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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Talon; Talos; Talpa; Taltal; Talus; Talvj; Taman; Tamandua; Tamanieh; Tamaqua; Tamar; Tamara; Tamarikaceen; Tamarindus

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Talon - Tamarindus.

bunden, T. genannt wurden. Zu Anfang des 4. Jahrh. entstand in Palästina der jerusalemische T., in aramäischem Idiom geschrieben, die vier ersten Ordnungen der Mischna behandelnd; um 500 war der babylonische T., bald aramäisch, bald rabbinisch-hebräisch abgefaßt, redigiert. Von ältern Mischnaerklärern sind Maimonides, der auch einen wissenschaftlichen Kodex des T. ("Mischne Thora" oder "Jad ha-chasaka") abfaßte (1178-80), Bartenora, Liepmann Heller ("Tosefot Jom-tob"), von Übersetzern der Mischna, die schon im 10. Jahrh. ins Arabische, später ins Spanische übertragen ward, Surenhusius (lateinisch), Rabe (deutsch) und Jost (deutsch mit hebräischen Lettern), Samter-Baneth, von Lehrbüchern und Einleitungen zur Mischna die Werke von Geiger, Dukes, Weiß, Z. Frankel, der auch eine "Einleitung zum jerusalemischen T." schrieb, und Jakob Brüll zu nennen. Erklärer des babylonischen T. sind neben Raschi die Tossafisten (Glossatoren), eine Reihe meist nordfranzösischer Rabbiner, Rosch (R. Ascher ben Jechiel, 1306-27) u. a. Wörterbücher verfaßten: R. Natan ben Jechiel aus Rom ("Aruch", 1101), Buxtorff (2. Aufl. von Fischer, Leipz. 1866-1870, 2 Bde.), Levy (das. 1875-89) und Kohut ("Aruch completum", auf Grundlage des "Aruch" von R. Natan ben Jechiel, Wien 1878 ff.); einzelne Traktate übersetzten: ins Lateinische Riecius, Clarke, Ullmann, Surenhus, Lund, Ludovic, Coccejus, Hirschfeld, Fagius, Hartmann u. a.; ins Französische Schwab, Rabbinowicz; ins Deutsche Ewald, Pinner, Samter und Rawitsch. Der babylonische T. in seinen haggadischen Bestandteilen ist von Wünsche übersetzt (Leipz. 1886 ff.). Die Methode und einzelne Disziplinen des T. behandelten: Hirschfeld (Exegese), Lewysohn (Zoologie des T.), Wunderbar (Medizin), Markus (Pädagogik), Duschak (Botanik), Bloch (Polizeirecht), Auerbach (Obligationenrecht), Rabbinowicz (Zivil- und Kriminalrecht), Zuckermann (Mathematik), Frankel (gerichtlicher Beweis), Fassel (Zivilrecht, Tugend- und Rechtslehre, Strafrecht) u. a.; eine Realencyklopädie des T. gab Hamburger (Neustrelitz 1883) heraus; die Evangelien erläuterte aus T. und Midrasch Aug. Wünsche (Götting. 1878). Vgl. Rabbinowicz, Kritische Übersicht der Gesamt- und Einzelausgaben des Babylonischen T. (Münch. 1877); Deutsch, Der T. (a. d. Engl., Berl. 1869); Weber, Die Lehren des T. (Leipz. 1886).

Talon (franz., spr. -óng, "Ferse"), bei Wertpapieren der Erneuerungsschein für die Koupons (s. d.); im Kartenspiel die nach dem Geben übriggebliebenen Karten, die Kaufkarten; im Hasard der Kartenstamm, welchen der Bankier abzieht; im Domino die Kaufsteine.

Talos, nach dem Mythus der Alten ein eherner Riese auf Kreta, der als Wächter des Minos die Insel täglich dreimal umkreiste und die Herannahenden durch Steinwürfe verscheuchte oder mit den Gelandeten ins Feuer sprang und sie so lange an seine glühende Brust drückte, bis sie verbrannten. Von seinem Kopf ging eine Blutader bis zur Ferse, wo sie durch einen Nagel geschlossen war. Als die Argonauten nach Kreta kamen, ließ Medea den Nagel durch Zaubergesang herausspringen (oder Pöas, der Vater des Philoktet, schoß ihn mit dem Bogen heraus), worauf T. verblutete. Sein Tod ist auf einem ausgezeichneten apulischen Vasengemälde dargestellt, wo T. infolge des Zaubers der Medea in den Armen der Dioskuren stirbt. T. gilt für ein altes Symbol des Sonnengottes und ist mit dem phönikischen Moloch verwandt. Vgl. Mercklin, Die Talossage und das Sardonische Lachen (Petersb. 1851).

Talpa (lat.), Maulwurf.

Taltal, Hafenort im südamerikan. Staat Chile, Provinz Atacama, mit 1876 entdeckten Salpeterlagern.

Talus (lat.), Sprungbein.

Talus (franz., spr. -lüh), s. Böschung.

Talvj, Pseudonym, s. Robinson 3).

Taman, Halbinsel zwischen dem Schwarzen und Asowschen Meer, zum kubanischen Landstrich gehörig, mit der gleichnamigen Bai und dem kleinen Orte T., war im Altertum Sitz blühender Kolonien der Griechen, an deren Stellen (z. B. bei Sennaja, vermutlich der Stätte des alten Phanagoria) seit 1859 erfolgreiche Ausgrabungen veranstaltet wurden. In den aufgedeckten Kurganen fand man Gerippe von Menschen und Tieren (Pferden) und viele Geräte meist griech. Ursprungs, die jedoch nicht über das 4. Jahrh. v. Chr. zurückreichen. Vgl. Görtz, Archäologische Topographie der Halbinsel T. (russ., Mosk. 1870).

Tamandua, s. Ameisenfresser.

Tamanieh (Tamanib), Dorf in Nubien, südwestlich von Suakin am Wadi Chab und der über Sinkat nach Berber führenden Straße. Hier 13. und 25. März 1884 Gefechte des englischen Generals Graham gegen Osman Digma, in welchem der letztere zwar geschlagen und das Dorf eingenommen und verbrannt wurde, die Engländer aber ihren Zweck, die Forts Sinkat und Tokar zu entsetzen, nicht erreichen konnten.

Tamaqua, Stadt im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, am Schuylkill inmitten ergiebiger Kohlengruben, mit (1880) 5730 Einw.

Tamar (Tamer, spr. tähmer), Grenzfluß zwischen den englischen Grafschaften Cornwall und Devon, mündet in den Plymouthsund; 96 km lang. Sein Ästuar bildet die berühmte Reede Hamoaze. Er ist bis Launceston schiffbar, von wo ein Kanal nach Budehaven an der Nordküste von Cornwall führt.

Tamara, ital. Würzpulver aus Koriander, Zimt, Nelken, Fenchel und Anis; wird in der Küche wie Curry-powder (s. d.) benutzt.

Tamarikaceen (Tamariskenartige), dikotyle, etwa 40 Arten umfassende Familie aus der Ordnung der Cistifloren, Holzpflanzen, selten Stauden mit kleinen, oft schuppenförmigen, blaugrünen, abwechselnden Blättern und regelmäßigen, zwitterigen, 4-5zähligen, in Ähren, Köpfen, Trauben oder Rispen stehenden Blüten. Von den verwandten Familien unterscheiden sich die T. hauptsächlich durch einen Haarschopf am Samen. In Deutschland kommt nur Tamarix (Myricaria) germanica Desv. an kiesigen Flußufern vor, deren Rinde wie auch die der am Mittelmeer heimischen Tamarix gallica L. früher offizinell war. Der Familie der T. werden auch die kleinen Gruppen der Reaumurieen und Fouquiereen beigezählt.

Tamarindus Tourn. (Tamarinde), Gattung aus der Familie der Cäsalpinieen, mit der einzigen Art T. indica L. (s. Tafel "Arzneipflanzen II"), ein bis 25 m hoher, immergrüner Baum mit weit ausgebreiteter, sehr verästelter Krone, abwechselnden, paarig gefiederten, 10-20jochigen Blättern, linealisch-länglichen Blättchen, wenigblütigen, endständigen Blütentrauben, weißen, purpurn geäderten Blüten und gestielten, bis 15 cm langen, 2,5 cm breiten, länglichen oder lineal-länglichen, meist etwas gekrümmten, mäßig zusammengedrückten Hülsen, welche in dünner, zerbrechlicher, gelbbrauner, rauher Schale ein schwarzes oder braunes Mus und in diesem rundlich viereckige, glänzend rotbraune Samen enthalten. Die Tamarinde ist im tropischen Afrika, südwärts bis zum Sambesi, heimisch, wohl auch im südlichen