Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwefelkopf; Schwefelkupfer; Schwefellebern; Schwefelmännchen; Schwefelmetalle

727

Schwefelkopf - Schwefelmetalle.

Rektifikation gereinigt. Hierbei läßt man die Schwefelkohlenstoffdämpfe durch konzentrierte Kalilauge und durch Lösungen von Blei-, Eisen- und Kupfersalzen streichen, auch benutzt man zur Reinigung Chlorwasser, Chlorkalklösung, übermangansaures Kali, Quecksilber und schwefelsaures Quecksilberoxyd, und für gewisse Zwecke destilliert man ihn wiederholt über fettes Öl, welches die Verunreinigungen zurückhält. Der gereinigte S. bildet eine farblose, stark lichtbrechende, leicht bewegliche Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,292 bei 0° und 1,268 bei 15°, er schmeckt aromatisch, riecht eigentümlich chloroformartig, siedet bei 46° und wird wegen dieser großen Flüchtigkeit am besten unter Wasser aufbewahrt. Er erstarrt nicht bei -110°, gibt aber beim Aufblasen eines kräftigen Luftstroms eine feste, weiße Masse, die bei -12° schmilzt, er löst sich in 1000 Teilen Wasser, mischt sich mit Alkohol und Äther, löst Öle, Fette, Harze, Teer, Schwefel, Phosphor, Jod, Kautschuk, Guttapercha, ist äußerst leicht entzündlich und verbrennt mit blauer Flamme zu schwefliger Säure und Kohlensäure. Sein mit Luft gemengter Dampf explodiert bei Annäherung einer Flamme mit großer Heftigkeit, so daß das Arbeiten mit S. äußerste Vorsicht erfordert. Füllt man S. in eine Petroleumlampe mit Runddocht, kühlt das Gefäß mit kaltem Wasser und leitet in das Brennrohr Stickstoffoxyd, welches in der Höhe der Flammenbasis ausströmt, so erhält man eine glänzende Flamme, welche so reich an chemisch wirksamen Strahlen ist, daß man diese Sellsche Lampe zur Aufnahme von Photographien in dunkeln Räumen benutzen kann. Am Licht wird S. gelb und übelriechend. S. verbindet sich mit Schwefelmetallen zu eigentümlichen Salzen (Sulfocarbonate), von denen die der Alkalien und alkalischen Erden direkt aus S. und Schwefelmetallen entstehen, schwer in fester Form zu erhalten und leicht zersetzbar sind. Versetzt man eine alkoholische Kalilösung mit S., so entsteht xanthogensaures Kali, welches farblose, seidenglänzende Kristalle bildet und zum Konservieren von Nahrungsmitteln, zur Vertilgung der Reblaus sowie zu Schieß- und Sprengpulver (mit Salpeter und Kohle) empfohlen wurde. Dauerndes Einatmen mit S. verunreinigter Luft wirkt sehr schädlich und erzeugt schließlich Abschwächung aller Körper- und Geisteskräfte. Kleinere Tiere werden durch den Dampf von S. sehr schnell getötet. S. wirkt auch stark antiseptisch, und Fleisch und Früchte können in S. enthaltender Luft lange aufbewahrt werden, ohne daß Fäulnis oder Gärung eintritt. S. dient zum Vulkanisieren und Lösen von Kautschuk, zum Extrahieren von Fett aus Knochen, Samen, Ölkuchen, Putzlappen, zum Entfetten der Wolle, zur Darstellung von Gewürzextrakten, zum Ausziehen von Schwefel aus ärmern Schwefelerzen und von Asphalt aus bituminösen Gesteinen, zur Herstellung von Blutlaugensalz und Rhodanammonium, zur Darstellung von Phosphorlösung für Brandgeschosse, zur Reinigung des Stearins und Paraffins, zur Erzielung einer glänzenden galvanischen Versilberung, zum Desinfizieren und zum Schwefeln von Fässern, zum Töten der Ratten, Motten, des Kornwurms, als Reagens, zum Füllen von Thermometern und Prismen, zum Betrieb von Dampfmaschinen etc. S. wurde 1796 von Lampadius entdeckt und 1802 von Clément und Desormes genauer untersucht. Schon der Entdecker empfahl ihn zu technischer Verwendung, der eigentliche Urheber der Schwefelkohlenstoffindustrie ist indes Jesse Fisher in Birmingham (1843), welchem sich später Deiß und Seyffert anschlossen. Ersterer nahm 1855 ein französisches Patent zur Ölextraktion mittels Schwefelkohlenstoffs, und letzterer benutzte zuerst in Deutschland (Braunschweig) den S. zu diesem Zweck.

Schwefelkopf, Pilz, s. Agaricus V.

Schwefelkupfer, s. Kupfersulfurete.

Schwefellebern, Verbindungen der Alkalimetalle und des Calciums mit Schwefel, im engern Sinn die Polysulfurete des Kaliums, wie man sie durch Zusammenschmelzen von 2 Teilen kohlensaurem Kali mit 1 Teil Schwefel erhält. Die leberbraune Masse (Kalium sulfuratum, Hepar sulfuris) bildet ein Gemisch von einem oder mehreren Polysulfureten des Kaliums mit unterschwefligsaurem Kali oder, wenn die Temperatur sehr hoch war, schwefelsaurem Kali. Die Schwefelleber gibt mit Wasser eine braungelbe Lösung, die auf Zusatz von Säure Schwefelwasserstoff entwickelt und viel Schwefel fallen läßt. An der Luft verwandelt sich die Lösung allmählich in unterschwefligsaures und schwefelsaures Kali. Man benutzt sie, aus reinem kohlensauren Kali bereitet, als Arzneimittel für innerlichen Gebrauch, aus roher Pottasche bereitet, zu sogen. Schwefelbädern. Zur Darstellung des äußerst fein zerteilten, in der Medizin gebräuchlichen gefällten Schwefels (Sulfur praecipitatum, Schwefelmilch, Lac sulfuris) benutzt man Kalkschwefelleber, die man zu diesem Zweck durch Kochen von Kalkmilch mit Schwefelblumen bereitet und mit Salzsäure zersetzt. Hierbei entweicht Schwefelwasserstoff, und Schwefel fällt nieder.

Schwefelmännchen, s. Schwefelfaden.

Schwefelmetalle (Sulfurete), Verbindungen der Metalle mit Schwefel, finden sich zum Teil in der Natur als Kiese, Glanze und Blenden, entstehen häufig direkt beim Zusammenbringen des Metalls mit Schwefel und bisweilen unter Feuererscheinung, ferner bei Einwirkung von Schwefel, Schwefelwasserstoff oder Schwefelkohlenstoffdampf auf Metalloxyde, bisweilen nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von kohlensaurem Kali und Kohle; sie entstehen auch bei Einwirkung von Schwefelwasserstoff oder Schwefelammonium auf Metalle oder Metallsalze, und indem man Schwefelsäuresalzen sämtlichen Sauerstoff entzieht, sei es durch Erhitzen in Wasserstoff oder mit Kohle oder durch Einwirkung faulender organischer Substanzen. Auf letztere Weise entsteht besonders häufig Schwefeleisen in der Natur. Meist bilden die Metalle ihren Oxyden entsprechende Schwefelverbindungen, und in vielen Fällen hat man daher verschiedene Schwefelungsstufen eines und desselben Metalls zu unterscheiden, von denen die niedern als Sulfurete oder Einfachschwefelmetalle, die höhern (Polysulfurete) als Bis-, Ter-, Quater- oder Di-, Tri-, Tetrasulfurete (Zweifach-, Dreifach-, Vierfachschwefelmetalle) bezeichnet werden. Die einzelnen S. zeigen auch weiterhin manche Ähnlichkeit mit den Oxyden. Wie gewisse Oxyde mit Wasser Basen (Sauerstoffbasen, Hydroxyde) bilden, so bilden die denselben Oxyden entsprechenden Sulfurete mit Wasser Basen, welche zum Unterschied von den Sauerstoffbasen Sulfobasen (Hydrosulfide) genannt werden. Ebenso entsprechen den säurebildenden Oxyden Sulfüre und Sulfide, welche den Sauerstoffsäuren entsprechende Sulfosäuren bilden. Außerdem gibt es auch indifferente S. Die Sulfobasen vereinigen sich mit den Sulfosäuren zu Sulfosalzen, welche vollständig den Sauerstoffsalzen entsprechen, aber an Stelle des Sauerstoffs Schwefel enthalten. Die S. sind feste, oft sehr charakteristisch und lebhaft gefärbte Körper, von denen die der Alkalimetalle leicht, die der Erdalkalimetalle schwer, die übrigen