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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ribesiaceen; Ribitzel; Ribletten; Ribnitz; Ribot; Ricamarie; Ricambio; Ricardo; Ricasoli

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Ribesiaceen - Ricasoli.

Blütentrauben, goldgelben, wohlriechenden Blüten mit kurzen, gezähnelten, vorn dunkelpurpurnen Kronenblättern und schwarzen Beeren, wächst in den mittlern Staaten Nordamerikas, wird seit 1812 als Zierstrauch bei uns kultiviert und hochstämmig als Unterlage für Stachel- und Johannisbeeren benutzt.

Ribesiaceen (Grossularieen), dikotyle Pflanzengruppe aus der Ordnung der Saxifraginen, eine Unterfamilie der Saxifragaceen bildend, Sträucher mit oder ohne Stacheln, mit wechselständigen, oft in Büscheln stehenden, gestielten, einfachen, handnervigen und handförmig gehaltenen oder gelappten, gekerbten oder gezahnten, in der Knospe runzelig gefalteten oder gerollten Blättern, oft mit an den Blattstiel angewachsenen Nebenblättern, und mit vollständigen oder durch Fehlschlagen eingeschlechtigen, regelmäßigen Blüten in reich- oder armblütigen Trauben, welche meist auf den Enden der kurzen, laubtragenden Zweiglein stehen, seltener aus blattlosen Knospen entspringen; bei manchen stehen die Blüten einzeln. Die meist fünfzähligen Blüten haben einen glatten oder röhrenförmigen Kelch, fünf kleine, dem Kelchschlund eingefügte Blumenblätter, ebenso viele Staubgefäße und ein unterständiges, aus zwei Karpiden gebildetes Ovarium, das zu einer fleischigen Beere heranwächst. Die R. sind zum größten Teil in den gemäßigten und kältern Gegenden der nördlichen Halbkugel einheimisch. Die Früchte einiger Arten bilden ein beliebtes Obst (Johannisbeere, Stachelbeere); andre Arten werden als Ziersträucher angepflanzt.

Ribitzel, s. Stachelbeerstrauch.

Ribletten, franz. Benennung für Speckeierkuchen und geröstete Fleischschnitte, ähnlich den Schnitzeln.

Ribnitz, Stadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Herzogtum Güstrow, am Ribnitzer See, welcher durch den Saaler Bodden mit der Ostsee verbunden ist, und an der Eisenbahn Stralsund-Rostock, hat eine Stadtkirche (aus dem 13. Jahrh.), ein Jungfrauenkloster mit schöner Kirche, ein Realprogymnasium, ein Amtsgericht, ein Seemannsamt, Tabaksfabrikation, eine Dampfschneidemühle, Schiffahrt, Schiffbau, Fischerei, Heringsfang und (1885) 4117 Einw. R. erhielt 1271 das lübische Recht.

Ribot (spr. -bo), 1) Théodule, franz. Philosoph, geb. 18. Dez. 1839 zu Guingamp, studierte an der höhern Normalschule zu Paris, wirkte seit 1865 als Professor der Philosophie an verschiedenen Collèges, widmete sich indessen seit 1872 in Paris ausschließlich biologischen Studien und begründete 1876 die "Revue philosophique", die er gegenwärtig noch herausgibt, sowie 1884 die Gesellschaft für physiologische Psychologie. 1885 wurde er zum außerordentlichen Professor der Psychologie an der Sorbonne, 1888 aber zum ordentlichen Professor der vergleichenden und Experimentalpsychologie am Collège de France ernannt. Er schrieb: "La psychologie anglaise contemporaine" (1870, 2. Aufl. 1875); "L'hérédité. Étude psychologique" (1873, Neubearbeitung 1882); "La philosophie de Schopenhauer" (1874); "La psychologie allemande contemporaine" (1879; deutsch, Braunschw. 1881); "Les maladies de la mémoire" (1881; deutsch, Hamb. 1882); "Les maladies de la volonté" (1882); "Les maladies de la personnalité" (1885); "La psychologie de l'attention" (1888). Auch übersetzte er im Verein mit Espinas Herbert Spencers "Principles of psychology" ins Französische (1874-75, 2 Bde.).

2) Alexandre Félix Joseph, franz. Politiker, geb. 7. Febr. 1842 zu St.-Omer, studierte in Paris die Rechte, erwarb sich 1863 die Würde eines Doktors der Rechte, ward Licencié ès lettres und ließ sich darauf zu Paris als Advokat nieder. 1870 wurde er zum Substituten am Seinetribunal ernannt und 1875 von Dufaure als Direktor der Kriminal- und Gnadenangelegenheiten in das Justizministerium berufen. Doch nahm er 1876 seine Entlassung und ward 1878 in die Deputiertenkammer gewählt, wo er sich dem linken Zentrum anschloß und gemäßigte republikanische Anschauungen vertrat, aber durch seine hervorragende Arbeitskraft und Beredsamkeit bald eine einflußreiche Stellung einnahm.

Ricamarie, La (spr. -rih), Stadt im franz. Departement Loire, Arrondissement St.-Etienne, mit Steinkohlenminen, wovon eine seit Jahrhunderten brennt, bedeutender Eisenindustrie und (1881) 3225 Einw.

Ricambio (ital.), Rückwechsel (s. Regreß).

Ricardo, David, engl. Nationalökonom, geb. 19. April 1772, entstammte einer jüdischen, früher von Portugal nach Holland, dann von da nach England eingewanderten Familie. Zum Christentum übergetreten, schwang er sich zu einem der ersten englischen Bankiers empor, ward 1819 ins Unterhaus gewählt und starb 11. Sept. 1823 mit Hinterlassung eines sehr großen Vermögens. Seine wichtigsten Schriften sind: "On the influence of a low price of corn on the profits of stock" (Lond. 1815), worin er die freie Korneinfuhr empfahl; "On the funding system" (1820), in welchem Werk er Steuererhöhung statt der Anleihen forderte; "Principles of political economy and taxation" (das. 1812; deutsch von Baumstark, Leipz. 1837-38, 2 Bde.; 2. Aufl. 1877). Seine Werke gab M'Culloch (Lond. 1846) gesammelt heraus. Ricardos Name ist eng verknüpft mit derjenigen Theorie der Grundrente (s. d.), welche die Entstehung der letztern darauf zurückführt, daß von verschiedenen vorhandenen Bodenqualitäten die bessern nicht ausreichten, um den Bedarf zu decken, und deshalb der Preis der Bodenprodukte so hoch stehen müsse, daß die Kosten für Bebauung des schlechtesten noch unentbehrlichen Grundstücks gerade gedeckt würden. Seine Briefe an Malthus wurden von Bonar herausgegeben (Lond. 1888). R. zu Ehren führt der Lehrstuhl der politischen Ökonomie an der Londoner Universität den Namen Ricardo.

Ricasoli, Bettino, Baron, ital. Staatsmann, geb. 9. März 1809 zu Florenz aus einer alten toscanischen Familie, erhielt in Florenz und Pisa eine treffliche Erziehung, widmete sich aber dann auf seinem Schloß Brolio bei Siena landwirtschaftlichen Studien, der Kultur des Weins (Chianti) und dem Ackerbau, besonders in den Maremmen von Grosseto. Erst 1847 trat er öffentlich auf, indem er dem Großherzog von Toscana einen Reformplan vorlegte und zum Bürgermeister von Florenz erwählt wurde. 1848 schloß er sich der republikanischen Partei nicht an und wirkte 1849 als Mitglied der Exekutivkommission zur Rückberufung des Großherzogs mit. Da dieser jedoch seine Hoffnung auf eine liberale Regierung täuschte, zog er sich ins Privatleben zurück. In der Aprilrevolution 1859 trat er als einer der ersten gegen die Regierung auf, ward im Mai Minister des Innern und 1. Aug. Diktator von Toscana und unterstützte durch seine Energie und Konsequenz die Sache der Einigung Italiens in hervorragender Weise. Nach der Annektierung Toscanas ward er von Viktor Emanuel 26. März 1860 zum Generalgouverneur von Toscana und 6. April zum Direktor im Ministerium des Innern, nach dem Tod Cavours aber im Juni 1861 zum Ministerpräsidenten ernannt. Im März 1862 mußte er dem