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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Serbien

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Serbien (Areal, Bevölkerung, geistige Kultur, Ackerbau).

Morawitza. In die Donau münden ferner die Mlawa, der Pek, die Poretschka-Rieka und der Timok. Mineralquellen gibt es mehrere, warme besonders im östlichen Teil des Landes mit einer Temperatur von 44-73° C. Das Klima ist gemäßigt und angenehm, rauh nur im südlichen gebirgigen Teil des Landes. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt +10,15 C°, die Summe der Niederschläge 766 mm.

Areal und Bevölkerung.

Das Areal beträgt 48,586 qkm (882,37 QM.), und die Bevölkerung belief sich 1887 auf 2,007,646 Seelen, die sich auf die einzelnen Kreise wie folgt verteilen:

Kreise Flächeninhalt Zahl der

QKilom. Bezirke Städte Flecken Dörfer Einwohner i. J. 1887

Alexinatz 1649 3 1 2 130 73056

Belgrad (m. Hauptst.) 2042 5 1 2 122 131364

Čačak (Tschatschak) 3164 4 1 2 162 82358

Čuprija (Tschupria) 1635 2 1 4 90 74094

Jagodina 1397 2 1 2 127 75048

Knjaschewatz 1531 2 1 - 107 66154

Kragujewatz 2403 3 1 5 170 129938

Krajina 3259 4 1 5 76 87635

Kruschewatz 2118 3 1 3 208 88011

Nisch 2681 3 1 2 262 142998

Pirot 2697 3 1 1 168 82438

Podrinje 1231 3 1 2 96 65850

Poscharewatz 3638 7 1 6 178 195019

Rudnik 1558 3 1 - 115 61689

Schabatz 2135 2 1 2 111 98936

Smederewo 1164 2 1 1 55 96688

Toplitza 3679 3 1 1 366 77900

Uschitza 4344 6 1 5 188 133139

Waljewo 2905 4 1 2 202 107243

Wranja 1915 3 1 1 184 71203

Zrna Reka 1440 2 1 1 45 66885

Zusammen: 48586 69 21 49 3162 2007646

Die Bevölkerung besteht größtenteils aus Serben, daneben wurden 1884: 149,727 Rumänen gezählt. Zigeuner gibt es gegen 34,100, Juden 4126, Türken 2900, andrer Nationalität 17,500. Nach dem Geschlecht gibt es 972,773 männliche und 928,563 weibliche, also 100:94,5. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist nur gering, denn es leben auf 1 qkm nur 41 Seelen. In S. waren 1887: 22,555 Trauungen, 93,911 Geburten (darunter 900 unehelich) und 50,481 Sterbefälle. Der Geburtenüberschuß beträgt demnach 2,16 Proz. Die Lebensweise der Dorfbevölkerung ist eine althergebrachte, patriarchalische, doch bahnt sich auch hier die von W. eindringende Kultur immer breitere Wege, und das nicht immer zum Wohl der Nation (weiteres s. Serben). Der Religion nach sind die Serben griechisch-katholisch. Die Zahl der zu andern Konfessionen sich Bekennenden ist verschwindend klein. Die Beziehungen zum Patriarchen von Konstantinopel sind durch das Konkordat vom Januar 1832 (mit Zusatzakte von 1836) geordnet worden. Das Oberhaupt der serbischen Nationalkirche ist der Erzbischof von Belgrad, der als solcher den Titel "Metropolit von ganz S." führt. Ihm sind die Bischöfe von Nisch und Schitscha (Žiča) untergeordnet, indem sie mit ihm die Nationalsynode bilden, welche als oberste Kirchenbehörde sich alljährlich in Belgrad versammelt und mit der Oberaufsicht über die kirchlichen Angelegenheiten betraut ist. Die unter türkischer Herrschaft in dem gewonnenen Gebiet bestandenen Bistümer von Pirot und Wranja sind dem von Nisch einverleibt worden. Unter der Nationalsynode steht des Appellationskonsistorium zu Belgrad, welches sich einmal im Jahr versammelt und, unter dem Vorsitz eines von der Synode gewählten und vom König ernannten Bischofs aus sechs geistlichen Mitgliedern bestehend, als Revisions- und Berufungsinstanz in allen von den drei Eparchialkonsistorien als ersten Instanzen verhandelten und erledigten Angelegenheiten fungiert. Der Metropolit wie die zwei Bischöfe werden von der Nationalsynode aus den eingebornen Klostergeistlichen gewählt und vom König bestätigt; der übrige Klerus besteht aus Weltgeistlichen und Mönchen, welch letztere in Klöstern unter einem selbstgewählten Obern zusammenleben. Behufs der Verwaltung sind die drei Eparchien in 21 Protopresbyteriate geteilt, denen aber die 55 Klöster nicht untergeordnet sind. Den Katholiken und Protestanten ist freie Ausübung ihrer Religion gestattet. Der Übertritt aber aus der griechischen Nationalkirche zu einer andern Konfession ist aufs strengste verboten. Herkömmlich genießen auch die Juden Freiheit des Kultus. - Wiewohl sich die Staatsverwaltung die Hebung des öffentlichen Unterrichts sehr angelegen sein läßt, so steht doch die geistige Kultur noch auf einer ziemlich niedrigen Stufe. Die Unterrichtsanstalten zerfallen in Gemeinde- und in Staatsanstalten; zu erstern gehören die Volksschulen, zu diesen alle Mittelschulen und höhern Lehranstalten. Dem Gesetz nach soll in jeder Gemeinde, die 200 steuerzahlende Köpfe hat, eine Volksschule bestehen; doch sind dieser Pflicht noch nicht alle Gemeinden nachgekommen. Mit Ende des Schuljahrs 1888 hatte S. 608 Knaben- und 60 Mädchenschulen, die von 49,780 Schülern und 9136 Schülerinnen besucht wurden. Schulzwang besteht nicht. Die Mittelschulen sind teils gelehrte, teils Realschulen. Zu ihnen gehören 6 Obergymnasien und 2 Oberrealschulen mit je 7 Klassen, dann 16 Untergymnasien mit je 4 Klassen und 2 Unterrealschulen mit je 2 Klassen. In Kraljevo besteht eine Landwirtschaftsschule, mit der eine Musterwirtschaft verbunden ist. Neben diesen Schulen hat S. noch 2 Lehrerbildungsanstalten in Belgrad und Nisch, dann eine Handelsschule und seit 1863 eine vortrefflich organisierte höhere Mädchenschule zu Belgrad. Höhere Lehranstalten sind: eine Hochschule mit drei Fakultäten (einer philosophischen, einer juristischen und einer technischen), eine theologische Lehranstalt zur Ausbildung griechisch-katholischer Geistlichen und eine Kriegsakademie, alle drei zu Belgrad. Als größere Bibliothek ist die Staatsbibliothek in Belgrad zu erwähnen, neben der auch ein Nationalmuseum besteht, welches besonders reich an römischen Altertümern (Münzen) ist.

Erwerbszweige.

Obwohl S. von Natur ein äußerst fruchtbares Land ist, so steht doch der Ackerbau noch auf einer niedrigen Stufe. Nirgends kommt man dem erschöpften Boden durch Düngung zu Hilfe; in der Ebene begnügt man sich mit Pferchung von Schafherden. Dennoch ist die Produktion von Cerealien für das Bedürfnis des Landes mehr als genügend. 1885 gab es 917,650 Hektar Ackerland, 70,000 Hektar Obstgärten, 800,000 Hektar Wiesen, 40,000 Hektar Weingärten; demnach waren 37 Proz. des ganzen Areals kultiviert. Der beste Getreideboden findet sich in den Thälern der Morawa, Save und der untern Drina sowie in der Matschwa. Futterbau ist bei dem Reichtum des Landes an trefflichen Bergweiden entbehrlich. Von Obstarten werden besonders Pflaumen zur Bereitung des bekannten Branntweins gezogen. Die Landstriche am Jadar liefern aber auch andre Obstarten von ausgezeichneter Güte. Weinbau beschäftigt hauptsächlich die Bewohner der Donaugegenden,