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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sonnenlehen; Sonnenmaschine; Sonnenmesser; Sonnenmikroskop

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Sonnenlehen - Sonnenmikroskop.

Anlehnung an ein Sonnenepos statt, in welchem das Lichtprinzip (Surya der Inder, Ormuzd der Perser, Izdubar oder Nimrod der Assyrer, Osiris der Ägypter, Herakles der Phöniker und ältern Griechen, Dionysos der spätern Griechen, Balder der Germanen etc.) im Kampf mit den Mächten der Finsternis (Ahriman, Typhon, Loki etc.) gedacht wurde, bald in Form einer Siegesreise durch die zwölf Himmelszeichen (die zwölf Thaten des Herakles), bald eines Einzelkampfes dargestellt, bei welchem der Sonnengott zeitweise (im Winter) unterliegt, in Fesseln geschlagen, gebunden und geschwächt, auch wohl verstümmelt wird, weil seine Strahlen alsdann keine Kraft haben, aber allmählich wieder erstarkt und über seine Gegner siegt. Als die Hauptfeste dieses Kultus wurden die Zeit der wieder erstarkenden Sonne, das alte Julfest, und das der Sonnenstärke (Mittsommerfest) der germanischen Stämme begangen. Einige Völker feierten auch Klagefeste zur Zeit der verwundeten Sonne oder des absterbenden Naturlebens, die Adonis-, Osiris- und Thammuzfeste der assyrischen, ägyptischen und semitischen Völker, die Dionysien und Bacchusfeste der Griechen und Römer, die sich in Frühlings- und Herbstfeier schieden. Bei manchen Völkern, wie z. B. den Persern, Altmexikanern und Peruanern, fand eine Verschmelzung des Sonnen- und Feuerdienstes (s. d.) statt, und die Sonnenopfer mußten an den Hauptfesten mit neuem oder Notfeuer (s. d.) entzündet werden. In spätern Zeiten wurde der Sonnengott dann auch wohl als Mittler- und Versöhnungsgott gefeiert, namentlich im indischen Agni, im persischen Mithra und griechisch-italischen Dionysos. Vielfach scheint dem ausgebildeten S. ein Mondkultus mit nächtlichen Mysterien und weiblicher Priesterschaft vorausgegangen zu sein, namentlich bei solchen Völkern, wo das Mutterrecht (s. d.) galt und Frauen an der Spitze der Gemeinwesen standen (Amazonenstaaten). Ein solcher Kultus findet sich noch heute unter ähnlichen Verhältnissen bei wilden Völkern Afrikas und Amerikas, und da Ähnliches in der alten Welt stattgefunden, so erklärt sich, weshalb die Sonnengottheiten zugleich als Schützer des Vaterrechts und Unterdrücker der Amazonen galten, namentlich Apollon, Herakles, Perseus und andre Sonnenkämpfer. Vgl. Dupuis, L'origine de tous les cultes (Par. 1795, 3 Bde.; neue Ausg. 1835-37).

Sonnenlehen, ehedem Bezeichnung für Besitzungen, die in niemandes Lehen, vielmehr im vollen Eigentum der Besitzer standen, bei welchen aber die Sonne als Lehnsherrin fingiert ward.

Sonnenmaschine, eine Kraftmaschine zur Umsetzung der von der Sonne gespendeten Wärme in mechanische Arbeit. Der Gedanke, die Sonnenwärme zur Arbeitsleistung heranzuziehen, ist alt; doch war erst nach der Ausbildung der mechanischen Wärmetheorie eine Beurteilung der von einer solchen Maschine zu erwartenden Leistung möglich. Nach Versuchen von Pouillet, Herschel und Ericsson beträgt die nutzbar zu machende Wärmemenge der Sonne pro Quadratmeter der Erdoberfläche zwischen dem Äquator und dem 43. Breitengrad etwa 10 Kalorien pro Minute (1 Kalorie oder Wärmeeinheit ist die zur Erwärmung von 1 kg Wasser um 1° C. erforderliche Wärmemenge), also ⅙ Kalorie pro Sekunde. Da nun 1 Kalorie einer Arbeitsmenge von 426 Meterkilogramm gleichwertig ist, so erhält man pro Quadratmeter ⅙·426 = 71 Meterkilogramm pro Sekunde oder 71/75 = 0,95 Pferdekräfte. Um die erforderlichen Temperaturen zu erzielen, muß die Sonnenwärme mittels großer Reflektoren konzentriert werden, wozu sich nach Provostaye und Desains Silberspiegel am besten eignen, welche 92 Proz. der auffallenden Wärme zurückstrahlen. Ferner ist es nötig, den mit der Sonnenwärme zu heizenden Körpern (Dampfkesseln, Heiztöpfen) eine möglichst gut wärmeabsorbierende Oberfläche zu geben (nach Melloni absorbieren mit Lampenruß geschwärzte Metallflächen unter Glasbedeckung die Wärmestrahlen am besten). Die bisher zur Verwertung der Sonnenwärme benutzten Maschinen sind Heißluft- oder Dampfmaschinen. Ericssons S. besteht aus einer Heißluftmaschine (s. d.), deren Heiztopf in dem Brennpunkt eines paraboloidisch gestalteten Brennspiegels liegt. Mouchot heizt einen Dampfkessel mittels Sonnenstrahlen, indem er ihn in Gestalt von kupfernen, mit Ruß überzogenen und von einer Glasglocke überdeckten Röhren in den linearen Fokus eines trichterförmigen, aus versilberten Blechplatten gebildeten Reflektors stellt. Der ganze Apparat ist auf einem Gelenksystem so angebracht, daß er mit seiner Achse leicht dem Lauf der Sonne folgen kann. Dieser Kessel lieferte mit einem Sonnenrezeptor von 3,8 qm Bestrahlungsfläche zur Winterzeit in Algier 5100 Lit. Dampf von normalem Druck = 3,1 kg Dampf, welcher ca. 2000 Kalorien enthält, so daß pro Minute und pro Meter Bestrahlungsfläche 2000/60.3,8 = 8⅔ Kalorien oder 87 Proz. der angegebenen 10 pro Quadratmeter Fläche disponibeln Kalorien durch Dampfbildung nutzbar gemacht wurden, während der Rest durch unvollständige Reflexion und Absorption verloren ging. Eine mit dem Kessel betriebene kleine Dampfmaschine leistete eine Arbeit von 8 Meterkilogramm pro Sekunde oder 8/75 = ungefähr 1/9 Pferdekraft, während nach obigen Angaben in der auf 3,8 qm Fläche fallenden Sonnenwärme 3,8.0,95 = 3,6 Pferdekräfte disponibel sind, so daß nur 8.100/75.3,6 = 3 Proz. der Sonnenwärme ausgenutzt werden. Demnach wären für eine S. von nur 1 Pferdekraft 9.3,8 = 35 qm und für eine S. von 100 Pferdekräften 3500 qm Bestrahlungsfläche erforderlich. Dieses ungünstige Resultat rührt jedoch nicht von der Wärmeübertragung her, die ja 87 Proz. der Wärme nutzbar macht, sondern ist in der Natur der Dampfmaschine begründet, welche auch in der besten Ausführung nur etwa 5-6 Proz. der Wärme eines Brennmaterials in Arbeit verwandeln kann, während alle übrige Wärme teils durch Strahlung, teils durch den Schornstein, zum größten Teil jedoch durch den abziehenden Dampf, bez. das Kondensationswasser verloren geht. Solange es daher keine Maschine gibt, welche die Wärme bedeutend besser ausnutzt als die Dampfmaschine, wird die S. schwerlich, auch nicht in den für sie günstigsten Tropenländern, eine nennenswerte Verwendung finden können.

Sonnenmesser, s. v. w. Heliometer (s. d.).

Sonnenmikroskop, Vorrichtung, um vergrößerte Bilder sehr kleiner Gegenstände auf einem Schirm, für viele Zuschauer gleichzeitig sichtbar, zu entwerfen. Sein wesentlichster Teil ist eine in die Röhre e (s. Figur, S. 35) bei d eingeschraubte Konvexlinse von kurzer Brennweite, welche von einem kleinen, gewöhnlich zwischen zwei Glasplatten gefaßten und bei cc etwas außerhalb der Brennweite der Linse d festgeklemmten Gegenstand auf einem Schirm ein riesiges Bild entwirft. Da die Lichtmenge, welche von dem kleinen Gegenstand ausgeht, sich auf die im Verhältnis enorm große Fläche des Bildes verteilt, so begreift man, daß der Gegenstand sehr hell erleuchtet sein muß, wenn das Bild nicht zu lichtschwach