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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Südafrikanische Republik

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Südafrikanische Republik.

und es gedeihen dort Kaffee, Baumwolle, Zuckerrohr u. a. Auch östlich von den Drakenbergen ist es wärmer; infolge der vom Indischen Ozean her wehenden Südostpassate ist die Ostseite regenreich, während die westlichen Hochebenen arm an Regen sind. Die Regenzeit fällt in den Sommer. In dieser Zeit herrschen im Buschfeld Fieber, während das Hochfeld eine der gesündesten Gegenden der Erde ist. Hier leben die Buren im Sommer, im Winter ziehen sie mit ihren Herden ins Buschfeld. Die Pflanzenwelt in den einzelnen Gebieten ist sehr verschieden. Das Land trägt fast durchgehends den Charakter der Steppe, aber während das Hochfeld fast ganz aus weiten, einförmigen Grassteppen besteht, ist das Buschfeld mit dichtem, vielfach undurchdringlichem Strauchwerk bedeckt, in dem man nur einzelne offene Stellen antrifft. Hier finden sich auch Adansonien und andre tropische Gewächse. In Klüften am Ostabhang des Tafellandes trifft man noch majestätische Urwälder aus Gelbholzbäumen (Taxus elongata), Eisen- und Stinkholz und Mimosen; Akazien, Proteen, Euphorbia candelabrum etc. charakterisieren die Hochebenen der Mittelstufen. Mais, Kafferkorn, Hirse, Bohnen, Erbsen, Melonen werden kultiviert. In der Tierwelt herrschen Antilopen vor, Springböcke finden sich auf den grasreichen Hochebenen noch in Herden. Gnus, Zebras und Quaggas, Giraffen, Büffel, Elefanten und Nashörner sind selten geworden, ebenso Löwen, Leoparden und Hyänen sowie der Strauß. Krokodile hausen in den Flüssen; giftige Schlangen sind zahlreich, in den nordwestlichen, nördlichen und östlichen Grenzgebieten erschwert die Tsetsefliege die Viehzucht. Von einheimischen Haustieren fanden die Europäer Rinder, Schafe mit Fettschwänzen, Ziegen und Hunde vor, Pferde und Merinoschafe wurden eingeführt. Viehzucht bildet die Hauptbeschäftigung der Ansiedler. Sehr fruchtbar sind die kahlen Hochebenen des Südens. Mais, Korn, Hirse, Hülsenfrüchte, Zuckerrohr, Wein gedeihen hier sehr gut. Das Land ist reich an Gold, Silber, Kupfer, Graphit, Nickel, Kobalt, Blei, Steinkohle, Zinn, Salz, Alaun u. a. Gold wurde seit 1871 gefunden, in größern Mengen aber erst seit 1883 auf den Goldfeldern von De Kaap (Barberton) und Witwatersrand (Johannesburg); ausgeführt wurde über die Kapkolonie und Natal 1871 bis Mitte 1888 für 1,266,530 Pfd. Sterl.; Silbererze gewinnt man in der Nähe von Pretoria. Die weiße Bevölkerung wird auf 60-75,000 Seelen geschätzt, zum größten Teil Buren, nur 12-15,000 Europäer, unter den letztern auch zahlreiche Deutsche, die auf mehreren von hannöverschen Missionären gegründeten Ansiedelungen wohnen. Dazu kommt seit den letzten Jahren eine 20,000 Köpfe starke Bevölkerung, meist englischer Abstammung, auf den genannten Goldfeldern. Die Zahl der Kaffern (Betschuanen, Basuto u. a.) ermittelte der Zensus von 1886 zu 299,848 Seelen, die Gesamtbevölkerung kann daher zu 490,000 angenommen werden. Das Christentum hat trotz zahlreicher Missionäre nur teilweise unter den Eingebornen Platz gegriffen. Die Beschäftigung der Bevölkerung ist ausschließlich Naturalwirtschaft. Die Ausbeutung der großen natürlichen Reichtümer des Landes wird erschwert durch den Mangel an genügenden Transportverhältnissen. Die Ausfuhr besteht in Wolle, Rindvieh, Cerealien, Leder, Fellen, Früchten, Tabak, Butter, Branntwein, Straußfedern und Elfenbein, außerdem Gold. Die Einfuhr (1887: 1,695,978 Pfd. Sterl.) besteht in Industrieprodukten. Der Handel nimmt seinen Weg, da die S. R. vom Meer abgeschlossen ist, über D'Urban, Port Elisabeth und Kapstadt, wird sich aber, nachdem die im Bau begriffene Eisenbahn von der Delagoabai bereits bis zur Grenze (81 km) vollendet ist und jetzt nach Pretoria weitergeführt wird, zum großen Teil über die portugiesische Kolonie richten. Telegraphenlinien bestehen zwischen Pretoria und Standerton, Heidelberg und Heilbron im Oranjefreistaat und von Pretoria nach den Kaap-Goldfeldern, im ganzen 1116 km, im Bau sind 895 km. Das Land wird eingeteilt in 16 von Landdrosten verwaltete Distrikte, an der Spitze steht ein auf fünf Jahre gewählter Präsident, eine aus 46 vom Volk erwählten Mitgliedern bestehende Legislative hat die Gesetzgebung. Staatskirche ist die niederdeutsch-reformierte, doch sind alle Konfessionen geduldet. Die Staatseinnahmen fließen meist aus direkten Steuern und Zöllen; dieselben betrugen 1887: 668,433 Pfd. Sterl., die Ausgaben 721,073 Pfd. Sterl. Die öffentliche Schuld beträgt 430,000 Pfd. Sterl., davon 250,000 Pfd. Sterl. an die englische Krone; das Staatsvermögen besteht in Ländereien im geschätzten Wert von mehreren Millionen Pfund Sterling. Ein stehendes Heer gibt es nicht; im Kriegsfall werden sämtliche Bürger aufgeboten. Hauptstadt ist Pretoria.

Geschichte. Die Transvaalrepublik wurde gegründet durch holländische Buren, welche englische Mißwirtschaft aus der Kapkolonie zunächst nach Natal und dann von dort über die Drakenberge trieb, wo sie 1848 die Oranjefluß-Republik und die anfänglich getrennten, aber 1852 durch Pretorius zur Republik Transvaal vereinigten Freistaaten Potschefstroom, Zoutpansberg und Lydenburg bildeten. Diese Republik wurde in demselben Jahr von England anerkannt. Als aber das Transvaal mit Portugal in Unterhandlungen trat zum Zweck der Erbauung einer Eisenbahn nach der Delagoabai, wodurch die Ausfuhr des Freistaats von Natal, über welchen sie den Weg nehmen mußte, abgelenkt worden wäre, benutzte England einen für die Buren verderblichen Raubzug des Kaffernhäuptlings Sikukuni, um 1877 das Transvaal zu annektieren unter dem Vorgeben, dadurch die christliche Bevölkerung schützen zu wollen, in Wahrheit aber, um sich das bedrohte Handelsmonopol zu sichern. Die Proteste der Buren blieben unbeachtet. In dem nun folgenden Aufstand erlitten die Engländer bei ihrem Versuch, in das Gebiet der Republik einzudringen bei Laings-Nek (24. Jan. 1881), am Ingogo (8. Febr.) und am Majubaberg (27. Febr.) empfindliche Niederlagen, so daß England es vorzog, dem Land durch Vertrag vom 3. Aug. 1881 seine Unabhängigkeit wiederzugeben. In der 1884 abgeschlossenen Konvention nahm das Land den alten Namen "Südafrikanische Republik" wieder an. Die Souveränität der britischen Krone wurde wesentlich beschränkt, indem nur Verträge und Verbindlichkeiten, welche die Republik mit einem Staat oder Volk (außer dem Oranjefreistaat) oder mit einem eingebornen Volksstamm einzugehen beabsichtigt, der englischen Krone zur Genehmigung zu unterbreiten sind. Als 1881 die im Westen der Republik neuentstandenen Burenfreistaaten Stellaland und Goschen sich bildeten, trat letzteres unter den Schutz der Südafrikanischen Republik, doch mußte derselbe auf einen von seiten Englands erhobenen Protest zurückgezogen werden. Zugleich proklamierte England sein Protektorat über das zwischen Transvaal und den deutschen Besitzungen an der Westküste Afrikas liegende Gebiet und über einen Landstreifen nördlich von Transvaal, somit die Buren nach diesen Seiten völlig einschließend. Und als 1884 der Bu-^[folgende Seite]