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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schweinfurt; Schweinfurter Grün

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Schweinfurt - Schweinfurter Grün.

Schweine. Ein besonderes Interesse hat die amerikanische S. (Swine-Plague, Hog-Cholera), eine epidemische Krankheit mit außerordentlich perniziösem Verlauf, welche in den letzten Jahren in Nordamerika zeitweise mehr als die Hälfte des gesamten Schweinebestandes zu Grunde richtete. Die Seuche besitzt in ihrem Krankheitsverlauf wie in der Art ihrer Ausbreitung eine gewisse Ähnlichkeit mit der in Deutschland zuweilen grassierenden Rotlaufseuche der Schweine. Indes kann nicht behauptet werden, daß beide Seuchen identisch seien. Die amerikanische S. manifestiert sich als eine ansteckende, fieberhaft und fast immer tödlich verlaufende akute Infektionskrankheit, welche gewöhnlich durch Berührung gesunder Schweine mit kranken übertragen wird; außerdem soll aber auch durch die Auswurfstoffe kranker und gestorbener Schweine die mittelbare Infektion nicht selten sein. Impfversuche bei Schweinen hatten die Ansteckung zur Folge. Auch Kaninchen und Schafe konnten mittels der Impfung infiziert werden. Die Inkubationszeit dauert 3-7 Tage. Mit dem hiernach erfolgenden Ausbruch des Fiebers entwickeln sich zugleich entzündliche Lokalaffektionen in der Respirationsschleimhaut, in den Lungen, am Herzen und an der Pleura. Aber auch im Darmkanal, besonders im Dickdarm, entsteht eine diffuse Entzündung. Das Blut soll spezifische pflanzliche Mikroorganismen (Bakterien) enthalten. Bei der von allen Seiten hervorgehobenen Ansteckungsfähigkeit wird die amerikanische S. auch in Europa mit Aufmerksamkeit verfolgt, zumal wiederholt Versuche gemacht sind, mittels großer Transportschiffe magere Schweine aus Nordamerika nach Europa in den Handel zu bringen, Seit 1887 ist die S. auch in Schweden und Dänemark aufgetreten. Die deutsche Reichsregierung hat infolgedessen die Einfuhr von lebenden Schweinen aus diesen Ländern nach Deutschland verboten, und da keine Sicherheit dafür besteht, daß bei dem perniziösen Charakter der amerikanischen S. nicht auch kranke Tiere zum Zweck der Fleischverwertung geschlachtet werden, so ist zugleich das Verbot auf die Einfuhr von frischem, resp. präpariertem Fleisch ausgedehnt worden.

Schweinfurt, Bezirksamts- und unmittelbare Stadt im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, am rechten Ufer des Mains und in freundlicher Gegend an Rebenhügeln gelegen, Knotenpunkt der Linien Bamberg-Würzburg, Oberndorf-Meiningen und Oberndorf-Gemünden der Bayrischen Staatsbahn, 213 m ü. M., ist mit noch teilweise erhaltenen Festungswerken (von Gustav Adolf erbaut) und hübschen Anlagen umgeben, hat 2 evang. Kirchen (darunter die gotische Johanniskirche mit hohem Turm), eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein stattliches gotisches Rathaus mit Bibliothek, eine Markthalle, große Marktstallungen etc. u. (1885) 12,502 meist evang. Einw. Die Industrie ist sehr lebhaft. S. hat bedeutende Fabrikation von Farben (Schweinfurter Grün, Bleiweiß, Ultramarin), Fabriken für Herstellung von Schuhwaren, Malz, Maschinen, Leder, Zucker, Stärke, Nudeln, Margarinbutter, Schrot, Seife, Lichten, Likör, Tabak, Baumwollgarn, Mineralwasser, Korb- u. Faßwaren, Brauerei- u. Brennereiapparaten etc., ferner zwei große Kunstmühlen, Dampfsäge- und Lohmühlen, Glockengießerei, lithographische Anstalten, Porzellanmalerei, große Bierbrauereien, Ziegelbrennerei, Getreide-, Obst-, Wein- und Gemüsebau u. dgl. m. Der Handel, unterstützt durch eine Filiale der königlichen Bank in Nürnberg und eine Agentur der Bayrischen Notenbank, ist bedeutend in Materialwaren, Droguen, Wein, Spiritus, namentlich aber in Vieh. Die dortigen Rindvieh- und Schafmärkte, welche alle 14 Tage abgehalten werden, zählen zu den bedeutendsten Deutschlands. Der Zutrieb beträgt im Jahr etwa 30-40,000 Rinder (wovon 5-6000 schwere Zugochsen im Wert von 3 Mill. Mk. nach Norddeutschland ausgeführt werden) und 40-50,000 Schafe. S. ist Sitz eines Landgerichts, eines Forstamtes, eines Hauptzollamtes und hat ein Gymnasium (von Gustav Adolf gegründet), eine Realschule, ein Theater, ein Waisenhaus, ein Rettungshaus für verwahrloste Kinder, einen Gewerbeverein mit Gewerbehalle etc. Nahebei das stattliche Schloß Mainberg am Main (ehedem eine Burg der Grafen von Henneberg, jetzt der Familie Sattler gehörig) mit sehenswerten Altertümern und schönen Anlagen, desgleichen die Ruine Peterstirn, seit 1874 im altertümlichen Stil neu auf- und ausgebaut. S. ist Geburtsort des Dichters Rückert. An seinem Geburtshaus auf dem Marktplatz eine Gedenktafel mit Reliefbild in Bronze. Ein Standbild des Dichters wird im J. 1889 auf dem Marktplatz errichtet. Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 15 Amtsgerichte zu Bischofsheim v. d. Rh., Eltmann, Euerdorf, Gerolzhofen, Hammelburg, Haßfurt, Hofheim i. B., Kissingen, Königshofen, Mellrichstadt, Münnerstadt, Neustadt a. S., S., Volkach und Werneck. - S. (Suinfurt, Suinvordi) war schon im 10. Jahrh. eine Burg und Sitz der Markgrafen von S., wurde aber 1003 nach der Empörung des Markgrafen Heinrich auf Befehl des Königs Heinrich II. geschleift. Als das markgräfliche Geschlecht 1057 ausstarb, fiel S. an das Reich zurück, kam dann an die Grafen von Henneberg und erhielt im 13. Jahrh. Stadtrecht. Die Stadt, welche nun Reichsunmittelbarkeit beanspruchte, wurde 1240 vom Bischof von Würzburg zerstört, 1259 neu erbaut und war längere Zeit an Würzburg und Henneberg verpfändet. 1354 ging die Pfandschaft an den Bischof von Würzburg allein über, ward aber 1431 von der Stadt abgelöst und damit die Reichsfreiheit erworben. 1553 vom Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach besetzt, ward S. 1554 von bischöflichem und nürnbergischem Kriegsvolk erobert und verbrannt. 1803 kam die Stadt an Bayern, 1810 an das Kurfürstentum Würzburg, 1814 aber wieder an Bayern. Vgl. Beck, Chronik der Stadt S. (Schweinf. 1836-41, 2 Bde.); Enderlein, Die Reichsstadt S. während des letzten Jahrzehnts ihrer Reichsunmittelbarkeit (das. 1863); Stein, Geschichte der Stadt S. (das. 1873); Derselbe, Monumenta Suinfurtensia (das. 1875).

^[Abb.: Wappen von Schweinfurt.]

Schweinfurter Grün, schönste grüne Kupferfarbe, eine Verbindung von essigsaurem Kupferoxyd mit arsenigsaurem Kupferoxyd (C2H3O2)2Cu+3(CuAs2O4)^[(C_{2}H_{3}O_{2})_{2}Cu+3(CuAs_{2}O_{4})], wird dargestellt, indem man eine Lösung von Grünspan oder neutralem essigsauren Kupferoxyd mit einer Lösung von arseniger Säure fällt; doch kann man statt des essigsauren Kupferoxyds auch eine Mischung von schwefelsaurem Kupferoxyd und essigsaurem Natron oder essigsaurem Kalk anwenden. Das S. fällt stets um so grobkörniger, kristallinischer und dunkler aus, je langsamer es sich bildete; beim Zerreiben aber nimmt es stets die Farbe des schnell erzeugten, weniger kristallinischen Präparats an. Das S. ist prachtvoll grün, unlöslich in Wasser, wird bei längerm Kochen mit Wasser zersetzt, ist an Licht und Luft unveränderlich, zersetzt sich aber mit Schwefel-^[folgende Seite]