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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Spanierfeige - Spanische Litteratur.

dikalen, ja selbst die Minister ergingen sich, um ihre Popularität zu vermehren, in kriegerischen Prahlereien und Drohungen. Nur der König blieb fest in seinem Widerstand gegen eine verhängnisvolle Überstürzung und ermöglichte hierdurch eine ehrenvolle Verständigung mit Deutschland. Leider starb er schon 25. Nov. 1885.

Alfons XII. hinterließ als Witwe seine zweite Gemahlin, Maria Christine, eine österreichische Erzherzogin, welche sofort als Regentin proklamiert wurde und 17. Mai 1886 einen Sohn, Alfons XIII., gebar. Die Veränderungen auf dem Thron vollzogen sich, abgesehen von einigen durch Zorrilla angestifteten republikanischen Militärrevolten in Cartagena und Madrid und von Ränken Montpensiers, die aber wirkungslos blieben, ohne Störung. Canovas hielt es für nützlich, die liberalen Parteien für die Erhaltung der Dynastie zu interessieren, und empfahl daher der Regentin, an seiner Stelle Sagasta zum Ministerpräsidenten zu ernennen (27. Nov.). Derselbe verschaffte sich durch Neuwahlen die Mehrheit in den Cortes, welche 10. Mai 1886 eröffnet wurden, die Einführung von Geschwornengerichten genehmigten (7. Mai 1887) und die Beratung der vom Kriegsminister Cassola vorgelegten Heeresreform mit allgemeiner Wehrpflicht in Angriff nahmen. Die Einnahmen wurden durch Verpachtung der Postdampferlinien und des Tabaksmonopols vermehrt. Die Regentin verstand es, durch ihr würdiges und kluges Benehmen die Achtung und Liebe des Volkes in demselben Grad zu gewinnen wie ihr verstorbener Gemahl. Spaniens Zustände sind indes noch durchaus unfertig. Der alte klerikale Absolutismus ist zwar durch die Unfähigkeit seiner Vertreter und das Eindringen liberaler Ideen äußerlich gestürzt und lebensunfähig, aber im Geiste des Volkes so wenig überwunden und vertilgt, daß sich auch keine liberale Regierung auf die Masse des Volkes selbst stützen kann, sondern die Hilfe der Parteiführer und ehrgeizigen Generale in Anspruch nehmen muß, die wieder ihren Schützling ausnutzen, diskreditieren und schließlich ins Verderben fortreißen. Im Bund mit andern Parteien ist jede Partei im stande, nach einigen Jahren das herrschende Regiment zu stürzen.

[Litteratur.] Lembke, Geschichte von S. (Bd. 1, Hamb. 1831; Bd. 2 u. 3 von Schäfer, Gotha 1844-1861; fortgesetzt von Schirrmacher, das. 1881 ff.); Lafuénte, Historia general de España (Madr. 1850-66, 30 Bde.; neue Ausg., Barcelona 1888, 22 Bde.); Cavanilles, Historia de España (Madr. 1861-65, 5 Bde.); Rico y Amat, Historia politica e parlamentaria de España (das. 1860-62, 3 Bde.); Alfaro, Compendio de la historia d'España (5. Aufl., das. 1869); Rosseeuw Saint-Hilaire, Histoire d'Espagne (Par. 1836-79, 14 Bde.); Gebhardt, Historia general de España (Madr. 1864, 7 Bde.); Havemann, Darstellungen aus der innern Geschichte Spaniens, 15.-17. Jahrh. (Götting. 1850); Fapia, Historia de la civilisazion d'España (Madr. 1840, 4 Bde.); Montesa u. Manrique, Historia de la legislazion etc. de España (das. 1861-64, 7 Bde.); Aschbach, Geschichte der Omaijiden in S. (2. Aufl., Wien 1860, 2 Bde.); Derselbe, Geschichte Spaniens und Portugals zur Zeit der Herrschaft der Almorawiden und Almohaden (Frankf. 1833-37, 2 Bde.); Dozy, Histoire des Musulmans de l'Espagne (Leid. 1861, 4 Bde.; deutsch, Leipz. 1873); Derselbe, Recherches sur l'histoire et la littérature de l'Espagne pendant le moyen-âge (3. Aufl., Leid. 1881, 2 Bde.); Prescott, History of Ferdinand and Isabella (deutsch, Leipz. 1842); Derselbe, History of the reign of Philipp II. of Spain (deutsch, das. 1856-59, 5 Bde.); Häbler, Die wirtschaftliche Blüte Spaniens im 16. Jahrhundert (Berl. 1888); "Actas de las cortes de Castilla 1563-1713" (Madr. 1861-85); Morel-Fatio, L'Espagne au XVI. et au XVII. siècle (Heilbr. 1878); Baumgarten, Geschichte Spaniens zur Zeit der französischen Revolution (Berl. 1861); Derselbe, Geschichte Spaniens vom Ausbruch der französischen Revolution bis auf unsre Tage (Leipz. 1865-71, 3 Bde.); Arteche y Moro, Guerra de la independencia 1808-14 (Madr. 1868-83, Bd. 1-5); Hubbard, Histoire contemporaine de l'Espagne (Par. 1869 bis 1883, 6 Bde.); Lauser, Geschichte Spaniens vom Sturz Isabellas bis zur Thronbesteigung Alfonsos (Leipz. 1877, 2 Bde.); Borrego, Historia de las cortes de España durante el siglo XIX (Madr. 1885); Cherbuliez, L'Espagne politique 1868-73 (Par. 1874); Leopold, Spaniens Bürgerkrieg (Hannov. 1875); de Castro, Geschichte der spanischen Protestanten (deutsch, Frankf. 1866); Wilkens, Geschichte des spanischen Protestantismus im 16. Jahrhundert (Gütersl. 1887); Kayserling, Geschichte der Juden in S. (Berl. 1861-67, 2 Bde.); Solvay, L'art espagnol (Par. 1886).

Spanierfeige (indische Feige), s. Opuntia.

Spaniol, feiner span. Schnupftabak, wird aus Havanablättern bereitet und mit einer roten Erde gefärbt; auch die Raupe des Frostschmetterlings.

Spaniolgeschmack (Spagnialgeschmack), s. Firnewein.

Spanische Artischocke, s. Cynara.

Spanische Fliege, s. Kantharide.

Spanische Kreide, s. Speckstein.

Spanische Kresse, s. v. w. Tropaeolum.

Spanische Litteratur. Die spanische Nationallitteratur, hervorgegangen aus dem durch heldenhafte Anstrengung erstarkten eigentümlichen Selbstgefühl eines Volkes, dessen Phantasie in den Erinnerungen einer thatenreichen Vergangenheit schwelgte, und durch Reichtum und Originalität der Produktion auf allen Gebieten der Dichtkunst gleich ausgezeichnet, reicht in ihren Anfängen bis in die Zeit zurück, wo sich nach der Eroberung des Landes durch die Araber die ersten christlichen Staaten im Norden der Halbinsel gebildet hatten. Von der alten echten Volksdichtung haben sich jedoch nur wenige Denkmäler und auch diese nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten können, da sie Jahrhunderte hindurch nur im Munde des Volkes und in diesem stets sich verjüngend und verändernd fortlebte und erst aufgezeichnet wurde, als auch die Kunstpoesie diese Lieder ihrer Beachtung wert fand, d. h. zu Anfang des 16. Jahrh. Diese ältesten spanischen Volkslieder, bekannt unter dem Namen Romanzen, waren epischen oder episch-lyrischen Charakters und hatten hauptsächlich die Thaten der Helden in dem großen National- und Glaubenskampf gegen die Araber zum Inhalt. Unter diesen Romanzen sind diejenigen, welche die Thaten und Schicksale des Cid el Campeador (gest. 1099) feierten, vorzugsweise berühmt. Die frühsten auf uns gekommenen Schriftdenkmäler rühren aus dem 13. Jahrh. her, und mit dieser Zeit beginnt die erste Periode der spanischen Litteratur.

Erste Periode.

Die s. L. erscheint in dieser Periode, welche bis zu der Regierung Johanns II. von Kastilien (1406) reicht, als volkstümlich-nationale mit vorherrschend epischer und didaktischer Richtung. Das älteste auf uns