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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Sternweite - Stettin.

Sternweite, Entfernung eines Fixsterns von der Sonne, wenn seine jährliche Parallaxe (s. d.) eine Bogensekunde beträgt, gleich 206,264,8 Erdbahnhalbmessern oder ungefähr 30 2/3 Bill. km.

Sternwürmer, s. Gephyreen.

Sternzeit, die durch die scheinbare tägliche Bewegung der Fixsterne bestimmte Zeit; vgl. Sonnenzeit und Tag.

Sterrometall, Legierung aus 55 Kupfer, 41 Zink und 4 Eisen, von großer Festigkeit und Zähigkeit, dient zu Blech- und Gußwaren, Achsenlagern etc.

Stertmorchel, s. Phallus.

Stertor (lat.), das Röcheln (s. d.).

Stertz, ein steir. Nationalgericht, bestehend aus einem aus Buchweizenmehl bereiteten großen Kloß, welcher mit Speckgriefen und Milch genossen wird.

Sterzing, Stadt in Tirol, Bezirkshauptmannschaft Brixen, am Eisack und an der Brennerbahn, 947 m ü. M., altertümlich gebaut, mit gotischer Pfarrkirche, schönem gotischen Rathaus, einem Deutschordenshaus (1263 gestiftet), Kapuzinerkloster, einem Bezirksgericht, Fabrikation von Sensen, Sicheln, Beinlöffeln etc. und (1880) 1528 Einw. Südöstlich das nunmehr ausgetrocknete Sterzinger Moos. S. hieß zur Römerzeit Vipitenum. Gegenwärtig ist es ein beliebtes Standquartier der Touristen. Vgl. Fischnaler S. am Eisack (2. Aufl., Innsbr. 1885).

Stesichoros, der bedeutendste Vertreter der ältern dorischen Lyrik, der "lyrische Homer" genannt, geb. um 630 v. Chr. zu Himera in Sizilien, starb erblindet 556 in Catana. Von ihm rührt die Einteilung der chorischen Lieder in Strophe, Gegenstrophe und Epode her, auch galt er für den Begründer des höhern frischen Stils. Seine von Spätern in 26 Bücher eingeteilten Festgesänge behandelten in prächtiger Darstellung vorwiegend epische Stoffe; ebenso standen die einfachen metrischen Formen der epischen nahe, wie auch der Dialekt der mit wenigen Dorismen gemischte epische war. Wir besitzen von ihm nur Bruchstücke (in Schneidewins "Delectus poesis Graecorum", Götting. 1839, und Bergks "Poetae lyrici graeci", Bd. 3, 4. Aufl., Leipz. 1882).

Stethograph (griech.), ein Apparat, welcher die Atmungsbewegungen einzelner Punkte des Brustkorbes in Form von Kurven graphisch darstellt.

Stethoskop (griech.), s. Auskultation.

Stetig, fest, unbeweglich; ununterbrochen, fortdauernd. Eine stetige (kontinuierliche) Größe ist eine solche, deren Teile keine Unterbrechung zeigen, z. B. eine Linie im Gegensatz zu einer Reihe voneinander getrennter (diskreter) Punkte.

Stetigkeit, s. v. w. Kontinuität (s. d.).

Stetten, 1) (S. am Kalten Markt) Flecken im bad. Kreis Konstanz, in rauher Gegend auf der Hardt, hat eine kath. Kirche, Weißstickerei, Korsettnäherei und (1885) 1037 Einw. -

2) Dorf im bad. Kreis Lörrach, im Wiesenthal, an der Linie Basel-Zell i. W. der Badischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, Weinbau, Eisengießerei, Baumwollweberei, Gewehrschäftefabrikation und (1885) 2186 Einw.

Stettenheim, Julius, humorist. Schriftsteller, geb. 2. Nov. 1831 zu Hamburg, Sohn eines Kunsthändlers, verließ 1857 das väterliche Geschäft, in das er eingetreten war, und begab sich nach Berlin, wo er studierte und gleichzeitig als Schriftsteller auftrat. Unter den von ihm um jene Zeit veröffentlichten Humoresken, Singspielen, Possen etc. verdienen der "Almanach zum Lachen" (Berl. 1858-63) und das oft gegebene Liederspiel "Die letzte Fahrt" (das. 1861) besondere Hervorhebung. Nach vollendetem dreijährigen Universitätskurs kehrte er nach Hamburg zurück und gründete hier die bekannte humoristisch-satirische Zeitschrift "Die Wespen", die jedoch erst eigentlichen Erfolg hatte, nachdem er mit derselben Ende 1867 nach Berlin übergesiedelt war, wo im Januar 1868 zuerst die "Berliner Wespen" erschienen, die er noch gegenwärtig redigiert. S. ist einer der glänzendsten Vertreter des satirischen Wortwitzes. Von seinen Veröffentlichungen erwähnen wir noch: "Lohengrin", humoristische Albumblätter (Berl. 1859); "Die Hamburger Wespen auf der internationalen landwirtschaftlichen Ausstellung" (das. 1863); "Die Hamburger Wespen im zoologischen Garten" (das. 1863); "Satirisch-humoristischer Volkskalender" (das. 1863); "Die Berliner Wespen im Aquarium" (das. 1869); "Ungebetene Gäste", Posse (das. 1869); "Berliner Blaubuch aus dem Archiv der Komik" (das. 1869-70, 2 Bde.); "Ein gefälliger Mensch", Posse (das. 1872); "Wippchens sämtliche Berichte" (das. 1878-86, 5 Bde.); "Muckenichs Reden und Thaten" (das. 1885); "Unter vier Augen" (das. 1885) u. a. Seit 1885 gibt er die illustrierte Monatsschrift "Das humoristische Deutschland" (Bresl.) heraus.

Stettin (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der preuß. Provinz Pommern und des gleichnamigen Regierungsbezirks, Stadtkreis, an der Oder, Knotenpunkt der Linien Berlin-Stargard, Breslau-S. und S.-Mecklenburgische Grenze, 7 m ü. M., besteht aus der eigentlichen Stadt am linken Flußufer mit ausgedehnten neuen Stadtteilen und Vorstädten, welch letztere wegen der bis 1873 vorhandenen Befestigung der innern Stadt zum Teil in großer Entfernung von derselben angelegt sind, und aus der Lastadie und den zugehörigen Anlagen am rechten Ufer. Beide Ufer der Oder sind für den allgemeinen Verkehr durch drei Brücken (Baumbrücke, Lange Brücke und Neue Brücke) verbunden; für den Eisenbahnverkehr sind über die Oder und ihre Nebenströme besondere Überbrückungen hergestellt. Die innere Stadt enthält acht Plätze: den Paradeplatz, den Königsplatz mit den Statuen Friedrichs d. Gr. (von Schadow) und Friedrich Wilhelms III. (von Drake), den Roßmarkt mit monumentaler Fontäne, den Heumarkt und den Neuen Markt, zwischen denen das alte Rathaus steht, den Marktplatz und den Viktoriaplatz, durch das neue Rathaus getrennt, und den mit Anlagen gezierten Kirchplatz. S. hat 6 evang. Kirchen, unter welchen die in ihrer jetzigen Gestalt spätgotische Petrikirche (1124 gegründet) als die erste christliche Kirche in Pommern und die Jakobikirche (aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrh.) wegen ihrer Größe etc. bemerkenswert sind; außerdem eine kath. Kirche (im Schloß), eine Baptistenkapelle, eine Kirche der Altlutherischen, eine der apostolischen Gemeinde und eine neue Synagoge. Andre hervorragende Gebäude sind: das königliche Schloß (1575 erbaut), jetzt Sitz der Regierung und des Oberlandesgerichts, das Militärkasino, das Schauspielhaus, die Börse, das Vereins- und Konzerthaus, der Zirkus, das neue großartige Krankenhaus (auf einer Anhöhe vor der Stadt, vgl. den Plan bei Art. "Krankenhaus") etc. Bemerkenswert sind ferner zwei von Friedrich Wilhelm I. erbaute monumentale Thorgebäude (Königsthor und Berliner Thor), welche, seit Abtragung der Wälle freigelegt und von der Stadt

^[Abb.: Wappen von Stettin.]