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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwedische Litteratur

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Schwedische Litteratur (19. Jahrhundert).

Dichtkunst vollendete Werke schuf, aber gern abstrakte Gegenstände zur poetischen Behandlung wählte, und Erik Sjöberg (pseudonym Vitalis, gest. 1828), der sowohl als elegischer wie als satirischer Dichter hervorragte und an Originalität seinen Freund Karl Aug. Nicander (gest. 1839) bei weitem übertraf, obgleich dieser sich wiederum durch die gelungene Form seiner Gedichte und durch musterhafte Übersetzungen (z. B. Schillers) auszeichnete. Andre, zu keiner Partei gehörende Dichter jener Zeit waren Christian Erik Fahlcrantz (gest. 1866, "Noaks ark") und Jonas Ludw. Almquist (gest. 1866), eine der eigentümlichsten Erscheinungen in der schwedischen Litteratur, auch als Romanschriftsteller ausgezeichnet. Eine neue Richtung machte sich sodann in einer Gruppe von Dichtern geltend, welche Tegnérs Streben nach Klarheit mit der tiefern Auffassung und Natursymbolik der Phosphoristen zu vereinigen suchten. Die Hauptvertreter dieser Richtung waren Bernh. Elis Malmström (gest. 1865) und Karl Wilh. Böttiger (gest. 1879), während andre, wie J. ^[Johan] Anders Wadman (gest. 1837), Wilh. v. Braun (gest. 1860) und die Liederdichter Elias Sehlstedt (gest. 1874) und Gunnar Wennerberg, ein humoristisches Element in die Litteratur einführten. Epochemachend für die s. L. wurde der Finne Joh. Ludwig Runeberg (gest. 1877), unbedingt der erste schwedische Dichter der jüngsten Epoche, indem er in der epischen ("Fänrik Ståls sägner") wie in der lyrischen Poesie höher steht als irgend ein andrer und auch im Drama ("Kungarne på Salamis") Bedeutendes geleistet hat. Ihm schließt sich in Finnland eine Gruppe von Dichtern an, die als "Runebergsche Schule" bezeichnet werden kann, und deren Haupteigenschaft in dem Streben besteht, lebhafte und gefühlvolle Schilderungen, meist auf heimische Verhältnisse bezüglich, in klarer, ungekünstelter Weise auszuführen. Dazu gehören namentlich: die Lyriker Nervander (gest. 1848) und Stenbäck (gest. 1870), Cygnäus (gest. 1881), Verfasser von lyrischen und dramatischen Dichtungen, und Zachris Topelius (geb. 1818), als Lyriker und Dramatiker wie als Erzähler ausgezeichnet, sowie der Dramatiker Jul. Vecksell (geb. 1838, "Daniel Hjort"). Die politische Poesie fand in Schweden einen talentvollen Vertreter an K. Wilh. Strandberg (pseudonym Talis Qualis, gest. 1877). Sonst sind von neuern Dichtern noch zu nennen: Gudmund Silfverstolpe (gest. 1853), Joh. Nybom (geb. 1815), Osk. Patrik Sturtzenbecker ^[richtig: Sturzenbecker] (pseudonym Orvar Odd, gest. 1869), Hermann Sätherberg (geb. 1812), Fredrik Ridderstad (gest. 1886), Lorenz Sommelius (gest. 1848), Fredr. W. Scholander (geb. 1816, pseudonym Acharius), Karl Rupert Nyblom (geb. 1832), der Komödiendichter Joh. Jolin (geb. 1818), Frans Hedberg (geb. 1828), als Erzähler und Lustspieldichter gleich ausgezeichnet, Graf Snoilsky (geb. 1841) u. a. Auch die Könige Karl XV. und Oskar II. haben Gedichte veröffentlicht.

Der Roman hatte in Schweden seit Mörks Zeiten (s. oben) fast ganz brach gelegen und fand erst im 19. Jahrh. wieder Bearbeiter, von denen wir zunächst Fredrik Cederborgh (gest. 1835), Verfasser der komischen Romane: "Uno von Trasenberg" und "Ottar Tralling", welche die Zustände des Alltagslebens von ihrer lächerlichen Seite schildern, und Friederike Bremer (gest. 1865) anführen, in deren spätern Romanen indes Unnatürlichkeit und Sentimentalität an die Stelle der frischen Naivität und der feinen Beobachtungsgabe traten, durch die sich ihre frühern Werke ("Teckningar ur hvardagslifvet", "Presidentens döttrar" etc.) auszeichneten. Während Fr. Bremer das Leben der Mittelklassen schildert, suchte Sophie Marg. v. Knorring (gest. 1848) den Stoff zu ihren anmutigen, aber weniger unbefangenen Erzählungen in den höhern Kreisen der Gesellschaft, für deren Thorheiten und hohles Wesen sie einen offenen Blick hatte, während Emilie Flygare-Carlén (geb. 1807) sich durch treue und phantasiereiche Schilderungen des Volkslebens und der Natur Berühmtheit erwarb. Auch Karl Ant. Wetterbergh (gest. 1889, pseudonym Onkel Adam) entnimmt den Stoff zu seinen durch feine Beobachtungen und milden Humor ausgezeichneten Erzählungen dem alltäglichen Leben und den untern Klassen der Bevölkerung, ebenso Aug. Blanche (gest. 1868), der nebenbei auch eine Reihe ergötzlicher Lustspiele geliefert hat, die sich wie seine Novellen meistens in Stockholmer Verhältnissen bewegen. Der historische Roman nach W. Scotts Muster fand glückliche Bearbeiter in G. W. Gumälius (gest. 1877, "Tord Bonde"), Per Georg Sparre (gest. 1871), Henrik Mellin (gest. 1876), K. Sam. Fredrik v. Zeipel (gest. 1849, "Seton", "Sammansvurna"), K. Anders Kullberg (gest. 1857, "Gustaf III. och hans hof"). Meisterhaft in der Darstellung sind Magn. Jakob Crusenstolpes (gest. 1865) hierher gehörige Werke ("Morianen", "Karl Johan og Svenskarne" u. a.), wenn sie auch, als Zeitbilder betrachtet, unzuverlässig sind, da die Thatsachen oft verdreht und tendenziös gruppiert werden. Weiter sind als Romanschriftsteller zu erwähnen: Karl Fredr. Ridderstad (gest. 1886), der den Stoff zu seinen interessanten Erzählungen teils der Geschichte, teils der Gegenwart entlehnt; der schon genannte Finne Zachris Topelius (geb. 1818), dessen Romancyklus "Feltskärens berättelser" zu den besten Prosawerken Schwedens gezählt wird; Victor Rydberg (geb. 1829), Verfasser der Romane: "Den siste Athenaren", "Fribytaren på Östersjön", "Singoalla" etc., zugleich ein Vorkämpfer freisinniger Ideen auf allen Gebieten, und Sophie Schwartz (geb. 1819), Verfasserin zahlreicher Tendenzromane, die ein bedeutendes Darstellungsvermögen und genaue Beobachtungsgabe bekunden. Sehr schätzbare Beiträge zur Kenntnis des Lebens und der Sitten der untern Volksklassen lieferten der Theolog Sam. Ödman ("Hågkomster från hembygden och skolan"), Lovén ("Folklifvet i Skytts härad") und Hyltén-Cavallius ("Värend och virdarne").

Einen neuen Aufschwung nahm die s. L. nach dem Auftreten von Georg Brandes (s. d. 4) in Dänemark zu Anfang der 70er Jahre. Auch in Schweden sammelte sich nämlich um die von ihm vertretenen Prinzipien eine Schar junger und begabter Kräfte, die bald zu immer wachsender Bedeutung gelangte. Als der hervorragendste unter diesen verdient August Strindberg erwähnt zu werden, ferner Anne Charlotte Edgren, Alfhild Agrell, G. af Geijerstam, Bååth, Wijkander, Molander u. a.; dieselben haben heutzutage das Gebiet der schwedischen Litteratur so gut wie vollständig monopolisiert. - Durch Übersetzungen fremder Litteraturwerke machten sich verdient: Aug. Hagberg (Shakespeare), Böttiger (Tasso), Stjernstolpe ("Don Quichotte", "Oberon"), Nicander (Schillers Tragödien), K. A. Kullberg (Tasso und Ariost), Johanson (Homer), Rammer (Molière), Strandberg (Byron), Nils Lovén (Dante u. Camoens), Ömann (Milton), Rydberg (Goethes "Faust") u. a.

In der wissenschaftlichen Litteratur wird der Übergang vom 18. zum 19. Jahrh. nicht von Streitigkeiten und Kämpfen bewegt, wie sie die Entwickelung