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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Struktur; Struma; Strumiza; Strümpell; Strümpfe

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Struktur - Strümpfe.

war so groß, daß er sich schließlich sogar die Vollmacht erteilen ließ, Kabinettsbefehle ohne königliche Unterschrift auszufertigen. Es ward ein neues Ministerium gebildet, S. selbst aber im Juli 1771 zum Kabinettsminister ernannt. Abweichend von der bisher verfolgten Politik, suchte S. Dänemark von dem Einfluß Rußlands frei zu machen und dafür mit dem stammverwandten Schweden eine enge Verbindung herzustellen. Im Innern wollte er nach dem Muster Friedrichs II. von Preußen durch einen aufgeklärten Despotismus gewerbliche Thätigkeit, Wohlstand und freiheitliche Bildung begründen. Die Finanzen wurden geordnet, die Abgaben verringert, viele der Industrie und Handel hemmenden Fesseln gelöst, Bildungsanstalten gegründet, die strengen Strafgesetze gemildert, die Folter abgeschafft und alle Zweige der Verwaltung nach Vernunftgrundsätzen geordnet; doch ging S. dabei mit zu rücksichtsloser Eile zu Werke, verfeindete sich mit allen hervorragenden Persönlichkeiten, reizte das Volk durch Verdrängung der S. unbekannten dänischen Sprache zu gunsten der deutschen und ward daher als Tyrann verschrien, insbesondere von der orthodoxen Geistlichkeit. Dazu ward sein Verhältnis zu der Königin verdächtigt, namentlich als diese 7. Juli 1771 eine Tochter gebar. An der Spitze der ihm feindlichen Partei stand die herrschsüchtige Stiefmutter Christians VII., Juliane Maria, Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, und an sie schlossen sich mehrere einflußreiche Männer an, darunter der Kabinettssekretär Guldberg und der General Rantzau-Aschberg. Am frühen Morgen des 17. Jan. 1772 drangen diese Verschwornen in das Schlafzimmer des Königs und zwangen denselben zur Unterzeichnung des Befehls zur Verhaftung der Königin, Struensees und Brandts. S. ward in Ketten auf die Citadelle gebracht und eines Anschlags gegen die Person des Königs, um ihn zur Abdikation zu zwingen, des strafbaren Umgangs mit der Königin, der Anmaßung und des Mißbrauchs der höchsten Gewalt angeklagt. Auf sein Geständnis eines verbrecherischen Umgangs mit der Königin begab sich eine zweite Kommission zur Königin nach Kronborg, um aus dieser ein gleiches Geständnis herauszulocken, was auch gelang. Die königliche Ehe ward getrennt, S. aber "eines großen, todeswürdigen Verbrechens wegen" 6. April zu grausamer Hinrichtung verurteilt. Ebenso lautete das Urteil gegen Brandt als Genossen Struensees. Nachdem der König das Urteil bestätigt hatte, erfolgte 28. April 1772 die Exekution, indem ihnen erst die rechte Hand, dann der Kopf abgeschlagen und der Rumpf zerstückelt wurde. Beide Verurteilte fielen dem Haß der von ihnen schwer beleidigten Adelsaristokratie zum Opfer. Michael Beer und Heinrich Laube machten Struensees Schicksal zum Gegenstand gleichnamiger Trauerspiele. Bouterwek lieferte einen seiner Zeit anerkannten Roman. Vgl. Höst, Geheimer Kabinettsminister Graf J. F. S. und sein Ministerium (deutsch, Kopenh. 1826); Jenssen-Tusch, Die Verschwörung gegen Karoline Mathilde von Dänemark und die Grafen S. und Brandt (Jena 1864); Wittich, Struensee (Leipz. 1878).

3) Gustav Otto von (pseudonym Gustav vom See), Romanschriftsteller, geb. 13. Dez. 1803 zu Greifenberg in Pommern, studierte zu Bonn und Berlin die Rechte, ward 1834 Regierungsrat in Koblenz und 1847 Oberregierungsrat in Berlin. Er starb 29. Sept. 1875 in Breslau. Unter seinen ältern Romanen (gesammelt Bresl. 1867-69, 18 Bde.; neue Ausg. 1876, 6 Bde.) verdienen "Die Egoisten" (1853), "Vor fünfzig Jahren" (1859) und "Herz und Welt" (1862) hervorgehoben zu werden. Seine stärkste Produktivität entfaltete der talentvolle und gebildete Erzähler in den letzten Jahrzehnten seines Lebens, wo er unter andern die Romane: "Wogen des Lebens" (Bresl. 1863, 3 Bde.), "Gräfin und Marquise" (Leipz. 1865, 4 Bde.) mit der Fortsetzung "Ost und West" (Bresl. 1865, 4 Bde.), "Arnstein" (das. 1868, 3 Bde.), "Valerie" (das. 1869, 4 Bde.), "Falkenrode" (Hannov. 1870, 4 Bde.), "Krieg und Friede" (Berl. 1872, 4 Bde.), "Gänseliese" (Hannov. 1873, 3 Bde.), "Ideal und Wirklichkeit" (das. 1875, 3 Bde.), "Erlebt und erdacht", Novellen (das. 1875, 2 Bde.), "Die Philosophie des Unbewußten" (das. 1876, 3 Bde.) etc. erscheinen ließ.

Struktur (lat. structura), die Art und Weise der äußern und innern Zusammenfügung eines zu einem Ganzen aus einzelnen, verschiedenartigen Teilen verbundenen Körpers; insbesondere in der Geologie das innere Gefüge der Gesteine, wie es durch die Form, die gegenseitige Lage, die Verteilung und die Art der Verbindung der Gesteinselemente und der accessorischen Bestandteile bedingt wird; über die einzelnen Strukturformen vgl. Gesteine.

Struma, s. Kropf.

Struma (Karasu, der alte Strymon), Fluß in der europ. Türkei, entspringt in Bulgarien am Westabhang der Witosch (Skomios), bildete im Altertum die Ostgrenze Makedoniens und mündet nach ca. 300 km langem Lauf in den Golf von Orfani (Strymonischer Meerbusen), nachdem er kurz vorher den See Tachyno (Kerkine im Altertum) durchflossen hat.

Strumiza (Strumdscha), Stadt im türk. Wilajet Saloniki, am Flusse S. (Nebenfluß des Struma), Sitz eines griechischen Erzbischofs, mit altem Schloß, 6 Moscheen und ca. 15,000 Einw., von denen etwa die Hälfte Mohammedaner.

Strümpell, Ludwig, Philosoph und Pädagog, geb. 23. Juni 1812 zu Schöppenstädt im Braunschweigischen, studierte zu Königsberg (unter Herbart) Philosophie und Pädagogik, wurde Erzieher in Kurland, habilitierte sich 1843, wurde 1844 außerordentlicher, 1849 ordentlicher Professor der Philosophie und Pädagogik an der russischen Universität Dorpat, siedelte 1871 als kaiserlich russischer Staatsrat a. D. nach Leipzig über, wo er als Honorarprofessor der Philosophie thätig ist. Von seinen zahlreichen, im Geist Herbarts verfaßten Schriften sind hervorzuheben: "Erläuterungen zu Herbarts Philosophie" (Götting. 1834); "Die Hauptpunkte der Herbartschen Metaphysik" (Braunschw. 1840); "Vorschule der Ethik" (Mitau 1844); "Entwurf der Logik" (das. 1846); "Der Kausalitätsbegriff und sein metaphysischer Gebrauch in der Naturwissenschaft" (Leipz. 1872); "Die Geisteskräfte der Menschen, verglichen mit denen der Tiere" (gegen Darwin, das. 1878); "Psychologische Pädagogik" (das. 1880); "Grundriß der Logik" (das. 1881); "Grundriß der Psychologie" (das. 1884); "Einleitung in die Philosophie vom Standpunkt der Geschichte der Philosophie" (das. 1886). Die "Geschichte der griechischen Philosophie" (Leipz. 1854-61, 2 Bde.) blieb unvollendet. - Sein Sohn Gustav Adolf, geb. 28. Juni 1853, seit 1886 ordentlicher Professor der Medizin in Erlangen, schrieb: "Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der innern Krankheiten" (5. Aufl., Leipz. 1889, 2 Bde.).

Strümpfe (franz. Bas [de chausses]) waren anfangs von Leder oder Wollenzeug genäht und mit den Hosen verbunden (Strumpfhosen). Gestrickte, von den Beinkleidern getrennte S. sollen erst im 16. Jahrh. und zwar zuerst in England in Gebrauch gekommen sein. Man sagt, Königin Elisabeth sei die erste gewesen,