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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schützengräben - Schutzwaldungen.

herab, welche durch ihre Uniformierung, durch den gemeinschaftlichen Besitz eines Schützenhauses und einer Schießbahn, auch wohl durch sonstigen, durch Vermächtnisse und Geschenke einer frühern Zeit angesammelten Grund- oder Kapitalbesitz zusammengehalten werden, wurden auch zeitweise (wie z. B. 1727-47 für Berlin) ganz aufgehoben. An die Stelle des Scheibenschießens trat vielfach das sogen. Vogelschießen, bei welchem das Abschießen eines bunten Papageis oder Adlers aus Holz oder eines Sterns von einer angerichteten Stange Nebensache, Vergnügungen der mannigfaltigsten Art, die sich auf einer sogen. Schützen- oder Vogelwiese ausbreiteten, mit Würfel- und Schaubuden, Menagerien etc., die Hauptsache bildeten. In der neuesten Zeit suchte man auch diese Vereine wieder zu beleben und ihnen als Pflanzschulen geübter Schützen selbst eine politische Bedeutung zu geben. Nach dem Vorbild der schweizerischen Schützenfeste oder Freischießen ward vom 8.-11. Juli 1861 ein allgemeines deutsches Schützen- und Turnfest zu Gotha abgehalten und bei dieser Gelegenheit die Gründung eines allgemeinen deutschen Schützenbundes verabredet und angebahnt, der seitdem neun "Bundesschießen" (seit 1872 in dreijährigen Zwischenräumen, zuletzt 1887 in Frankfurt a. M.) abgehalten hat. Vgl. Hendel, Archiv für deutsche S. (Halle 1802, 3 Bde.); Förster, Die Schützengilden (Berl. 1856); Jacobs, Die Schützenkleinodien und das Papageienschießen (Wernigerode 1887).

Schützengräben, s. Feldbefestigung.

Schutzfärbung, s. Schutzeinrichtungen.

Schutzfrist, Zeitraum, innerhalb dessen die Reproduktion eines Geistesprodukts ohne die Zustimmung des Autors oder seiner Rechtsnachfolger untersagt ist; s. Urheberrecht.

Schutzgebiete, Bezeichnung für einige deutsche Kolonien, welche durch kaiserliche Schutzbriefe unter die Oberhoheit des Reichs gestellt wurden. Vgl. Kolonialrecht, S. 954, und Kolonien, S. 958 f.

Schutzgeist, s. Genius.

Schutzgemeinschaften (Schutzgenossenschaften) nennen sich Verbindungen von Gewerbtreibenden und Kaufleuten, die den Zweck verfolgen, sich gegenseitig vor leichtsinnigen und böswilligen Schuldnern zu warnen und zu schützen. Eine solche Gemeinschaft wurde 1864 in Dresden gegründet. Dieselbe führte später zu einem Verband der an verschiedenen Orten bestehenden S. für Handel und Gewerbe, welcher später in Sachsen etwa 7000 Mitglieder zählte. Die S. teilen ihren Mitgliedern durch sogen. schwarze Listen, welche den Vereinsberichten als vertrauliche Beilagen beigefügt werden, die faulen Zahler zur Warnung mit. Seit 1867 wurde auch ein Mahnverfahren eingeführt, indem jeder Schuldner, dessen Name von einem Mitglied zur Aufnahme in die Liste angemeldet ist, hiervon benachrichtigt und aufgefordert wird, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen.

Schutzgenossen (Schutzverwandte), s. v. w. Schutzbürger oder Beisassen (s. d.). Eine besondere Klasse von S. machten ehedem die Schutzjuden aus, welche durch einen besondern Schutzbrief die Unterthanenrechte (oft nur auf gewisse Jahre) erhielten.

Schutzgerechtigkeit (Vogtei), in dem mittelalterlichen Staatswesen das Recht eines Landes- oder Patrimonialherrn, eine Gemeinde, ein Stift, ein Kloster etc. in seinen Schutz zu nehmen. Eine Folge derselben war häufig, daß der Beschützer, der Schutzherr, den Grundbesitz der Beschützten (Vogtsleute) an sich brachte und ihn den Schützlingen nur als Lehen, mit gewissen Abgaben belastet, wiedergab.

Schützit, s. Cölestin.

Schutzmannschaft, das untere exekutive Polizeipersonal, s. v. w. Gendarmerie, namentlich in den preußischen Städten mit königlicher Polizeiverwaltung offizielle Bezeichnung der Polizeioffizianten. Die S. wurde 1848 zuerst in Berlin eingeführt; die Aufsicht über dieselbe führt dort unter dem Polizeipräsidenten ein Polizeioberst mit Polizeihauptleuten, -Leutnants und -Wachtmeistern, in den übrigen Städten ein Polizeiinspektor mit den Polizeikommissaren.

Schutzmauke, s. Pocken, S. 147.

Schutzpappen, s. Zeugdruckerei.

Schutzpatron, der "Heilige" als Protektor eines besondern Landes, Ortes, Standes, Vereins etc. Die Notwendigkeit, Reliquien eines Heiligen in den Altären zu haben, die lokal beschränkte Wirksamkeit der Heiligen, ihre frühern Berufs- und Standeseigenschaften, die fortwirkende Erinnerung an die speziellen Stadt- und Landgottheiten des Altertums und an die Gewohnheiten der religiösen Vereine: dies alles wirkte früh schon auf eine derartige Individualisierung der Beziehungen zum Himmel hin. S. Heilige.

Schutzscheide, s. Endodermis.

Schutz- und Trutzbündnis (Defensiv- und Offensivallianz), s. Allianz.

Schutzverwandte, s. v. w. Beisassen (s. d.).

Schutzwaffen, die teilweise oder vollständige Bedeckung des Körpers zum Schutz gegen die Wirkung der Trutzwaffen, also Panzer und Schild; wurden nach Einführung der Feuerwaffen nach und nach zwecklos, und gegenwärtig finden sich als Reste derselben nur noch der Küraß bei den Kürassieren (in Frankreich), der Helm und die Epauletten bei den Ulanen zum Schutz gegen Säbelhiebe.

Schutzwaldungen, Waldungen, welche durch ihre Lage und die Beschaffenheit des von ihnen eingenommenen Bodens für die Kulturfähigkeit benachbarter Grundstücke oder ganzer Landstriche von Bedeutung sind, d. h. diesen Grundstücken gegen Versandung durch Flugsand, gegen das Abrutschen steiler Gehänge, gegen die Überschüttung mit Kies und Gerölle, gegen die Bildung von Wasserrissen und Wasserstürzen, den Abbruch der Ufer an Flüssen, gegen Eisgang, gegen nachteilige Einwirkungen der Winde Schutz gewähren. Die in den Quellgebieten der Ströme und Flüsse sowie die auf den die Flußthäler einrahmenden Bergen gelegenen S. verhindern starke Schwankungen im Wasserstand der Flußläufe und schützen Handel und Industrie gegen starke Veränderung der Wasserkraft. Den ersten Anstoß zur nähern Untersuchung der Waldschutzfrage gaben die traurigen Verhältnisse der Bodenkultur in vielen mitteleuropäischen Ländern bei Beginn des 19. Jahrh. Der seit den ältesten Zeiten gegen die Wälder geführte Kampf hatte im mittlern Europa die Bewaldung so sehr vermindert, daß das Holz anfing zu fehlen, die Holzpreise seit 1750 rapid stiegen und zugleich hier und dort Klagen laut wurden über klimatische Schäden, welche offenbar durch die Zerstörung der Wälder herbeigeführt worden waren. Im romanischen Süden nahm die Verwüstung der Wälder die größten Dimensionen an. Furchtbare Überschwemmungen im Frühjahr und eine alles Pflanzenleben ertötende Dürre im Sommer waren die Folge. Die wissenschaftliche Forschung wendete sich den besprochenen Verhältnissen bald mit großem Eifer zu. Ernst Moritz Arndt rief 1820 sein "Wort über die Pflegung und Erhaltung der Forsten und der Bauern im Sinn einer höhern, d. h. menschlichen, Gesetzgebung"