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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stobi - Stöcker.

und veröffentlichte nach Pfeffels Tode die "Blätter, dem Andenken K. G. Pfeffels gewidmet" (Straßb. 1810). Unter der Restauration gehörte S. zur liberalen Opposition; er übersetzte die Schriften des Generals Foy, gab politische Broschüren in Form von Dialogen ("Gradaus") heraus und veröffentlichte: "Gedichte" (Basel 1814; 3. Aufl., Stuttg. 1821) sowie das volkstümliche "Neujahrsbüchlein vom Vetter Daniel" (das. 1818) und eine Biographie Oberlins ("Vie de Frédéric Oberlin", Straßb. 1821), der er seine "Kurze Geschichte und Charakteristik der schönen Litteratur der Deutschen" (das. 1826) nachfolgen ließ. Sein letztes größeres Werk war die Übersetzung von Lamennais' "Paroles d'un croyant". S. starb 28. Dez. 1835. Seine "Sämtlichen Gedichte und kleinen prosaischen Schriften" erschienen in 4 Bänden (Straßb. 1835-36). Zu seinen besten poetischen Leistungen gehören seine in elsässischer Mundart geschriebenen Gedichte, die voller Witz und Humor sind.

2) August, Sohn des vorigen, geb. 8. Juli 1808 zu Straßburg, studierte 1826-32 Theologie, wirkte 1838-41 als Lehrer der deutschen Sprache und Litteratur am Kollegium zu Buchsweiler, 1841-71 als Professor am Kollegium zu Mülhausen und ward 1864 zugleich zum Oberstadtbibliothekar, 1874 zum Konservator des von ihm mitbegründeten historischen Museums ernannt. Er starb daselbst 19. März 1884. Gleich seinem Vater und Bruder trug er durch seine litterarische Thätigkeit viel zur Erhaltung des deutschen Wesens im Elsaß bei. Er veröffentlichte: "Alsabilder", vaterländische Sagen und Geschichten (mit seinem Bruder Adolf, Straßb. 1836); "Gedichte" (das. 1842; neue Aufl., Basel 1873); "Oberrheinisches Sagenbuch", Gedichte (Straßb. 1842); "Elsässisches Volksbüchlein", Kinder- und Volkslieder, Märchen etc. (das. 1842; 2. Aufl., Mülh. 1859); "Der Dichter Lenz und Friederike von Sesenheim" (Basel 1842); "Geschichte der schönen Litteratur der Deutschen" (Straßb. 1843); "Die Sagen des Elsasses" (St. Gallen 1852, 2. Aufl. 1858); "Der Aktuar Salzmann, Goethes Freund" (Mülh. 1855); "Zur Geschichte des Volksaberglaubens im 16. Jahrhundert" (Basel 1856); "Chr. Fr. Pfeffel" (das. 1859); "E Firobe (ein Feierabend) im e Sundgauer Wirtshaus", Volksszene in zwei Abteilungen (Musik von Heyberger, Mülh. 1865, 2. Aufl. 1868); "Jörg Wickram, Volksschriftsteller und Stifter der Kolmarer Meistersängerschule" (das. 1866); "Aus alten Zeiten. Allerlei über Land und Leute im Elsaß" (2. Aufl., das. 1872); "Erzählungen, Märchen, Humoresken etc." (das. 1873); "Drei-Ähren", Gedichte (das. 1873, 2. Aufl. 1877); "J. S. Röderer und seine Freunde" (2. Aufl., Kolm. 1874). Auch gab er "Elsässische Neujahrsblätter" (mit Otte, Straßb. 1843-48, 6 Bde.), "Erwinia", belletristische Wochenschrift (das. 1838-39), und "Alsatia", Jahrbuch für elsässische Geschichte etc. (Mülh. 1850-75, 10 Bde.), zu denen nach Stöbers Tod noch ein Band "Neue Alsatia" (das. 1885) erschien, heraus.

3) Adolf, Bruder des vorigen, geb. 7. Juli 1810, studierte 1826-31 in Straßburg Theologie, wurde 1839 Lehrer am Kollegium zu Mülhausen, 1840 Pfarrer daselbst und ist seit 1860 Präsident des reformierten Konsistoriums und Oberschulrat zu Mülhausen. Außer den mit dem vorigen herausgegebenen "Alsabildern" veröffentlichte er: "Gedichte" (Hannov. 1845); "Reisebilder aus der Schweiz" (St. Gallen 1850, neue Folge 1857); "Reformatorenbilder" (Basel 1857); "Einfache Fragen eines elsässischen Volksfreundes" (Mülh. 1872) und einiges Theologische.

Stobi (Stoboi), Stadt im alten Päonien (Makedonien), westlich vom Axios (Wardar), bei der Mündung des Erigon, nach der Diokletianischen Einteilung Hauptstadt der nordwestlichen Hälfte Makedoniens, wurde 479 von den Ostgoten zerstört, wird aber in den Kämpfen zwischen Bulgaren und Byzantinern noch 1014 erwähnt. Ruinen bei Gradsko.

Stöchaden, s. v. w. Hyèrische Inseln, s. Hyères.

Stochásmus (griech.), veraltete Bezeichnung für Wahrscheinlichkeitsberechnung; Stochastik, Lehre von der Wahrscheinlichkeit.

Stöchiometrie (griech.), chemische Meßkunst, die Lehre von den Gewichts- und Raumverhältnissen, nach welchen sich ungleichartige Materien zu neuen gleichartigen Körpern chemisch verbinden, und die Anwendung derselben zu chemischen Berechnungen (vgl. Atom und Äquivalent). Die S. wurde von J. B. Richter gegen Ende des 18. Jahrh. begründet und seitdem vielfach, unter andern von Meineke, Bischof, Döbereiner, Gay-Lussac, Berzelius, Liebig, Dumas, Laurent, Gerhardt u. a. bearbeitet. Vgl. Rammelsberg, Lehrbuch der S. (Berl. 1842); Frickhinger, Katechismus der S. (5. Aufl., Nördling. 1873).

Stock (Caudex), bei den Pflanzen im allgemeinen der mit Blättern besetzte Stengel; dann der einfache, am Grund nur durch Nebenwurzeln befestigte, am obern Ende mit einer einzigen großen Gipfelknospe abschließende, holzige Stamm der Baumfarne, Cykadeen und baumartigen Monokotyledonen, besonders der Palmen und Drachenbäume. - Über S. in der Geologie s. Lagerung der Gesteine.

Stock (engl.), Stamm, Grundlage; übertragen: Grundkapital von Aktiengesellschaften, dessen einzelne Teile (Aktien) shares heißen. S.-exchange, "Aktienbörse", thatsächlich Effektenbörse, da an derselben auch Obligationen (bonds), Staatspapiere (funds) und andre Wertpapiere gehandelt werden; S.-holder, Eigentümer von Stocks; S.-broker, Makler für Wertpapiere, S.-jobber, Spekulant in Wertpapieren (vgl. Jobber).

Stockach, Stadt im bad. Kreis Konstanz, an der Stockach und der Linie Radolfzell-Mengen der Badischen Staatsbahn, 494 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Bezirksamt, ein Amtsgericht, eine Bezirksforstei, Spinnerei, Weberei, Teigwarenfabrikation, 3 Kunstmühlen und (1885) 2065 meist kath. Einwohner. -

S. war ehedem Hauptstadt der Landgrafschaft Nellenburg-Thengen, mit welcher es 1645 an Österreich, 1805 an Württemberg und 1810 an Baden überging. Hier siegte 25. März 1799 Erzherzog Karl über die Franzosen unter Jourdan (s. Liptingen).

Stockausschlag, s. Knospe.

Stockbörse, s. Stock.

Stockbücher, s. Grundbücher.

Stöcke und Stockwerke, s. Bergbau, S. 722, Erzlagerstätten und Lagerung der Gesteine.

Stöcker, Adolf, preuß. Hofprediger, geb. 11. Dez. 1835 zu Halberstadt, studierte in Halle und Berlin Theologie und Philologie, wurde 1863 Pfarrer in Seggerde bei Halberstadt und 1866 in Hamersleben. 1871 ging er als Divisionspfarrer nach Metz und 1874 als Hof- und Domprediger nach Berlin. Das dreiste Auftreten der Sozialdemokratie und ihre offenkundigen revolutionären Bestrebungen veranlaßten S., 1877 in öffentlichen Versammlungen gegen die Führer der Sozialdemokraten aufzutreten und durch Stiftung einer christlich-sozialen Partei die Arbeiter für christliche und patriotische Anschauungen wiederzugewinnen, zugleich aber ihre Forderungen des Schutzes gegen die Ausbeutung des Kapitals und