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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Riesentanne; Riesentöpfe; Riesenzellen; Riesi; Rieß; Rießer

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Riesentanne - Rießer.

seitlich zusammengedrücktem, ungemein kräftigem Körper, deutlich abgesetztem, verlängert eiförmigem, von oben nach unten abgeplattetem, oft mit Schuppen statt der Schilder bedecktem Kopf, weitem Rachen mit derben Zähnen, dünnem Hals, verhältnismäßig kurzem, in verschiedenem Grad einrollbarem Schwanz und rudimentären Hinterextremitäten, welche äußerlich durch zwei hornige, stumpfe Klauen in der Nähe des Afters angedeutet sind. Sie bewohnen die Wälder der heißen Länder der Alten und Neuen Welt, liegen am Tag zusammengerollt, jagen meist nachts und bemächtigen sich ihrer Beute, indem sie dieselbe mit dem Gebiß packen, dann umschlingen, erdrücken und endlich verschlingen. Wie alle Schlangen, versinken sie nach der Sättigung in einen Zustand großer Trägheit. Sie sind im stande, Tiere bis zur Größe eines Rehs zu bewältigen, fliehen aber meist vor dem Menschen. Die Abgottschlange (Königsschlange, Boa constrictor L., s. Tafel "Schlangen II"), über 6 m lang, rötlichgrau, mit eiförmigen, graugelblichen Flecken in einem breiten, zackigen, dunkeln Längsstreifen auf dem Rücken und mit drei dunkeln Streifen auf dem Kopf, bewohnt das nördliche und östliche Südamerika, lebt in trocknen Wäldern und Gebüschen, hält sich in Erdhöhlen, Felsklüften, zwischen Wurzeln etc. verborgen und ist am Tag leicht zu erlegen; bisweilen besteigt sie auch Bäume, geht aber nie ins Wasser. Sie nährt sich von kleinen Säugetieren, Vögeln und Reptilien. An gefangenen Abgottschlangen hat man beobachtet, daß sie lebendig gebärend sind, andre brachten mehrere lebende Junge und gleichzeitig Eier zur Welt. In Brasilien unterhält man Abgottschlangen als Ratten- und Mäusejäger in Speichern, in welchen sie sich nachts frei umhertreiben. Man verarbeitet die gegerbte Haut zu Stiefeln und Satteldecken; das Fleisch wird von den Negern gegessen und das Fett als Heilmittel benutzt. Sehr häufig wird sie lebend nach Europa gebracht. Die alten Mexikaner verehrten eine große Schlange, vielleicht diese Art; aber auch die Neger in Amerika treiben Götzendienerei mit derselben. Die Anaconda (Eunectes murinus Wagl., s. beifolgende Tafel), welche dieselben Länder wie die vorige bewohnt, soll über 10 m lang werden, ist oberseits dunkel olivenfarben, schwarzbraun gefleckt, mit einem schmutzig gelbroten und einem schwarzbraunen, vom Auge aus verlaufenden Streifen, unterseits blaßgelb, schwärzlich gefleckt mit zwei Reihen ringförmiger schwarzer, innen gelber Augenflecke. Sie lebt meist im Wasser, sonnt sich aber gern am Ufer, besteigt auch Bäume, nährt sich von Säugetieren, Vögeln, hauptsächlich aber von Fischen und macht sich durch ihre Räubereien sehr verhaßt. Sie flieht, wie die vorige, den Menschen und wird auch leicht getötet; doch wird vielfach erzählt, daß sie Badenden gefährlich werden könne. Während der Verdauung liegt sie träge und haucht einen pestartigen Geruch aus. Wenn die Gewässer, in denen sie lebt, austrocknen, vergräbt sie sich in den Schlamm und verfällt in einen Zustand der Erstarrung. Sie soll Eier legen, nach andern lebendige Junge gebären. Man verwertet sie wie die vorige, auch kommt sie ebenso oft lebend nach Europa.

Riesentanne, s. Wellingtonia.

Riesentöpfe (Gletschertöpfe), bis zu 12 m und darüber tiefe, bald kesselartige, bald schachtartige Löcher (Fig. 1), Einbohrungen von Geröllen, welche an Wasserfällen und in Stromschnellen, besonders häufig wohl in Gletscherbächen durch den Strudel lange Zeit in kreisender Bewegung erhalten wurden. Sie lassen mitunter ihre Bildungsart dadurch erkennen, daß sich auf der Innenseite in Spiralen verlaufende Furchen vorfinden, dem allmählichen Eindringen der Einbohrung des Mahlsteins entsprechend (Fig. 2). Das Bohrmaterial selbst liegt bisweilen in der Form von runden Geröllen auf dem tiefsten Grunde des Kessels. Derartige R. wurden beschrieben aus der Nähe von Christiania, aus Thüringen, vom Bodensee (Überlingen), Rüdersdorf bei Berlin, Sachsen. Besonders schöne R. zeigt der durch Heim (1873) geschildert sogen. Gletschergarten von Luzern. Auf ähnliche Entstehungsweise sind die sogen. Sölle zu deuten, kreisrunde, mit Wasser oder mit Torf gefüllte Löcher im Lehm, die in Mecklenburg und Pommern häufig beobachtet werden.

^[Abb.: Fig. 1. Riesentopf von Bakkalager bei Christiania (1:300). Fig. 2. Derselbe nach der Entleerung von oben gesehen (1:100).]

Riesenzellen, große, vielkernige Zellen im Knochenmark und manchen Geschwülsten.

Riesi, Stadt in der ital. Provinz Caltanissetta (Sizilien), Kreis Terranova, links unweit des Salso, mit Schwefelgewinnung, Wein- u. Ölbau u. (1881) 11,914 Ew.

Rieß, Peter Theophil, Physiker, geb. 27. Juni 1805 zu Berlin, lebte dort als Privatmann und seit 1842 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Nach einigen kleinern Arbeiten über Erdmagnetismus und Magnetismus wandte sich R. dem Studium der Reibungselektrizität zu, der fast alle seine Arbeiten seit 1836 gewidmet sind. Ein Meister des Experiments auf diesem schwierigen Gebiet, hat R. die experimentelle Seite der Lehre von der Reibungselektrizität durch seine Arbeiten über die Verteilung der Elektrizität auf Leitern, die elektrische Influenz, über die Entladung der Elektrizität, die Wirkungen der Entladungen, speziell die Wärmewirkung, wesentlich ausgebaut. In seinem höchst verdienstvollen Werk "Die Lehre von der Reibungselektrizität" (Berl. 1853, 2 Bde. und in den weitern "Abhandlungen" (das. 1867 u. 1878) hat er alles bis dahin auf diesem Gebiet gesammelte experimentelle Material zusammengestellt und gesichtet. Er starb 23. Okt. 1883 in Berlin.

Rießer, Gabriel, geb. 2. April 1806 zu Hamburg von jüdischen Eltern, studierte in Heidelberg und Kiel die Rechte und begründete 1832 die Zeitschrift "Der Jude, periodische Blätter für Religions- und Gewissensfreiheit". Für den badischen Landtag von 1833 arbeitete er eine Denkschrift im Interesse der Judenemanzipation aus. 1836 begab er sich nach Bockenheim bei Frankfurt a. M., wo er seine "Jüdischen Briefe" (Berl. 1840-42, 2 Hefte) schrieb. Nach seiner Rückkehr nach Hamburg ward er hier zum öffentlichen Notar ernannt. Im März 1848 nahm er am