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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Korrespondenzblatt zum dreizehnten Band.

1748,4 m tief. Ein Mathematiker bezeichnet dasselbe als einen Nadelstich in unsern Planeten; immerhin ist seine Tiefe elfmal so groß als die Höhe des Kölner Doms. Die Bohrarbeit hat sechs Jahre gedauert; die Kosten beziffern sich auf 210,000 Mk., davon 100,000 Mk. allein auf die verbrauchten Diamanten. Die Bohrung mußte schließlich wegen eines Gestängebruchs eingestellt werden. Auch die demnächst bedeutendsten Bohrlöcher befinden sich auf oder vielmehr unter preußischem Grund und Boden, und zwar sind die Bohrungen vom Bergfiskus vorgenommen worden. Es folgen sich: Elmshorn (Schleswig-Holstein) 1338 m, Unseburg bei Magdeburg 1295 m, Sperenberg (unweit Berlin, Kreis Teltow) 1271 m, Sennewitz (bei Halle) 1111 m, Domnitz (ebenfalls bei Halle) 1002 m. Eine interessante Thatsache, welche durch diese Bohrungen festgestellt ist, und über deren Erklärung, bez. Beweiskraft für weitere Schlüsse man noch nicht einig ist, ist die, daß die Wärme nach unten zu zwar stetig zunimmt, daß der Grad der Zunahme sich jedoch in den tiefsten kennen gelernten Schichten bereits verringert.

Mehrere Abonnenten in Wien. Bei dem Entwurf der Wappentafel war durch die Raumverhältnisse bedingt, daß außer dem kleinen Reichswappen nur 16 Länderwappen Aufnahme zu finden hatten. Es mußten also fünf Länderwappen wegfallen. Da nun als neues niederösterreichisches Wappen das allgemeine österreichische Hauswappen (ein silberner wagerechter Querbalken im roten Feld) gilt, welches auch im Reichswappen, und zwar selbst in dem in der Wappentafel aufgenommenen kleinen Reichswappen, erscheint, so glaubte man das niederösterreichische Landeswappen (trotz der Bedeutung des Landes) nicht noch besonders darstellen zu müssen, dasselbe vielmehr den gebieterischen Raumrücksichten nebst den Wappen von Görz-Gradisca, Istrien, Vorarlberg und Slawonien opfern zu dürfen.

Landrat von L. in Pommern. In betreff der Ableitung der Endsilbe gard in Ortsnamen, wie Stargard, Naugard, Belgard, sind wir ganz Ihrer Meinung, daß dieselbe slawischen Ursprungs und mit der Endsilbe grad, gorod ("Stadt") in notorisch slawischen Städtenamen, wie Belgrad, Nowgorod, identisch ist. So schon z. B. Pott in seinem Werk "Die Personennamen" (2. Aufl., Leipz. 1859, S. 522), der Stargard mit italienisch Civitavecchia (die "Altstadt") vergleicht und aus den verschiedensten Sprachen eine Menge von Ortsnamen in der Bedeutung Alt- und Neustadt zusammenstellt. Das deutsche "Garten" ist zwar ein urverwandtes Wort, kann aber in Ortsnamen von entschieden slawischem Gepräge nicht herangezogen werden.

L. B. in F. Von maßgebender Seite erfahren wir: Eine Statistik über Branntwein-Erzeugung und -Verwendung existiert nicht, soll aber jetzt ins Werk gesetzt werden. Bisher weiß niemand sicher, wieviel Branntwein erzeugt wird, und ebenso nicht, wo er geblieben ist. Man muß abwarten, was jetzt kommt.

G. A. in S. (Schweiz). Sie sind nach Ihrer eignen Aussage "Deutscher, 25½ Jahre alt, im Frühjahr 1885 zur Infanterie ausgehoben worden, im Herbst aber nicht eingerückt und infolgedessen deutscher Deserteur". Das genügt - Sie haben hoffentlich die Anleitung dazu nicht aus dem Konversations-Lexikon geholt!

K. A. in Berlin. Der "Landesversicherungsämter" wird im Artikel Unfallversicherung Erwähnung gethan werden. Die Entscheidungen dieser Ämter werden veröffentlicht in der Zeitschrift "Die Arbeiterversorgung", dem Zentralorgan für die Staats- und Gemeindeverwaltungsbehörden, herausgegeben von Schmitz (Berlin, bei Siemenroth und Worms, halbjährlich 6 Mk.).

J. J. Terwen in Alkmaar. Der Artikel "Gontscharow" steht an seiner richtigen Stelle (Bd. 7, S. 513).

W. H. in Königsberg. Ihrem Wunsch gemäß, geben wir Ihnen im folgenden einen kurzen Lebensabriß des am 25. Nov. 1888 zu Obernigk i. Schl. verstorbenen langjährigen Mitarbeiters der "Kölnischen Zeitung", Dr. Wilhelm Mohr, dessen (durch ein Posthörnchen markierte) Artikel in der That ein nicht gewöhnliches schriftstellerisches Talent bekundeten. Als Sohn eines Gymnasiallehrers zu Münstereifel 3. Dez. 1838 geboren, studierte der Genannte in Bonn Theologie, trat aber nach bestandener erster Prüfung zur Philologie über und wurde 1864 in Köln am Marzellengymnasium als Lehrer angestellt. Seine kunstkritische und musikalische Begabung war der Anlaß einer nähern Verbindung mit der "Kölnischen Zeitung", infolge deren er 1868 seiner amtlichen Stellung entsagte, um von nun an seine Kräfte diesem Blatt ausschließlich zu widmen. So weilte er als Berichterstatter 1869-71 in Italien (Rom und Florenz), 1874-75 in Spanien, wo er im Gefolge des Königs Alfons die Feldzüge gegen die Karlisten mitmachte, und von wo aus er 1875 einen Streifzug längs der Westküste von Marokko unternahm. Im August 1876 schrieb er aus Baireuth an die Kölnische Zeitung die "Briefe eines Patronatsherrn". Marokko sah er im folgenden Jahr in Begleitung einer deutschen Gesandtschaft wieder und lieferte aus der Residenz des Sultans Mulei Hassan farbenreiche und launige Schilderungen ("Eine Reise in die Barbarei"). Von Ende 1877 bis Anfang 1879 weilte er wieder in Italiens Hauptstadt, um dann nach der Hauptstadt des Deutschen Reichs überzusiedeln, deren kräftiges Emporstreben auf allen Gebieten der vielseitige Schriftsteller in zahlreichen Briefen lebendig schilderte. 1883 besuchte Mohr Amerika, um als Vertreter der Kölnischen Zeitung der Eröffnung der nördlichen Pacificbahn beizuwohnen, verweilte danach wieder ein Jahr in Italien (Turiner Ausstellung 1884), nahm dann einen längern Aufenthalt in Paris, besuchte London und berichtete 1885 über die Antwerpener Weltausstellung. Diese Ausstellungsberichte ließen den Plan in ihm reifen, die gesamte deutsche Industrie in den Bereich seiner Darstellung zu ziehen. Doch wurde seine Thätigkeit in dieser Richtung nach vielversprechenden Anfängen (als mustergültig sei ein Ende vorigen Jahrs in der Kölnischen Zeitung erschienener Bericht aus dem Industriebezirk des Königreichs Sachsen erwähnt) durch ein unerwartet auftretendes Gehirnleiden gehemmt, gegen welches er in der Heilanstalt zu Obernigk vergeblich Heilung suchte, und das seinem noch reiche Früchte versprechenden Leben allzufrüh ein Ziel setzte. In Buchform ließ M. erscheinen: "Das Gründertum in der Musik. Ein Epilog zur Baireuther Grundsteinlegung" (Köln 1872); "Achtzehn Monate in Spanien" (das. 1876); "Richard Wagner und das Kunstwerk der Zukunft im Lichte der Baireuther Aufführung" (das. 1876); "Mit einem Retourbillet nach dem Stillen Ozean" (Stuttg. 1884); "Antwerpen. Die allgemeine Ausstellung in Briefen an die Kölnische Zeitung" (Köln 1885).