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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Stallupönen; Stalwarts; Stalybridge; Stambul; Stambulow; Stamen; Stamford; Staminodie; Stamm; Stamma

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Stallupönen - Stamma.

offene Standplätze ohne Abgrenzung; b) Standplätze mit beweglichen Abscheidungen, den sogen. Latier- oder Raumbäumen, die an Säulen befestigt werden oder an Ketten hängen; c) Kastenstände, Standplätze mit festen Trennungsscheidewänden; d) Laufstände, Loose boxes, zur Aufnahme Eines frei gehenden Tiers ohne Raum zum Tummeln; e) Laufställe für mehrere frei gehende Tiere mit Raum zum Tummeln, für junge Tiere, Mutter mit Jungen etc.; f) Paddocks, Stallräume für einzelne Tiere, meist Pferde, z. B. Zuchtpferde, mit Ausgang in einen sicher abgegrenzten Hofraum, Tummelplatz oder in Weideabteilungen. Ein Pferd bedarf eines 1,70 m breiten und 3 m langen Standplatzes, nur bei beweglicher Abscheidung durch Latierbäume kann die Breite um 10-20 cm geringer sein; in Boxen berechnet man aufs Pferd 3 qm. Rindviehställe sollen Standplätze von 1,4 m Breite bei 2,8 m Länge haben, Kälber und Jungvieh solche von 2-3 qm. Bei Schafen veranschlagt man den Raum auf 2 für das einzelne Stück, für frei gehende auf 1 qm. Hinter den Standplätzen wird ein genügend breiter Stallgang eingerichtet (1,6-2,0-3,0 m breit), damit, namentlich in Pferdeställen, Menschen und Tiere ungefährdet verkehren können. In größern landwirtschaftlichen S. ist dieser Gang häufig breit genug, um das Einfahren von Futter- und Mistwagen zu gestatten. Stehen die Tiere in zwei Reihen mit den Köpfen einander gegenüber, wie vielfach in Rindviehställen, so wird dazwischen ein erhöhter Futtergang oder ein Futtertisch nötig; letzterer erleichtert die Fütterung erheblich. Zum Vorlegen des "Kurzfutters": Körner, Schrot, Häcksel, Wurzeln etc., vielfach auch zur Aufnahme des Getränks, dienen die Krippen. Abteilung der Krippe für die einzelnen Tiere (Krippenschüsseln für Pferde) gestattet die Zuteilung bestimmter Ration an jedes, zugleich auch die Kontrolle der Freßlust. Krippen aus weichem Holz sind schwer zu reinigen und begünstigen daher die Zersetzung des Futters; das beste Material sind: Granit, Jurakalk, gut gebrannte Backsteine, Zementguß; für Pferdeställe gußeiserne, innen gut emaillierte Krippenschüsseln. Hölzerne Krippen sowie hölzerne Krippenträger in Pferdeställen müssen zum Schutz gegen das Benagen durch die Tiere mit Eisenblech beschlagen werden. In den gewöhnlich oberhalb der Krippen angebrachten, meist leiter- oder korbförmigen Raufen wird das Lang- oder Rauffutter (fälschlich Rauh- oder Rauchfutter): Heu, Stroh, Grünfutter, verabreicht. Zur Vermeidung von Verletzungen an Kopf und Augen hat man die "Nischenraufe" empfohlen, bei welcher einige Zentimeter über der Krippe in einer Mauernische, vor der eine senkrechte Leiterraufe angebracht ist, das Langfutter dargereicht wird. Vgl. Rueff, Bau und Einrichtung der S. (Stuttg. 1875); Miles, Der Pferdestall (Frankf. a. M. 1862); Engel, Der Viehstall (2. Aufl., Berl. 1889); Derselbe, Der Pferdestall (das. 1876); Gehrlicher, Der Rindviehstall (Leipz. 1879); Wanderley, Die Stallgebäude (Karlsr. 1887).

Stallupönen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Gumbinnen, an der Linie Seepothen-Eydtkuhnen der Preußischen Staatsbahn, 80 m ü. M., hat ein Amtsgericht, ein Warendepot der Reichsbank, Maschinenfabrikation, Gerberei, Ziegelbrennerei und (1885) mit der Garnison (2 Eskadrons Ulanen Nr. 12) 4181 meist evang. Einwohner.

Stalwarts (engl., "Starke", "Mutige"), in Nordamerika Name derjenigen Republikaner, welche die Herrschaft dieser Partei nach dem Bürgerkrieg rücksichtslos zu ihrem Vorteil ausbeuten wollten und deshalb 1879 für die dritte Wahl Grants zum Präsidenten, wiewohl vergeblich, eintraten; ihre Führer waren Conkling, Cameron und Logan. Ihre Gegner in der Partei, die zur Versöhnung mit den Demokraten geneigten, der Korruption feindlichen Republikaner (unter Schurz und Curtis), hießen Mugwumps.

Stalybridge (spr. stehlibriddsch), Fabrikstadt an der Grenze von Cheshire und Lancashire (England), am Tame, hat Baumwollmanufaktur, Maschinenbau, Nagelschmieden und (1881) 25,977 Einw.

Stambul, türk. Name für Konstantinopel.

Stambulow, St., bulgar. Staatsmann, geb. 1853 zu Tirnowa, studierte in Rußland die Rechte, erregte 1875 in Eski Zagra einen Aufstand gegen die Türken, mußte nach dessen Scheitern nach Bukarest fliehen, nahm 1877-78 als Freiwilliger am russisch-türkischen Krieg teil, ließ sich darauf in Tirnowa als Advokat nieder und ward Mitglied und bald Präsident der Sobranje. Als 21. Aug. 1886 der Staatsstreich gegen den Fürsten Alexander ausgeführt und eine revolutionäre Regierung eingesetzt wurde, stürzte er diese im Verein mit Mutkurow und Karawelow und bildete mit diesen eine neue Regierung, der nach der Abdankung Alexanders 7. Sept. die Regentschaft übertragen wurde. Er behauptete sich gegen alle Ränke seiner Nebenbuhler und die Wühlereien der russischen Agenten, besonders des Generals Kaulbars, und bewirkte 7. Juli 1887 die Wahl des Fürsten Ferdinand, nach dessen Regierungsantritt (14. Aug.) er an die Spitze des Ministeriums trat.

Stamen (lat.), Staubgefäß (s. d.).

Stamford, 1) Stadt in Lincolnshire (England), am schiffbaren Welland, hat mehrere alte Kirchen, ein Museum, Brauereien, Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen, Handel mit Malz, Kohlen und Bausteinen und (1881) 8773 Einw. 1572 ließen sich vlämische Weber hier nieder. -

2) Hafenstadt im nordamerikan. Staat Connecticut, am Long Island-Sound, hat Eisen-, Woll- und Farbefabriken und (1880) 2540 Einw.; beliebter Sommeraufenthalt.

Staminodie (lat.-griech.), die durch vor- oder rückschreitende Metamorphose bewirkte Umbildung eines Blütenteils in ein Staubblatt (s. Staubgefäß).

Stamm, in der Botanik im weitesten Sinn s. v. w. Stengel (s. d.); im engern Sinn derjenige Teil des Stengels, welcher als unmittelbare Fortsetzung der Wurzel nach oben sich vertikal erhebt und größern Umfang besitzt als die in einer gewissen Höhe seitlich von ihm ausgehenden Äste. In der Sprachlehre ist S. der Teil des Wortes, welcher nach Ausscheidung aller Beugungsformen übrigbleibt; z. B. Haus in Haus-es, ruf in ruf-en. Trennt man auch die Ableitungssilben ab, so erhält man die Wurzel, wie z. B. in er-wach-en "erwach" der S., "wach" die Wurzel ist. Häufig fällt indessen der S. mit der Wurzel zusammen. Ferner versteht man unter S. Menschen oder Familien und Geschlechter, welche ihre Abkunft von Einem Elternpaar (Stammeltern) in ununterbrochener Reihe abzuleiten vermögen. Im Militärwesen heißt S. der Teil einer Truppe, welcher bei der Fahne bleibt, während die andern in die Heimat entlassen und durch Rekruten ersetzt werden.

Stamma, Philipp, Schachmeister, gebürtig aus Aleppo in Syrien, ist der Verfasser eines der bekanntesten ältern Schachbücher, der "100 künstlichen Endspiele", 1737 zu Paris erschienen und herausgegeben von Bledow und O. v. Oppen (Berl. 1856). S. war der erste, welcher die jetzt bei uns gebräuchliche Notation mit Buchstaben und Zahlen anwendete.