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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwedenschanzen; Schwedische Gymnastik; Schwedische Litteratur

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Schwedenschanzen - Schwedische Litteratur.

nur mit wesentlichen Zugeständnissen an die Reichstagsmehrheit: nach demselben wurde ein stehendes Heer aus geworbenen Stammtruppen gebildet; daneben war jeder Schwede zu 20jähriger Dienstzeit in der Land- und Seewehr verpflichtet, für welche er durch kurze Übungen vorbereitet wurde. Das neue Gesetz trat 1. Jan. 1887 in Kraft. Unter anderm hatte Themptander der Bauernpartei zuliebe auf ein Drittel der militärischen Grundsteuer verzichtet. Dies ermutigte die Partei aber nur, nicht bloß die völlige Aufhebung dieser Steuer, sondern auch wegen der schwierigen Lage der Landwirtschaft die Einführung von Getreidezöllen zu fordern. Als im März 1887 die Mehrheit der Zweiten Kammer den Antrag auf Einführung von Getreide- und Schutzzöllen annahm, löste das Ministerium Themptander den Reichstag auf und erzielte auch bei den Neuwahlen eine freihändlerische Mehrheit. Diese verminderte sich aber bei den ordentlichen Reichstagswahlen im Herbst 1887, zumal das höchste Gericht die Wahl der 22 freihändlerischen Vertreter Stockholms wegen eines Formfehlers für ungültig und die Vertreter der Schutzzöllner für gewählt erklärte; auch in der Ersten Kammer vermehrten sich die Anhänger der Getreidezölle bei den Nachwahlen. Daher reichte das Ministerium Themptander nach Eröffnung des neuen Reichstags im Januar 1888 seine Entlassung ein. Der König beauftragte angesichts der noch nicht endgültig entschiedenen Haltung der Mehrheit der beiden Kammern den Baron Bildt damit, ein gemäßigt schutzzöllnerisches Kabinett zusammenzustellen, was im Februar gelang. Die Getreide- und Schutzzölle wurden vom Reichstag angenommen.

Vgl. Fant, Geijer und Schröder, Scriptores rerum suecicarum medii aevi (Ups. 1818-25, 2 Bde.); Rietz, Scriptores suecici medii aevi (Lund 1842-44, 2 Bde.), und die Darstellungen der schwedischen Geschichte von Dalin (s. d.), Sven Lagerbring (das. 1763-83, 4 Bde.; unvollendet, bis 1457; ein kürzeres Werk von ihm ist übersetzt u. d. T.: "Abriß der schwedischen Reichsgeschichte", Rostock 1776), Wagner (Leipz. 1778-89, 9 Bde.), Rühs (Halle 1803-14, 5 Bde.) und als Hauptwerke die von Geijer (s. d.), Strinnholm (s. d.), Mellin (s. d.), Fryxell (s. d.); "Sveriges historia" von Montelius, Hildebrand, Alin u. a. (Stockh. 1876-81, 6 Bde.); Nordenflycht, Die schwedische Staatsverfassung in ihrer geschichtlichen Entwickelung (Berl. 1861); Hildebrand, Das heidnische Zeitalter in S. (deutsch von Mestorf, Hamb. 1873); Weidling, Schwedische Geschichte im Zeitalter der Reformation (Gotha 1882); Swederus, Schwedens Politik und Kriege in den Jahren 1808-14 (deutsch, Leipz. 1865-66, 2 Bde.).

Schwedenschanzen, s. Befestigung (prähistor.).

Schwedische Gymnastik, s. Ling und Heilgymnastik.

Schwedische Litteratur. Wie die dänische und norwegische, so ist auch die s. L. ein Ausläufer der altnordischen und erst verhältnismäßig spät von dieser abgezweigt. So sind z. B. die Runeninschriften (s. Runen), die man überall in Schweden und den andern skandinavischen Ländern findet, noch in der gemeinsamen Stammsprache abgefaßt. Erst in den Aufzeichnungen der alten Gaugesetze aus der letzten Hälfte des 13. Jahrh. begegnen wir einem spezifisch schwedischen Idiom, das sich, neben dem dänischen, dem norwegischen ziemlich scharf gegenüberstellt. Durch die Einwirkung der Hanseaten (s. Hansa), welche in allen größern Städten Schwedens und Dänemarks Handelsniederlassungen gegründet hatten, wurde indessen die Schriftsprache bald mit niederdeutschen Wörtern und Wendungen vollständig durchsetzt, und die Verbindung Schwedens und Dänemarks während des Bestandes der Kalmarer Union trug ebenfalls dazu bei, die schwedische Sprache durch dänische Ausdrücke zu verunreinigen. Die Folge war, daß noch zur Zeit der Reformation eine Sprache geschrieben wurde, welche fast zur Hälfte aus Plattdeutsch und Dänisch bestand. Mit der Reformation macht sich aber ein bedeutender Fortschritt in dieser Beziehung bemerkbar, und von dieser Zeit an datiert denn auch erst eine eigentliche, selbständige schwedische Nationallitteratur. Was aus der vorhergehenden Periode aufbewahrt ist, ist mit wenigen Ausnahmen in lateinischer Sprache abgefaßt; doch sind uns immerhin noch einige Werke erhalten, welche als schätzenswerte Versuche erwähnt zu werden verdienen. So vor allem das aus der ersten Hälfte des 14. Jahrh. stammende populär-philosophische Werk "En nytigh bok um styrilsi kununga ok höfdinga" (hrsg. von Geete, Stockh. 1878), ferner die Offenbarungen der heil. Birgitta, der Stifterin des einst im Norden weitverbreiteten Birgittenordens (1304-72), von Petrus Olaus zuerst in schwedischer, später auch in lateinischer Sprache aufgezeichnet. Außerdem sind zu erwähnen der erste Versuch einer Bibelübersetzung vom Kanonikus Matthias in Linköping (gest. 1350), zwei Reimchroniken, von denen die eine mit dem Sagenalter, die andre mit dem Jahr 1220 beginnt, sowie die lateinisch geschriebene Geschichte der Schweden und Goten von Ericus Olai, die bis 1464 reicht. Von Interesse sind auch noch die im 14. Jahrh. auf Veranlassung der norwegischen Königin Eufemia ins Schwedische übersetzten versifizierten französischen Ritterromane: "Iwan och Gawian", "Fredrik af Normandie" und "Flores och Blanzeflor". Aber irgend etwas Hervorragendes bietet die vorreformatorische Periode, wie gesagt, nicht, und selbst die Gründung der ersten schwedischen Universität zu Upsala, welche ins Jahr 1477 fällt, führte keinen bemerkbaren Aufschwung herbei. Bessere Zustände wurden erst durch Olaus Petri angebahnt, der 3 Jahre lang Luthers und Melanchthons Schüler gewesen war und nach seiner Heimkehr (1519) mit seinem Bruder Laurentius Petri für die Sache der Reformation zu wirken begann. Die beiden Brüder nützten der Litteratur nicht allein durch ihre Bibelübersetzung (Stockh. 1540), welche, obschon keineswegs frei von Germanismen (da ihr Luthers Übersetzung zu Grunde liegt), dennoch die Entwickelung der Prosa mächtig gefördert hat, sondern auch durch ihre gerichtlichen Arbeiten, Predigten und Kirchenlieder. Olaus Petri versuchte sich auch als dramatischer Dichter in seiner "Tobiä comödia", welche den spätern Versuchen in dieser Dichtungsart zum Muster diente. Der erste Geschichtschreiber, welcher sich ein allgemein anerkanntes Verdienst um die Geschichte seines neuen Vaterlandes (denn er war von Geburt ein Deutscher) erwarb, war Johannes Messenius (gest. 1637), der in seinem großen Werk "Scondia illustrata", geschrieben in gutem Latein während seiner 20jährigen harten Gefangenschaft zu Cajaneborg in Finnland 1616-35, in 20 Bänden, von denen Peringsköld (1700-1705) Bd. 1-13 und 15 herausgegeben hat (Bd. 14 sowie 16-20 sind verloren gegangen), die erste wertvolle, wenn auch unkritische Reichsgeschichte geliefert hat. Sowohl er als sein Sohn machten auch im dramatischen Fach Versuche ("Disa", "Svanhuita", "Signill", "Gustafs I.'s comoedia" etc.), die jedoch,