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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Seel; Seelamprete; Seeland

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Seel - Seeland.

trat später die als "Stern des Meers" angerufene heil. Jungfrau; in Frankreich wallfahrten die Seeleute zu den Strandkirchen ihrer Mutter, der heil. Anna. - Der S. im engern Sinn, der sich meist an einsamen Waldseen vollzog, richtete sich an die Mächte der Tiefe, den Mutterschoß der Erde, aus dem Leben und Fruchtbarkeit emporsprießt, um nach dem Absterben wieder in denselben zurückzukehren, und war daher bei den meisten alten Völkern mit dem Kultus der Erdmutter, der Fruchtbarkeits- und Totengöttin, eng verbunden. Die Tempel der Mutter An bei den Assyrern, der Anaitis in Syrien, der Kybele in Phrygien, der Buto in Ägypten, der Artemis in Taurien und Griechenland, der Diana in Italien, der Hertha (Nerthus) bei den Germanen etc. waren entweder am Ufer solcher Waldseen angelegt, wie z. B. zahlreiche auf Pfahlrosten stehende Artemistempel in Griechenland oder der in neuester Zeit ausgegrabene Dianentempel am Nemisee bei Rom, oder es befand sich ein künstlich ausgegrabener See in unmittelbarer Verbindung mit demselben. An bestimmten Jahresfesten wurde das Tempelbild der Göttin in Prozession zu dem See geführt und in demselben gebadet; damit scheinen, namentlich im Artemis- und Herthakultus, sehr häufig Menschenopfer, die im heiligen See ertränkt wurden, verbunden gewesen zu sein. Später traten an die Stelle der Menschenopfer Weihgaben aus Wertgegenständen, die in den See geworfen wurden, wobei man es, wie Zosimos berichtet, als günstiges Zeichen nahm, wenn die in kostbare Stoffe eingehüllten Gold-, Silber- und sonstigen Weihgaben im See des Anaitistempels zu Aphaka (im Libanon) sogleich untersanken, und es als Vorbedeutung des nahen Falles von Palmyra ansah, als der See das Opfer der Zenobia verschmähte. Nach der Ansicht von Keller, Worsaae und andrer Prähistoriker hat ein ähnlicher S. in den Pfahlbau-Ansiedelungen von ganz Europa stattgefunden, denn nur so scheinen sich die massenhaften Funde ungebrauchter Gold- und Bronzegegenstände, Schmucksachen u. dgl. ungezwungen zu erklären, die man an bestimmten Stellen der Pfahlbauten und auch sonst im alten Seeboden findet, und zu deren Erklärung man früher an Magazinbrände u. dgl. dachte. Aus mancherlei Gründen hat E. Krause nachzuweisen gesucht, daß es sich in den Pfahlbauten um einen Dianakult gehandelt habe, worauf auch die zahlreichen thönernen Mondsicheln zu deuten scheinen, die man neben massenhaften Bronzeschmucksachen bei Niedau am Bieler See fand, die aber von andern als Halskissen, um die Kopffrisur über Nacht zu schonen, angesehen werden. Überreste des alten S. haben sich noch hier und da, unter anderm auch in der auf die Menschenopfer beziehbaren Redensart: "der See will sein Opfer haben!" erhalten. Der Nixe des sehr tiefen Blautopfs (s. d.) bei Blaubeuren soll noch 1641 ein goldener Becher geopfert worden sein, um das stürmische, die Umgebung mit Überschwemmung bedrohende Aufwallen desselben zu besänftigen. Auch der Ring des Polykrates und das Ringopfer des Dogen der aus einem Pfahlbau entstandenen Stadt Venedig scheinen solche Überreste des alten S. gewesen zu sein.

Seel, Adolf, Maler, geb. 1829 zu Wiesbaden, besuchte 1844-50 die Akademie in Düsseldorf, wo er sich besonders an K. Sohn anschloß, bildete sich dann ein Jahr in Paris und 1864 und 1865 in Italien weiter aus, bereiste 1870 und 1871 Spanien, Portugal und die Nordküste Afrikas sowie 1873 und 1874 den Orient, wo seine Neigung für die Architekturmalerei reiche Nahrung fand. Seine Architekturstücke, besonders die arabischen und maurischen Bauwerke, sind von meisterhafter Perspektive, Beleuchtung und Färbung und gewöhnlich mit ebenso trefflich gemalter Staffage versehen. Unter den ältern derselben ragen besonders hervor: Inneres einer byzantinischen Kirche (1862), Motiv aus San Marco in Venedig, der Kreuzgang des Doms zu Halberstadt im Winter (Hauptbild), unter den spätern: Taufkapelle in San Marco, Löwenhof der Alhambra, arabischer Hof in Kairo (1876, Nationalgalerie in Berlin) und der ägyptische Harem (1878).

Seelamprete, s. Neunauge.

Seeland, 1) (dän. Själland, bei Dichtern auch Sjölund) die größte und wichtigste der dän. Inseln, wird umgeben von dem Kattegat, dem Öresund, der Ostsee und dem Großen Belt. Durch den Isefjord, der 60 km tief ins Land einschneidet und sich in zwei Arme spaltet, von denen der westliche den Namen beibehält und als Lammefjord (von welchem ein Teil trocken gelegt ist) und Holbäkfjord endigt, der östliche aber Roeskildefjord heißt, werden drei Halbinseln gebildet, eine große nordöstliche, Hornsherred in der Mitte und Odsherred im W., von welch letzterer die lange und schmale Halbinsel Själlands Odde sich in das Kattegat erstreckt. Im Süden wird S. durch den Ulvsund und die Vordingborgbucht von den Inseln Möen und Falster getrennt; im NW., am Großen Belt, öffnet sich zwischen den Halbinseln Asnäs und Refsnäs der Kallundborgfjord und zwischen Refsnäs und Odsherred die große Seieröbucht. Die größte Länge der Insel beträgt 131 km und die größte Breite 109 km. Der Flächeninhalt beträgt 6915 qkm (125½ QM.), aber einschließlich der umliegenden und in administrativer Hinsicht verbundenen Inseln Möen, Samsö, Amak, Sprogö, Seierö, Masnedö und vieler kleinern, 7360 qkm (133 3/5 QM.), die Zahl der Bewohner (1880) 721,703. S. ist im ganzen ein niedriges, wellenförmiges, fast überall fruchtbares Land, von dessen früherm Waldreichtum noch hier und da ansehnliche Überreste in den herrlichen Buchenwäldern vorhanden sind. Im südöstlichen Teil der Insel liegen die drei Höhenpunkte Overdrevsbakken bei Vester Egede (116 m), Dystedhöi (116 m) und Vindhöi (104 m), südlicher der Kobanke (123 m) und nordöstlicher der Faxe Kalkbjerg (77 m), mit Kalksteinbrüchen, die jährlich ca. 27,000 cbm liefern. Von hier erstreckt sich gegen O., zwischen der Kjöge- und Prästöbucht, das fruchtbare, nur wenig bewaldete Herred Stevns, das am Meer in dem steilen, fast 41 m hohen Kreideberg Stevnsklint endigt; nördlich davon erstreckt sich von der Kjögebucht bis an den Roeskildefjord eine große fruchtbare, fast ganz waldlose Ebene, die sogen. "Hede" (Heide). Die nordöstliche Halbinsel zwischen dem Roeskildefjord und dem Öresund ist wiederum hügelig, und da sie zugleich schöne Wälder und zahlreiche Landseen hat (Fure-, Esrom-, Arre-Sö u. a.), so gehört diese Gegend zu den schönsten in Dänemark. Hier liegen der wegen seiner herrlichen Aussicht bekannte Skandsebakke bei Frederiksborg (80 m) und der Maglehöi am Arre-Sö (69 m). Im Süden des Roeskilde- und Isefjords erstreckt sich ein Höhenzug, welcher im Mörkemosebjerg südlich von Holbäk 105 m und weiter westlich im Knösen 99 m erreicht; zwischen Roeskilde und Ringsted liegt der Gyldenlöveshöi (der höchste Punkt der Insel, 126 m) und auf dem schmalen Landstreifen, welcher das hohe Odsherred mit der übrigen Insel verbindet, der steil ansteigende Veirhöi (121 m). Auch die Umgegend von Sorö hat mehrere ansehn-^[folgende Seite]