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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Strumpfwaren; Strunk; Strunkschwamm; Struthio; Struve

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Strumpfwaren - Struve.

die sich ihrer bediente. Indes besaß schon ihr Vater Heinrich VIII. ein Paar gestrickte seidene Beinkleider (tricots), die er aus Spanien zum Geschenk erhalten haben soll, und die damals noch für ein seltenes Prachtstück galten. Ende des 16. Jahrh. waren S. von farbiger und weißer Seide (filet de Florence) mit gestickten Zwickeln schon weiter verbreitet. S. als Ornatstück der Bischöfe, violettblau von Farbe, waren genäht, anfangs aus Leinen, später aus Seide oder Samt. Strumpfbänder kamen ebenfalls bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. auf und wurden bald kostbar verziert. Im 18. Jahrh. wurden Strumpfbänder aus Gold- oder Silberstoff mit Metallschnallen auch von Männern zur Befestigung der Kniehosen und S. getragen.

Strumpfwaren, s. Wirkerei.

Strunk (Stipes), kurzer, dicker Stengel; insbesondere der Stiel der Hutpilze (s. Pilze, S. 71).

Strunkschwamm, s. Sparassis.

Struthio, Strauß; Struthionidae (Strauße), Familie aus der Ordnung der Straußvögel.

Struve, 1) Friedrich Adolf August, Begründer der Mineralwasserfabrikation, geb. 9. Mai 1781 zu Neustadt bei Stolpen, studierte seit 1799 in Leipzig und Halle Medizin, ließ sich 1803 in seiner Vaterstadt als Arzt nieder, kaufte 1805 die Salomonisapotheke in Dresden und bemühte sich fortan um die künstliche Nachbildung der Mineralwässer, die er zu großer Vollkommenheit brachte. Er richtete viele Anstalten für Mineralwässerfabrikation ein und starb 29. Sept. 1840 in Berlin. Er schrieb: "Über Nachbildung der natürlichen Heilquellen" (Dresd. 1824-1826, 2 Hefte). - Sein Sohn Gustav Adolf, geb. 11. Jan. 1812 zu Dresden, studierte in Berlin, hielt dann in Dresden Vorlesungen über Chemie und übernahm die Leitung der väterlichen Geschäfte, die er wesentlich ausdehnte. Er bereitete auch neue Mineralwässer, indem er Chemikalien in reinem, mit Kohlensäure imprägniertem Wasser löste, u. schuf auf diese Weise sehr wertvolle Arzneiformen. Er starb 21. Juli 1889 in Schandau, nachdem er 1880 die Leitung der Geschäfte seinem Sohn Oskar, geb. 5. Juli 1838 zu Dresden, gest. 28. Nov. 1888 in Leipzig, übergeben hatte.

2) Friedrich Georg Wilhelm von, Astronom, geb. 15. April 1793 zu Altona, studierte 1808-11 in Dorpat erst Philologie, dann Astronomie, ward 1813 Observator und 1817 Direktor der Sternwarte zu Dorpat, 1839 Direktor der neu erbauten Nikolai-Zentralsternwarte zu Pulkowa bei St. Petersburg. Er widmete sich vorzugsweise der Beobachtung der Doppelsterne und veröffentlichte: "Observationes Dorpatenses" (Dorp. 1817-39, 8 Bde.) sowie "Catalogus novus stellarum duplicium" (das. 1827), "Stellarum duplicium mensurae micrometricae" (Petersb. 1831) und "Stellarum fixarum, imprimis compositarum positiones mediae" (das. 1852); er bestimmte ferner die Parallaxe von α Lyrae und gab Untersuchungen über den Bau der Milchstraße in den "Études d'astronomie stellaire" (das. 1847). Ferner organisierte S. die sämtlichen russischen Sternwarten, führte 1816-19 eine Triangulation Livlands aus und leitete 1822-52 die große russisch-skandinavische, einen Meridianbogen von 25° 20' umfassende Gradmessung, über welche er in "Arc du méridien entre le Danube et la Mer Glaciale" (Petersb. 1857-60, 2 Bde.) berichtet hat, wie auch die Ausführung eines Nivellements zwischen dem Kaspischen und Schwarzen Meer (1836-37), dessen Bearbeitung durch S. 1841 erschien, und geographische Ortsbestimmungen in Sibirien, der europäischen und asiatischen Türkei. Nach schwerer Krankheit im J. 1858 übergab er 1862 sein Amt seinem Sohn Otto Wilhelm (s. unten) und starb 23. (11.) Nov. 1864 in Petersburg. Ausgezeichnet war die Beobachtungsgabe Struves und das Geschick, Beobachtungsfehler zu ermitteln und unschädlich zu machen. Er wurde zum Wirklichen Staatsrat ernannt und geadelt.

3) Otto Wilhelm von, Astronom, Sohn des vorigen, geb. 7. Mai 1819 zu Dorpat, wurde 1837 Gehilfe des Vaters daselbst, dann in Pulkowa, später zweiter Astronom und Vizedirektor, 1862 Nachfolger seines Vaters. Er war auch 1847-62 beratender Astronom des russischen Generalstabs, dessen astronomisch-geodätische Arbeiten er leitete, lieferte eine neue Bestimmung der Präzessionskonstanten (1841), eine Durchmusterung des nördlichen Himmels, welche 500 neue Doppelsternsysteme ergab, Arbeiten über den Saturn und dessen Ringe, Bestimmung der Masse des Neptun, entdeckte einen innern Uranustrabanten, ermittelte die Parallaxe verschiedener Fixsterne, machte Beobachtungen über die Veränderlichkeit im Nebel des Orion und kleiner, in demselben verteilter Sterne und veranstaltete zahlreiche Beobachtungen über Kometen, Doppelsterne und Nebel. 1851 wies er bei Gelegenheit der Sonnenfinsternis nach, daß die Protuberanzen dem Sonnenkörper angehören, auch beteiligte er sich an der Gradmessung, die sich über 69 Längengrade zwischen Valentia in Irland und Orsk an der asiatischen Grenze erstreckt. Er schrieb: "Übersicht der Thätigkeit der Nikolai-Hauptsternwarte während der ersten 25 Jahre ihres Bestehens" (Petersb. 1865) und gab heraus: "Observations de Poulkowa" (das. 1869-87, 12 Bde.).

4) Gustav von, republikan. Agitator und Schriftsteller, geb. 11. Okt. 1805 in Livland, studierte die Rechte in Deutschland und ward dann oldenburgischer Gesandtschaftssekretär zu Frankfurt a. M., ging aber bald als Advokat nach Mannheim. Seine Muße widmete er phrenologischen Studien, als deren Früchte eine "Geschichte der Phrenologie" (Heidelb. 1843) und ein "Handbuch der Phrenologie" (Leipz. 1845) erschienen. Auch redigierte er das "Mannheimer Journal" und ward infolge der oppositionellen Haltung dieses Blattes wiederholt zu Gefängnisstrafe verurteilt. 1846 gründete er den "Deutschen Zuschauer". Nach der Pariser Februarrevolution machte er im April 1848 im badischen Seekreis mit Hecker den bewaffneten Putsch zur Einführung der Republik und floh nach dessen Mißlingen in die Schweiz. Ein bewaffneter Einfall, den er 21. Sept. mit andern politischen Flüchtlingen auf badisches Gebiet machte, mißglückte wieder, und er selbst ward nach dem Treffen bei Staufen 25. Sept. im Amtsbezirk Säckingen verhaftet und vom Schwurgericht zu Freiburg 30. März 1849 wegen versuchten Hochverrats zu 5⅓ Jahren Einzelhaft verurteilt und zu deren Abbüßung nach Bruchsal abgeliefert. Infolge der badischen Volkserhebung schon 24. Mai wieder frei geworden, beteiligte er sich in Mieroslawskis Hauptquartier an derselben und entfloh nach dem Scheitern dieses neuen Aufstandes in die Schweiz, von da im April 1851 nach New York, wo er seine "Allgemeine Weltgeschichte" im radikalen Sinn (New York 1853-60, 9 Bde.; 8. Abdruck, Koburg 1866) schrieb. Im nordamerikanischen Bürgerkrieg machte er als Offizier in einem New Yorker Regiment die Feldzüge von 1861 und 1862 mit, kehrte aber im Sommer 1863 nach Europa zurück und lebte in Koburg, seit 1869 in Wien, wo er 21. Aug. 1870 starb. Von seinen übrigen Schriften sind zu erwähnen: "Politische Briefe" (Mannh. 1846);