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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Spanien

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Spanien (Bodengestaltung).

heit und Unzugänglichkeit aus, indem hier die Gebirge fast überall dicht ans Meer heranrücken. Zugänglich ist sie nur an den Mündungen der Flüsse und der tief in das Land einschneidenden Meeresarme (rias), welche namentlich an der Küste von Galicien häufig auftreten. Auch die Westküste Spaniens trägt im ganzen diesen Charakter; doch ist sie viel zugänglicher als jene, weil hier die Gebirge nur in den Kaps bis an das Meer herantreten und sich im Hintergrund der Rias gewöhnlich Ebenen befinden. Die Süd- und Ostküste läßt dagegen eine Anzahl weiter, flacher Meerbusen und dazwischen befindliche, in felsige Vorgebirge endende Landvorsprünge erkennen, ist also gegliederter als die Nord- und Westküste und durch sichere Häfen zugänglich. Die wichtigsten Buchten der Südküste sind von W. nach O. die Golfe von Cadiz, Malaga und Almeria sowie die Bucht von Cartagena, an der Ostküste die Bai von Alicante und der Golf von Valencia.

Bodengestaltung.

Was die Bodengestaltung anlangt, so besteht die Pyrenäische Halbinsel zum großen Teil aus einem das Zentrum derselben einnehmenden Plateau oder Tafelland von trapezoidaler Gestalt, das ein Areal von etwa 231,000 qkm (4200 QM.) bedeckt und ringsum von Gebirgen umwallt ist, auch mehrere Gebirgsmassen auf seiner Oberfläche trägt. Dieses zentrale Tafelland gehört ganz und gar zu S. und besteht aus zwei großen Plateaus, einem höhern nördlichen und einem etwas niedrigern südlichen. Ersteres umfaßt die Hochebenen von Leon und Altkastilien, letzteres die von Neukastilien, Estremadura und die nördliche Hälfte von Murcia. Beide Plateaus sind durch einen hohen, von ONO. nach WSW. sich erstreckenden Gebirgszug (Kastilisches Scheidegebirge) größtenteils voneinander geschieden. Nach O. ansteigend, senken sie sich nach W., so daß die Hauptflüsse westlichen Lauf haben, im nördlichen Plateau der Duero, im südlichen der Tajo und Guadiana, zwischen welchen beiden Flüssen sich in der westlichen Hälfte des Plateaus das ziemlich bedeutende Gebirgssystem von Estremadura erhebt. Die Hochebene von Altkastilien und Leon hat eine mittlere Höhe von 810, die von Neukastilien und Estremadura von 784 m. Die vier Abhänge des zentralen Tafellandes zeigen sehr verschiedene Gestaltung. Der steil ins Meer abstürzende Nordabhang wird vom Kantabrischen Gebirge, der westlichen Fortsetzung der Pyrenäen, gebildet und ist sehr schmal. Weit breiter ist der östliche oder iberische Abhang, der in mehreren terrassenartigen Absätzen in die Tiefebene von Aragonien und zum Golf von Valencia abfällt und bloß stellenweise isolierte Gebirgsmassen aufweist. Eine ähnliche, wenn auch weniger deutlich ausgeprägte Terrassenbildung zeigt der südliche oder bätische Abhang, welcher bloß gegen O. (in den Provinzen Murcia und Alicante) bis an die Küste des Mittelmeers herantritt, im übrigen in die Tiefebene Niederandalusiens und zu den Küsten des Atlantischen Meers absinkt. Derselbe wird ganz von den welligen Bergen der Sierra Morena eingenommen, welche sich über die Hochebenen Neukastiliens und Estremaduras nur als niedrige Gebirgskette erhebt. Der westliche oder lusitanische Abhang, der breiteste und eigentümlichste, gehört größtenteils Portugal an. Im ganzen lassen sich sechs voneinander fast unabhängige Gebirgssysteme unterscheiden, nämlich: das pyrenäische System, das iberische System oder das östliche Randgebirge des Tafellandes, das zentrale System oder das Kastilische Scheidegebirge, das Gebirgssystem von Estremadura oder das Scheidegebirge zwischen Tajo und Guadiana, das marianische System oder das südliche Randgebirge des Tafellandes und das bätische System oder die Bergterrasse von Granada (mit der Sierra Nevada, der höchsten Erhebung der Halbinsel). Die eingehendere Beschreibung dieser Gebirgssysteme findet sich in den Artikeln Pyrenäen, Kantabrisches Gebirge, Iberisches Gebirge, Sierra Morena, Sierra Nevada etc. Zwischen dem iberischen und pyrenäischen Gebirgssystem breitet sich das ausgedehnte Ebrobassin oder das iberische Tiefland aus. Dasselbe erstreckt sich von NW. nach SO. und mißt gegen 300 km in der Länge und gegen 150 km in der Breite. Es zerfällt in eine nordwestliche kleinere und eine südöstliche größere Abteilung, welche, durch Höhenzüge voneinander getrennt, bei Tudela ineinander übergehen. Während das obere Bassin ein eigentliches Plateau bildet, dessen tiefste Punkte noch eine absolute Höhe von mehr als 300 m haben, trägt das untere Ebrobassin, wenigstens in seiner letzten Hälfte, wo es sich bedeutend erweitert, mehr den Charakter eines Tieflandes, dessen tiefste Punkte, z. B. die Salzseen von Bajaraloz ^[richtig: Bujaraloz], ungefähr 100 m ü. M. liegen. Beide Bassins enthalten neben höchst fruchtbaren Strecken auch weite öde Steppengebiete. Zwischen dem bätischen und marianischen Gebirgssystem breitet sich das bätische Tiefland oder das Bassin des Guadalquivir aus, welches sich von ONO. nach WSW. erstreckt, 330 km lang und bis 90 km breit ist und ebenfalls in zwei Hauptabteilungen zerfällt: das kleine Becken des obern Guadalquivir und das fünfmal so große Bassin des mittlern und untern Guadalquivir. Während jenes ein entschiedenes Plateau ist, das sich bis 475 m ü. M. erhebt und nicht tiefer als bis 160 m herabsinkt, bildet das letztere oder Niederandalusien ein Flachland, welches durch den Jenil in zwei ungleiche Stücke geteilt wird. Das östliche kleinere Stück, die Campiña de Cordova bildet eine hügelige Fläche mit bis über 130 m ansteigenden Punkten; das restliche größere, die Ebene von Sevilla, ein eigentliches Tiefland, dessen Boden sich nirgends über 80 m ü. M. erhebt. Das Bassin des Ebro und das des Guadalquivir sind alte Meeresgolfe und daher mit brackischen mitteltertiären Ablagerungen erfüllt. Durch jenes werden die Pyrenäen (s. d.) mit ihrem Terrassenabfall nach Katalonien und Aragonien, durch dieses die Gebirge von Granada mit der Sierra Nevada in der Art vom Hauptkörper des spanischen Hochlandes getrennt, daß dieselben nur an ihren Enden mit ihm durch Berg- und Plateaulandschaften in Verbindung stehen.

Was die geognostische Beschaffenheit des Landes betrifft, so spielen die plutonischen Eruptivgesteine und die ältern oder primären Sedimentärgesteine eine hervorragende Rolle, namentlich in der südwestlichen Hälfte der Halbinsel, wo Granit, Gneis und andre kristallinische Gesteine, Thonschiefer und Grauwacke fast ausschließlich vorherrschen, während in der nordöstlichen Hälfte die jüngern Sedimente vorwiegend sind. Nur in der Pyrenäenkette und längs der Küste von Katalonien (zwischen dem Golf von Rosas und Barcelona) treten Gneis und kristallinische Sedimentärgesteine wieder in bedeutender Mächtigkeit auf. Unter den sekundären Sedimenten erscheinen die Glieder der Kreide-, der jurassischen und der Triasperiode am meisten verbreitet. Die Kreideformation umfaßt namentlich den größten Teil der Kantabrischen Kette, der Pyrenäischen Terrasse und den Nordrand des nördlichen Tafellandes und tritt