. Vgl. Eberhard, Blicke in Tiedges und Elisas Leben (Berl. 1844); Brunier, Elisa von der R. (3. Aufl., Norden 1885).

Recke-Volmerstein, Adalbert, Graf von der, christlicher Philanthrop, geb. 28. Mai 1791 auf dem väterlichen Gut Overdyck bei Hamme in Westfalen, studierte zu Heidelberg Rechte und Medizin und trat 1813 freiwillig ins preußische Heer, in dem er als Gouvernementskommissar für Verpflegung der Nordarmee verwandt ward. 1816 begründete er mit seinem Bruder Werner (geb. 1797) in Overdyck das erste Rettungshaus Deutschlands für verwahrloste Kinder, 1822 ein zweites in dem ehemaligen Trappistenkloster Düsselthal bei Düsseldorf, mit dem 1835 ein Diakonissenhaus verbunden ward. Nachdem Graf R. 1845 seinen Wohnsitz zu Kraschnitz in Schlesien genommen hatte, rief er dort 1862 das großartige "deutsche Samariterordensstift" zur Pflege Siecher, namentlich zur Erziehung schwachsinniger Kinder, ins Leben und starb daselbst, bis zuletzt für seine Anstalten lebend, 10. Nov. 1878. Mit Sander in Wichlinghausen gab Graf R. heraus die Zeitschrift "Der Menschenfreund" (Barm. 1825-28), später die "Christliche Kinderzeitung" (Düsselthal 1831-45) und die anregende Schrift "Die Diakonisse" (das. 1835). Vgl. Krummacher, Das Täubchen (Vorgeschichte von Overdyck; 4. Aufl., Düsselthal 1859).

Reckheim, Flecken in der belg. Provinz Limburg, Arrondissement Tongern, nördlich von Maastricht, unweit der Maas, hat ein altes Schloß (ehemals Sitz der reichsunmittelbaren Herren, seit 1623 Grafen von R., deren Geschlecht 1819 erlosch, jetzt Arbeitshaus für die Bettler der Provinzen Limburg und Lüttich) und (1887) 1350 Einw.

Recklinghausen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Münster, an der Linie Wanne-Bremen der Preußischen Staatsbahn, hat 2 evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Schloß des Herzogs von Arenberg, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, Docht-, Leinwand-, Tabaks- und Zigarrenfabrikation, 2 Dampfziegeleien, 2 Dampfsägemühlen, eine Dampfmahlmühle, Branntweinbrennerei, 2 Steinkohlenzechen (mit 1100 Arbeitern) und (1885) 9199 meist kath. Einwohner. Der Kreis R. umfaßt die gleichnamige Grafschaft des Herzogs von Arenberg, die, ehemals zum Erzstift Köln gehörig, nebst der Standesherrschaft Meppen 1802 dem Haus Arenberg überlassen wurde.

Recklinghausen, Friedrich von, Mediziner, geb. 2. Dez. 1833 zu Gütersloh, studierte 1852-55 in Bonn, Würzburg und Berlin, wurde 1858 Assistent Virchows, ging 1864 als Professor der pathologischen Anatomie nach Königsberg, 1865 nach Würzburg und 1872 nach Straßburg. R. entdeckte die wandernden Zellen des Bindegewebes ("Wanderzellen"), welche mit den weißen Blut- und Lymphzellen identisch sind. Er fand mit Hilfe der von ihm erfundenen sogen. feuchten Kammer, daß die Eiterzellen nur im toten Zustand die runde Form haben, im lebenden eine stets veränderliche Gestalt, eine selbständige, sogen. amöboide Bewegung zeigen. Die Auswanderung weißer Blutzellen durch die Wandungen der Venen hindurch in anliegende Gewebe wurde direkt beobachtet. Diese Beobachtungen wurden die Grundlage der heutigen Entzündungslehre, welche Cohnheim weiter ausgebildet hat. Andre wichtige Arbeiten von R. beziehen sich auf das Verhältnis der Lymphgefäße zum Bindegewebe. Von den Lymphgefäßen am Bauchfell aber (speziell des Teils, welcher das Zwerchfell überzieht) wurde durch ihn nachgewiesen, daß sie, in oberflächliche Netze sich verzweigend, teilweise an der Oberfläche der Membran frei