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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schiedsvertrag - Schieferöl.

bei dem Streit zwischen England und Portugal hinsichtlich der Grenzen ihrer afrikanischen Besitzungen, oder es wurde die Entscheidung von Obergerichten oder Rechtsfakultäten beantragt, oder der Schiedsspruch wurde einer Staatsregierung oder einem Souverän übertragen. So wurde z. B. König Leopold von Belgien wiederholt zum internationalen S., ebenso Kaiser Wilhelm I. 1871 in der San Juan-Differenz zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und England und Kaiser Alexander II. von Rußland in dem Streit zwischen Japan und Peru wegen des Schiffs Maria Luz, endlich aber Papst Leo XIII. in dem Karolinenstreit zwischen Deutschland und Spanien 1886 zum S. erwählt. Zuweilen wurde auch ein internationales Schiedsgericht durch Ernennung besonderer Kommissare konstituiert, so namentlich in der Alabamafrage (s. d.), deren Entscheidung 14. Sept. 1872 durch fünf S. erfolgte, von welchen je einer von Italien, Brasilien, der Schweiz, England und den Vereinigten Staaten ernannt worden war. Der unter dem Namen "Institut für Völkerrecht" bestehende Verein für internationales Recht hat ein Reglement für das schiedsrichterliche Verfahren (Règlement pour la procédure internationale) ausgearbeitet und veröffentlicht. Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 851-872; Deutsches Strafgesetzbuch, § 334, 336; Lucas, De la substitution de l'arbitrage à la voie des armes (Par. 1873); Pierantoni, Gli arbitrati internazionali (Neap. 1872); Goldschmidt, Reglement über schiedsrichterliches Verfahren des Instituts für Völkerrecht (1875); Rivalta, I giudizii d'arbitri legislazione (Bolog. 1885); Taviel de Andrade, Historia del conflicto de las Carolinas (Madr. 1886).

Schiedsvertrag, s. Schiedsrichter.

Schiefblatt, Pflanzengattung, s. Begonia.

Schiefe Ebene, eine zur Horizontalebene AC (s. Figur) geneigte Ebene AB. Denkt man sich von einem Punkt B der schiefen Ebene eine Senkrechte BC auf die Horizontalebene herabgelassen, so heißt AB die Länge (l), BC die Höhe (h) und AC die Basis (b) der schiefen Ebene. Wird das Gewicht P eines auf die schiefe Ebene gelegten Körpers durch die vertikale Linie ba dargestellt, so kann man sich diese Kraft nach dem Satz vom Parallelogramm der Kräfte in zwei Seitenkräfte zerlegt denken, deren eine bc (die Parallelkraft, Q) parallel zur schiefen Ebene wirkt und das Herabgleiten des Körpers längs derselben verursacht, während die andre bd (die Normalkraft, R), senkrecht zur schiefen Ebene gerichtet, durch den Widerstand derselben aufgehoben wird und, falls keine Reibung stattfindet, zur Bewegung nichts beiträgt. Wie aus der Ähnlichkeit der Dreiecke abc und bad mit dem Dreieck ABC unmittelbar zu entnehmen ist, verhält sich die Parallelkraft zum Gewicht des Körpers wie die Höhe zur Länge der schiefen Ebene (Q:P = h:l), die Normalkraft dagegen zur Last wie die Basis zur Länge (R:P = b:l). Das Verhältnis der Höhe zur Länge heißt die Steigung und wird gewöhnlich in Prozenten ausgedrückt. Die Parallelkraft ist stets kleiner als die Last und beträgt nur so viel Prozente derselben, als durch die Steigung angegeben wird. Um das Herabgleiten der Last zu verhindern, braucht man nur eine Kraft parallel der schiefen Ebene nach aufwärts wirken zu lassen, welche der Parallelkraft gleich und entgegengesetzt ist; und wird diese Kraft nur um weniges vergrößert, so bewegt sich der Körper nach aufwärts und wird demnach gehoben durch eine Kraft, die nur ein Bruchteil ist von derjenigen, welche zum senkrechten Emporheben bis zur nämlichen Höhe erforderlich wäre. Findet Reibung statt, was in der Wirklichkeit stets der Fall ist, so muß auch diese noch überwunden werden; sie ist der Normalkraft proportional und zwar gleich dem Produkt derselben mit dem Reibungskoeffizienten (s. Reibung). Soll die Last durch eine wagerecht wirkende Kraft im Gleichgewicht gehalten oder gehoben werden, so muß sich, wie man durch eine der obigen ähnliche Kräftezerlegung findet, diese Kraft zur Last verhalten wie die Höhe der schiefen Ebene zur Basis. Diese Art, die Kraft angreifen zu lassen, ist nur so lange vorteilhaft, als der Neigungswinkel der schiefen Ebene weniger als 45° beträgt. Wie andre mechanische Vorrichtungen, kann auch die s. E. nur dazu dienen, eine gegebene Kraft möglichst vorteilhaft zu verwerten; eine Arbeitsersparnis vermag sie nicht zu gewähren, denn je mehr man an Kraft erspart, d. h. je kleiner die Steigung ist, um so länger ist der Weg, welchen die Last durchlaufen muß, um die verlangte Höhe zu erreichen. Die s. E. findet vielfache Anwendungen beim Beladen von Wagen, als Laufbrücke bei Bauten etc. Bergstraßen und -Eisenbahnen sind nichts andres als schiefe Ebenen. Auch der Keil (s. d.) und die Schraube (s. d.) gründen sich auf das Prinzip der schiefen Ebene. Das Herabfallen eines schweren Körpers längs einer schiefen Ebene erfolgt mit einer Beschleunigung, welche in dem durch die Steigung ausgedrückten Verhältnis geringer ist als die Beschleunigung des freien Falles, übrigens aber nach denselben Gesetzen wie der letztere (vgl. Fall). Schiefe Ebenen heißen im Eisenbahnwesen solche Bahnstrecken, auf welchen der Zug ohne Hilfe der Lokomotive durch sein eignes Gewicht schnell genug herabrollt oder gar gebremst werden muß (vgl. Eisenbahnbau, S. 456). In der Schiffahrt benutzt man die s. E. zur Auf- und Abwärtsbewegung eines Schiffes zwischen zwei Wasserspiegeln von erheblicher Niveaudifferenz, wenn Schleusen nicht anwendbar sind, wie z. B. beim Elbing-Oberländischen Kanal (s. d.).

^[Abb.: Kräfteverteilung auf der schiefen Ebene.]

Schiefer, in der Geologie jedes in dünne Platten oder Blätter spaltbare Gestein. Man unterscheidet daher nach der nähern mineralogischen Beschaffenheit Quarz-, Talk-, Chlorit-, Kalk-, Mergel- etc. S. (vgl. Schieferung). Als kristallinische S. werden Silikatgesteine bezeichnet, welche am Aufbau der ältesten Formationen einen wichtigen Anteil nehmen. Vgl. Laurentische Formation und Huronische Formation. Bituminöser S., s. v. w. Blätterschiefer, Dysodil.

Schieferformation, s. Huronische Formation.

Schiefergrün, s. Berggrün.

Schieferkohle, s. Steinkohle.

Schieferletten, s. Schieferthon.

Schiefermergel, s. Mergel.

Schieferöl, Mineralöl, welches aus sogen. bituminösem Schiefer durch trockne Destillation gewonnen wird. Der "bituminöse Schiefer" enthält neben fertig gebildetem Bitumen animalische oder vegetabilische Substanz, die beim Erhitzen unter Abschluß der Luft, also in Retorten, einen Teer liefert, aus dem die flüchtigern flüssigen Kohlenwasserstoffe als S. abgeschieden werden. Der bituminöse oder Blätter-^[folgende Seite]