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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Spektralanalyse

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Spektralanalyse (Ergebnisse und praktische Verwendung).

nadabalsams aneinander gekittet sind, zusammengesetzte Prismenkörper und O die Öffnung fürs Auge.

Eine vollständigere Ausbreitung des Farbenbildes, als durch ein solches einfaches Spektroskop möglich ist, wird erzielt durch eine Reihe hintereinander gestellter Prismen. Schon Kirchhoff bediente sich eines zusammengesetzten Spektroskops mit vier Flintglasprismen. Littrow zeigte, daß man die Wirkung eines jeden Prismas verdoppeln kann, indem man die Strahlen mittels Spiegelung durch dieselbe Prismenreihe wieder zurücksendet; dabei werden die Prismen unter sich u. mit dem Beobachtungsfernrohr durch einen Mechanismus derart verbunden, daß sie sich, wenn das Fernrohr auf irgend eine Stelle des Spektrums gerichtet wird, von selbst (automatisch) auf die kleinste Ablenkung für die betreffende Farbe einstellen. Vorteilhaft wendet man statt einfacher Prismen Prismensätze an, welche bei größerer Dispersion kleinere Ablenkung und geringern Lichtverlust geben. Zur Beobachtung der Protuberanzen, der Flecke, der Chromosphäre, der Korona etc. der Sonne hat man besondere Spektroskope, welche statt des Okulars an das astronomische Fernrohr angeschraubt werden, so daß das von dem Objektiv desselben entworfene Sonnenbild auf die Spaltfläche des Spektroskops fällt und der Spalt auf beliebige Teile dieses Sonnenbildes eingestellt werden kann. Da das Bild eines Fixsterns im Fernrohr nur als ein Lichtpunkt erscheint, so würde sein Spektrum einen sehr schmalen Streifen bilden, in welchem, weil die Ausdehnung in die Breite fehlt, dunkle Linien nicht wahrgenommen werden könnten; dieselben werden jedoch wahrnehmbar bei Anwendung einer geeigneten Cylinderlinse, welche das schmale Spektrum in die Breite dehnt. Das Prisma der Spektroskope kann auch durch ein Gitter (s. Beugung) ersetzt werden (Gitterspektroskope). Das Taschenspektroskop von Ladd unterscheidet sich von dem Browningschen bloß dadurch, daß es statt des Prismensatzes ein photographiertes Gitter enthält.

Weißglühende feste Körper sowie die hell leuchtenden Flammen der Kerzen, Lampen und des Leuchtgases, in welchen feste Kohlenteilchen in weißglühendem Zustand schweben, geben kontinuierliche Spektren, in welchen alle Farben vom Rot bis zum Violett vertreten sind. Die Spektren glühender Gase und Dämpfe dagegen bestehen aus einzelnen hellen Linien auf dunklem oder schwach leuchtendem Grunde, deren Lage und Gruppierung für die chemische Beschaffenheit des gasförmigen Körpers charakteristisch ist. Bringt man z. B. in die schwach leuchtende Flamme eines Bunsenschen Brenners eine in das Öhr eines Platindrahts (Fig. 1) eingeschmolzene Probe eines Natriumsalzes (etwa Soda oder Kochsalz), so färbt sich die Flamme gelb, und im Spektroskop erblickt man eine schmale gelbe Linie am Teilstrich 50 der Skala. Diese Linie ist für das Natrium charakteristisch und verrät die geringsten Spuren dieses Elements; noch der dreimillionste Teil eines Milligramms Natriumsalz kann auf diesem Weg nachgewiesen werden. Von ähnlicher Empfindlichkeit ist die Reaktion des Lithiums, dessen Spektrum durch eine schwache orangegelbe und eine intensiv rote Linie sich kennzeichnet. Kalisalze geben ein schwaches kontinuierliches Spektrum mit einer Linie im äußersten Rot und einer andern im Violett. Bunsen, welchem mit Kirchhoff das Verdienst gebührt, die S. zu einer chemischen Untersuchungsmethode ausgebildet zu haben, fand auf spekralanalytischem Weg die bis dahin unbekannten Metalle Rubidium und Cäsium auf, und andre Forscher entdeckten mittels derselben Methode das Thallium, Indium und Gallium. Die Temperatur der Bunsenschen Flamme, in welcher die Salze der Alkali- und Erdalkalimetalle leicht verdampfen, reicht zur Verflüchtigung andrer Körper, namentlich der meisten schweren Metalle, nicht aus. In diesem Fall bedient man sich des Ruhmkorffschen Funkeninduktors, dessen Funken man zwischen Elektroden, welche aus dem zu untersuchenden Metall verfertigt oder mit einer Verbindung desselben überzogen sind, überschlagen läßt. Auch die Spektren der schweren Metalle sind durch charakteristische, oft sehr zahlreiche helle Linien ausgezeichnet; im Spektrum des Eisens z. B. zählt man deren mehr als 450. Um Salze, die in Flüssigkeiten gelöst sind, im Induktionsfunken zu glühendem Dampf zu verflüchtigen, bringt man ein wenig von der Flüssigkeit auf den Boden eines Glasröhrchens, in welchen ein von einer Glashülle umgebener Platindraht eingeschmolzen ist, der mit seiner Spitze nur wenig über die Oberfläche der Flüssigkeit hervorragt; der Induktionsfunke, welcher zwischen diesem und einem zweiten von oben in das Röhrchen eingeführten Platindraht überschlägt, reißt alsdann geringe Mengen der Lösung mit sich und bringt sie zum Verdampfen. Um ein Gas glühend zu machen, läßt man die Entladung des Induktionsapparats mittels der eingeschmolzenen Drähte a und b durch eine sogen. Geißlersche Spektralröhre (Fig. 6) gehen, welche das Gas in verdünntem Zustand enthält. Befindet sich z. B. Wasserstoffgas in der Röhre, so leuchtet ihr mittlerer enger Teil mit schön purpurrotem Lichte, dessen Spektrum aus drei hellen Linien besteht, einer roten, welche mit der Fraunhoferschen Linie C, einer grünblauen, die mit F, und einer violetten, die nahezu mit G zusammenfällt. Viel komplizierter ist das Spektrum des Stickstoffs, welches aus sehr zahlreichen hellen Linien und Bändern besteht. Eine wichtige technische Anwendung hat die S. bei der Gußstahlbereitung durch den Bessemer-Prozeß gefunden. Die aus der Mündung des birnförmigen Gefäßes, in welchem dem geschmolzenen Gußeisen durch einen hindurchgetriebenen Luftstrom ein Teil seines Kohlenstoffs entzogen wird, hervorbrechende glänzende Flamme zeigt im Spektroskop ein aus hellen farbigen Linien bestehendes Spektrum, welches im Lauf des Prozesses sich ändert, und an dem gesteigerten Glanz gewisser grüner Linien den Augenblick erkennen läßt, in welchem die Oxydation des Kohlenstoffs den gewünschten Grad erreicht hat und der Gebläsewind abgestellt werden muß. Auch die dunkeln Absorptionsstreifen auf hellem Grund,

^[Abb.: Fig. 5. Brownings Taschenspektroskop.]

^[Abb.: Fig. 6. Geißlersche Spektralröhre.]