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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Signatur; Signatura temporis; Signet; Signieren; Signore; Signorelli; Signoria; Signum; Sigonio; Sigrist; Sigtuna

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Signatur - Sigtuna.

Signatur (lat.), ein Zeichen, wodurch die Reihenfolge, die Ordnung, der Wert, die Beschaffenheit einer Sache angegeben wird; in der Buchdruckerkunst das Zeichen, durch welches die Aufeinanderfolge der Bogen einer Druckschrift bezeichnet wird (jetzt meist fortlaufende Ziffern; vgl. Duernen); auch der kleine Einschnitt (Kerbe) an den Drucklettern; in der Geschäftssprache Bezeichnung einer Schrift mit einem bloßen Namenszug statt der vollständigen Namensunterschrift; zuweilen auch eine Resolution, die nicht förmlich ausgefertigt, sondern nur auf der eingegebenen Schrift selbst bemerkt worden ist. In der Musik versteht man unter Signaturen die Ziffern und Zeichen über dem Generalbaß zur nähern Bezeichnung der zugehörigen Akkorde. - Lehre von der S. hieß die seit den ältesten Zeiten vorhandene und namentlich in den Tagen des Paracelsus ausgebreitete Ansicht, daß jeder Naturkörper, und namentlich die Pflanzen, äußerlich in Gestalt, Farbe und sonstiger Beschaffenheit Zeichen trügen, an denen man erkennen könne, gegen welche Leiden des tierischen und menschlichen Körpers sie anzuwenden seien. So brauchte man Pflanzen mit Kalkausschwitzungen, wie Steinsame und Steinbrech, gegen Steinleiden, Disteln gegen Seitenstechen, Schöllkraut wegen des gelben Saftes gegen Gelbsucht, die Lungenflechte (Pulmonaria) wegen ihrer grubigen Beschaffenheit gegen Lungenkrankheiten, Gauchheil wegen der schädelförmigen Samenkapsel gegen Tollheit, Allermannsharnisch wegen des panzerähnlichen Geflechts der Zwiebel als Schutzmittel gegen Angriffe aller Art etc. Der Glaube an die Wirksamkeit der meisten Volksheilmittel aus der Pflanzenwelt beruht auf der Lehre von der S.

Signatura temporis (lat.), "Signatur der Zeit", etwas die Zeitverhältnisse Charakterisierendes.

Signet (lat.), Handsiegel, Petschaft; dann Buchdrucker- oder Verlegerzeichen (Symbolum), gewöhnlich eine Vignette, welche berühmtere Buchdrucker oder Verleger auf das Titelblatt der aus ihrer Offizin oder ihrem Verlag hervorgehenden Werke zu setzen pflegen. Die größte Sammlung solcher Signete besitzt der Börsenverein deutscher Buchhändler.

Signieren (lat.), bezeichnen, unterzeichnen.

Signore (Signor, ital., spr. ssinjore, ssinjor), Herr, Gebieter; Signora, Gebieterin, gnädige Frau; Signorina, junge Dame, Fräulein.

Signorelli (spr. Ssinjo-), Luca, ital. Maler, Hauptmeister der florentinischen Schule, geboren wahrscheinlich 1441 zu Cortona, war Schüler des Pietro dei Franceschi in Arezzo, bei welchem er besonders die Perspektive und die Darstellung des Nackten lernte, und bildete sich dann nach den Meistern in Florenz, wo er eine Zeitlang thätig war und unter anderm für Lorenzo de' Medici Pan unter den Hirten, ausgezeichnet in der Behandlung der nackten Körper (jetzt im Museum zu Berlin), und ein Madonnenbild (jetzt in den Uffizien zu Florenz) malte. Von 1482 bis 1484 war er in Rom, wo er in der Sixtinischen Kapelle ein Fresko zur Geschichte des Moses ausführte. Um dieselbe Zeit etwa malte er in Loreto die achteckige Sakristei an der Kirche mit Figuren von Engeln, Aposteln, Evangelisten etc. aus. Im Kloster Mont' Oliveto zu Siena malte er um 1498 den Freskencyklus aus der Legende vom heil. Benedikt. 1499 verweilte S. in Orvieto und schmückte hier die Cappella della Madonna im Dom mit weltberühmten Wandmalereien, die letzten Dinge mit dem Jüngsten Gericht darstellend, welch letzteres auf Michelangelo von Einfluß wurde. Kurzen Aufenthalt nahm S. 1508 und 1512 in Florenz, 1508 und 1517 in Rom. Er starb 1523 in Cortona. Berlin besitzt außer dem genannten Bild noch zwei schöne Altarflügel, die Nationalgalerie zu London ein auf Leinwand übertragenes Fresko: der Triumph der Keuschheit mit der Züchtigung Amors, der Dom zu Perugia eine thronende Madonna mit Heiligen, die Kirche San Domenico zu Citta di Castello ein Martyrium des heil. Sebastian (1496), die Akademie zu Florenz eine unter der Dreifaltigkeit thronende Madonna mit Heiligen etc. und der Dom zu Cortona ein Abendmahl. Mit Originalität und Größe der Erfindung und Kühnheit der Phantasie verband S. Herbheit und Strenge der Formengebung. In der oft gewaltsamen Bewegung seiner Figuren war S. ein Vorläufer Michelangelos. Vgl. R. Vischer, Luca S. (Leipz. 1879).

Signoria (ital., spr. ssinj-, Signorie), Herrschaft, Herrlichkeit, besonders als Anrede (vostra s.); in Venedig das Ministerium des Dogen, in Florenz zeitweilig auch die herrschende Vertretung der Zünfte.

Signum (lat.), Zeichen, Kennzeichen, Merkmal; besonders das Feldzeichen der römischen Legionen sowie der einzelnen Manipeln und Kohorten, zum Unterschied von dem Vexillum (s. d.), das von der Reiterei und von selbständigen Fußvolkdetachements geführt wurde. Das Feldzeichen der ganzen Legion war (seit Marius) ein auf hoher Stange getragener silberner, auch wohl goldener Adler (Fig. 1), das der Manipeln ein Speer mit einer aufrechten Hand an der Spitze (Fig. 4). Später wurden die Signa auch mit einem Vexillum (wie bei Fig. 2) und mancherlei Verzierungen am Schaft, z. B. Bildnissen von Göttern, Kaisern etc. (Fig. 3), ausgestattet. Die Kohorten hatten wahrscheinlich schon zu Cäsars Zeit besondere Zeichen, seit Trajan den Drachen.

^[Abb.: Fig. 1-3. Legionsadler, Fig. 4. Signum eines Manipulus.]

Sigonio, Carlo, ital. Humanist, geb. 1524 zu Modena, studierte in Bologna, ward 1546 Professor der griechischen Sprache in seiner Vaterstadt, 1552 Professor der schönen Wissenschaften zu Venedig, 1560 in Padua und 1563 zu Bologna, zog sich später auf sein Landgut bei Modena zurück und starb 12. Aug. 1584 daselbst. Unter seinen in gutem Latein geschriebenen Werken (Mail. 1732-37, 6 Bde.) sind hervorzuheben: "Historiae de occidentali imperio" (Basel 1579); "Historiae de regno Italiae" (Hanau 1603 u. 1618); "Commentarii in fastos et triumphos Romanorum" (Vened. 1555); "Emendationes" (das. 1557). Für sein Werk galt auch und gilt teilweise jetzt noch die "Consolatio super Tulliae filiae obitu" (Vened. 1583), eine Mystifikation unter Ciceros Namen. Vgl. Krebs, C. Sigonius (Frankf. 1840); Franciosi, Della vita e delle opere di C. S. (Vened. 1872).

Sigrist, provinziell s. v. w. Sakristan (s. d.).

Sigtuna (Sigtun), Stadt im schwed. Län Stockholm, an einem Arm des Mälarsees, mit (1885) 575