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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Stiller Ozean

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Stiller Ozean (Hydrographisches, Verkehrsverhältnisse).

noch wenig bekannt und nach den vereinzelten Lotungen als sehr ungleichmäßig zu betrachten.

Die für den Stillen Ozean charakteristischen Erdbebenwellen, welche von Zeit zu Zeit beobachtet worden sind, lassen einen Schluß zu auf die mittlere Tiefe des durchlaufenen Meeresgebiets. Die Erdbebenwellen von 1854, 1868 und 1877 sind zu solchen Berechnungen benutzt und haben für die Richtung Kalifornien-Japan rund 4050 m, für die Richtung Peru-Neuseeland 2750 m ergeben (Hochstetter 1869, Geinitz 1877 in "Petermanns Geographischen Mitteilungen"). Bisher sind solche Beobachtungen nur immer an einer Seite des Ozeans mit selbstregistrierenden Apparaten angestellt, während die Zeitangaben für die andre Seite schwankend waren. Die Ergebnisse sind daher noch ungenau. Auf Grund der verschiedenen Lotungen und Berechnungen bis zum Jahr 1878 ist die mittlere Tiefe des Stillen Ozeans von Supan gefunden worden zu 3370 m, von Krümmel (ohne Rücksicht auf die Wellenrechnung) zu 3912 m. Das Stromsystem an der Oberfläche des Stillen Ozeans zeigt in seinen Hauptzügen Analogien mit dem des Atlantischen Ozeans. Auch hier wird ein Äquatorialstrom von den Passaten zu beiden Seiten des Äquators nach W. getrieben. Die Nordgrenze dieser Westströmungen setzt Duperrey in 24° nördl. Br., die Südgrenze in 26° südl. Br. In der Nähe des Äquators findet sich ein östlich gerichteter Äquatorialgegenstrom, in der Regel zwischen 2 und 6° nördl. Br. angegeben. Diese Strömungen sind bei weitem nicht so stark und beständig wie die analogen des Atlantischen Ozeans. Da außerdem ihre Grenzen nach N. und Süden mit den Jahreszeiten schwanken müssen, so bedarf es einer sehr großen Zahl von Beobachtungen, um ein zuverlässiges Bild dieser Verhältnisse zu erlangen. Daran mangelt es so sehr, daß die Fortführung dieser Strömungen über den ganzen Ozean auf einer Verbindung von Einzelbeobachtungen und Wahrscheinlichkeiten beruht, welche noch weiterer Bestätigung bedürfen. Die weitaus größte Fläche des Stillen Ozeans ist frei von regelmäßigen Strömungen, an den Küsten der Kontinente dagegen finden sich ausgeprägte Stromverhältnisse, welche denen des Atlantischen Ozeans nahekommen. Namentlich der Kuro Siwo (Schwarzer oder Japanischer Strom, s. Kuro Siwo), welcher warmes Wasser an der Ostküste von Japan nach N. führt, ist stets gern mit dem Golfstrom verglichen worden. Seine Fortsetzung macht sich an der Westküste Nordamerikas in warmem, feuchtem Klima bemerklich. Der Labradorströmung der Ostküste von Nordamerika entspricht das kalte Wasser im Ochotskischen Meer und bis zur Halbinsel von Korea. Im südlichen Stillen Ozean finden sich ebenfalls analoge Strömungen wie im südlichen Atlantischen Ozean. Eine nach Süden setzende australische Strömung macht sich an der Küste von Neusüdwales bemerklich. Im Süden von Australien herrscht ein östlicher Strom vor, welcher den australischen Strom nach Neuseeland hin ablenkt.

Südlich von 30° südl. Br. herrschen Westwinde und mit ihnen laufende Ostströme vor, welche nach der Westküste Südamerikas das Wasser hintreiben. Daraus resultieren an dieser Küste die an der patagonischen Küste nach Süden um das Kap Horn setzende Strömung und nach N. die kalte Peru- oder Humboldt-Strömung, welche sich bis über die Galapagosinseln hinaus fortsetzt und auf das Klima der ganzen Küste einen so wohlthätigen Einfluß ausübt. Die an der Küste von Chile und Peru bekannten dichten Nebel werden diesem kalten Wasser zugeschrieben. Doch wird selbst diese Strömung streckenweise durch anhaltende Nordwinde in ihren obern Schichten zum Stillstand gebracht. Neuere Forschungen machen es wahrscheinlich, daß das kalte Wasser an der peruanischen Küste nicht der Strömung direkt entstammt, sondern aus der Tiefe aufsteigt.

Die Temperaturverteilung an der Oberfläche dieses ausgedehnten Wasserbeckens ist nur lückenhaft erforscht. Es knüpft sich jedoch an die Kenntnis derselben das für die Südsee so wichtige Problem von der Verbreitung der Riffe bauenden Korallen; man hat daher aus direkten Beobachtungen, aus den Strömungen und aus der Lage der Koralleninseln wechselseitig Schlüsse gezogen. Danach ist die Oberflächentemperatur zwischen 28° nördl. Br. und 28° südl. Br. im allgemeinen nicht niedriger als 20° C., mit Ausnahme der Gewässer im Bereich der peruanischen Strömung und der Küste von Kalifornien, während im O. das warme Wasser noch höhere Breiten (Japan) erreicht. Im Bereich des Äquatorialgegenstroms ist das Wasser, ebenso wie im Atlantischen Ozean, am wärmsten. Das Gebiet, in welchem das Wasser über 20° warm bleibt, bietet die Lebensbedingungen für die Riffe bauenden Korallen, welche im Stillen Ozean eine so große Verbreitung aufweisen (vgl. Dana, Corals and coral-islands) und Inselgruppen von der Ausdehnung der Karolinen u. der Tuamotus u. a. ganz ausschließlich aufgebaut haben. Eine charakteristische Eigentümlichkeit des westlichen Stillen Ozeans sind die tiefen Meeresbecken, welche von der freien Zirkulation des Tiefenwassers durch unterseeische Bodenerhebungen abgeschlossen werden (vgl. Tiefentemperatur im Art. "Meer", S. 413 f.). Eine solche Erhebung verbindet in ca. 2600 m Tiefe Japan mit den Bonininseln, Marianen und Karolinen und umschließt ein 8400 m tiefes Becken. Das Korallenmeer mit Tiefen von 4900 m ist in 2500 m durch eine Bodenerhebung abgesperrt, ebenso sind die Sulusee (4700 m), Mindorosee (4800 m), Celebessee (5150 m) in Tiefen von 600-1200 m umrandet, wie sich aus ihren warmen Bodentemperaturen unzweifelhaft ergibt.

Die Windverhältnisse des Stillen Ozeans sind im allgemeinen denen des Atlantischen Ozeans ähnlich. Zwischen 25° nördl. Br. und 25° südl. Br. wehen vorherrschend Nordost- und Südostpassate, welche jedoch hier nur durch einen schmalen, im mittlern Teil sogar überhaupt nicht durch einen Stillengürtel voneinander getrennt sind. An der Westküste von Nordamerika sind nördliche, an der von Südamerika sehr beständige, aber schwache südliche Winde das ganze Jahr hindurch vorherrschend. Die Westseite des Stillen Ozeans, namentlich die oben genannten, durch ihre Tiefentemperaturen merkwürdigen Meeresteile liegen im Gebiet der Monsune, welche sie mit dem Indischen Ozean (s. d.) gemeinsam haben. Die höhern Breiten beider Hemisphären weisen, ähnlich wie im Atlantischen Ozean, vorherrschend Westwinde auf, welche namentlich im Süden sehr kräftig und beständig angetroffen werden.

Verkehrsverhältnisse des Stillen Ozeans.

Der Stille Ozean ist erst sehr spät dem Weltverkehr eröffnet worden. Seine nordwestliche Küste wurde allerdings schon in früher Zeit befahren, ohne daß man aber eine Ahnung davon hatte, daß man sich hier in andern Gewässern befinde als denen des Atlantischen Ozeans. Auch Kolumbus meinte, daß letzterer bis nach Japan und China reiche. Erst dem Vasco Nuñez de Balboa verdanken wir die Entdeckung der Existenz einer zwischen der Westküste Amerikas und Asien sich hinziehenden Meeresfläche. Als der