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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tatu; Tatzmannsdorf; Tau; Taub; Taubahnen; Taube Kohle; Tauben

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Tatu - Tauben.

demselben Begriffe meist religiöser Art verknüpft, die ursprünglich nichts mit demselben zu thun haben. Wegen der mit dem T. verbundenen Schmerzen wird dasselbe bei beiden Geschlechtern häufig als eine der vielfach grausamen Zeremonien bei der Feier der eingetretenen Pubertät vollzogen. Es entwickelt sich auch zum Stammes- oder Häuptlingsabzeichen und kann mehrfach als ein Ersatz für Kleidung betrachtet werden. Völker mit dunkler Hautfarbe, wie Neger, Melanesier und Australier, ziehen dem T. den Gebrauch vor, den Körper mit Narben zu zieren, die auf der schwarzen Haut, oft künstlich vergrößert, besser zur Geltung kommen als die dunkelblauen Zeichnungen der Tättowierung. Zum T. der roten Farbe wird meist Zinnober verwendet. In der Südsee ist die Sitte des Tättowierens durch den Einfluß der Missionäre im Aussterben, dagegen in Hinterindien, Laos, Birma etc., noch lebhaft im Schwange; in Japan neuerdings verboten. In Europa ist das T., allerdings meist nur auf einzelne Figuren und Symbole beschränkt, bei Reisenden aller Gesellschaftsklassen, dann bei Matrosen, Soldaten und Handwerkern in hohem Grad beliebt und verbreitet. Vgl. Wuttke, Die Entstehung der Schrift (Leipz. 1872); Lacassagne, Les Tatouages (Par. 1881); Joest, T., Narbenzeichnen und Körperbemalen (Berl. 1887).

Tatu, s. Gürteltier.

Tatzmannsdorf (ung. Tarcsa), besuchtes Frauenbad im ungar. Komitat Eisenburg, an der steirischen Grenze, unweit Steinamanger, mit einem alkalisch-glaubersalz-eisenhaltigen Säuerling. Vgl. Thomas, Tatzmannsdorf (Wien 1885).

Tau (Tagh, türk.), Gebirge.

Tau (Seil), s. Tauwerk.

Tau, derjenige wässerige Niederschlag (oder Ausscheidung eines Teils des in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampfes), welcher durch eine Erkaltung der an der Erdoberfläche befindlichen Körper bewirkt wird. Die Temperatur, bei welcher die Luft mit Wasserdampf gesättigt ist, d. h. so viel Wasserdampf enthält, als diese Temperatur zuläßt, nennt man den Taupunkt. Sobald die Temperatur der an der Erdoberfläche zunächst gelegenen Luftschichten unter den Taupunkt gesunken ist, fängt der Wasserdampf an, aus ihnen ausgeschieden zu werden und sich in Gestalt kleiner Wasserkügelchen oder Tauperlen auf die abgekühlten Gegenstände zu legen. Im gewöhnlichen Leben sagt man: "der T. fällt"; aber dies ist nach der obigen Erklärung der Taubildung nicht richtig. Eine für diese genügend starke Abkühlung der untern Luftschichten tritt jedesmal ein, so oft bald nach Sonnenuntergang, besonders während der Nacht und am frühen Morgen, eine kräftige Wärmeausstrahlung der Erdoberfläche stattfinden kann; hierzu gehören vor allem klarer Himmel, ruhige Luft und eine Bodenbedeckung, die leicht ihre Wärme abgibt, z. B. Rasenflächen und Blätter der Pflanzen. Glänzende und metallische Gegenstände sowie überhaupt Körper mit geringem Strahlungsvermögen (s. Wärme) sind für Taubildung weniger geeignet. Alles, was die nächtliche Strahlung hindert oder vermindert, wie z. B. ein bedeckter Himmel, hindert oder vermindert auch die Taubildung. Auch wird eine Taubildung verhindert oder wenigstens erschwert, wenn die Luft bewegt ist, weil dann stets von neuem warme Luft mit dem abgekühlten Erdboden in Berührung kommt und sich dieselbe daher nicht bis zum Taupunkt abkühlen kann. Ganz besonders stark ist die Taubildung in den tropischen Gegenden, wo die Luft viel Wasserdampf enthält und durch die Wärmestrahlung eine sehr starke Abkühlung erfährt. Das Drosometer, ein zum Messen des Taues bestimmter Apparat, enthält eine an einer feinen Zeigerwage befindliche, mit feiner, flockiger Wolle bedeckte Platte, die sich in der Nacht mit T. bedeckt, und deren Gewichtszunahme die Taustärke angibt. Die auf diese Weise erhaltenen Resultate entbehren aber vorläufig noch der notwendigen Genauigkeit. Wenn der Körper, an welchem sich der kondensierte Wasserdampf absetzt, unter 0° erkaltet ist, so kann dieser nicht die flüssige Gestalt annehmen, sondern erhält die Form von Eisnadeln und bekommt dann den Namen Reif (s. d.), so daß letzterer nichts andres als gefrorner T. ist.

Taub, von Gesteinen, s. v. w. keine nutzbaren Mineralien enthaltend, unhaltig.

Taubahnen, s. Straßeneisenbahnen, S. 377.

Taube Kohle, s. Anthracit.

Tauben (Columbidae, hierzu Tafel "Tauben"), Unterordnung der Taubenvögel (s. d.). Die große Holz-, Kohl-, Wald- oder Ringeltaube (Columba Palumbus L.), taubenblau, Kopf u. Brust rötlichblau, Hals grünlich und purpurn schillernd, an jeder Seite mit großem, weißem Fleck, Flügel graublau mit breitem, weißem Streifen am Bug, Unterrücken und Steiß hellblau, Schwanz mattschwarz, mit hellerer Querbinde und großem, weißem Fleck, Unterseite hell graublau, Hinterleib weiß, ist 43 cm lang, findet sich in ganz Europa und einem großen Teil Asiens, nährt sich von Getreide und Grassämereien, Schnecken, Regenwürmern, vorzugsweise aber von Nadelholzsamen, auch Eicheln und Bucheln, im Sommer von Heidelbeeren u. a. Sie nistet in Nadelholzdickicht, niedrig oder hoch, auf allerlei Bäumen. Obwohl überaus scheu und vorsichtig, wohnt sie zuweilen doch inmitten volkreicher Städte auf den Bäumen der Anlagen, so in Stuttgart und namentlich in Paris, wo sie zutraulich und dreist von den Spaziergängern sich füttern läßt. Die kleine Holz- oder Hohltaube (C. Oenas L.), mohnblau, Kopf aschgraublau, Hals wie bei der vorigen schillernd, Oberrücken dunkler graublau, Schwingen schieferblau, nur mit reihenweise stehenden, schwarzen Flecken, kein Weiß im Flügel, Brust rötlichgrau, Unterleib schwach rötlich aschgrau, ist etwa 32,5 cm lang. Verbreitung wie die vorige; sie nistet jedoch nur in Baumhöhlungen und wird, weil diese überall mangeln, immer seltener. Zugvogel. Die Felsentaube (C. livia L., s. Tafel "Tauben", Fig. 1), oberhalb aschgraublau, unterhalb mohnblau, Kopf hell graublau, Hals wie bei den vorigen metallisch schillernd, Schwingen aschgrau und Flügel mit zwei schwarzen Binden, Unterrücken rein weiß, Schwanz dunkel graublau, mit schwarzem Endsaum, die beiden äußersten Federn mit weißem Endsaum, Auge hellgelb, Schnabel schwarz, Füße rot, 34 cm lang, findet sich in fast ganz Europa, Asien und Nordafrika, doch nur, wo es Felsen gibt, in deren Höhlungen oder auch in den Löchern alten Gemäuers sie nistet. Man unterscheidet zwei Varietäten mit weißem und blauem Unterrücken und nennt letztere auch Bergtaube (C. glauconotos Br.). Sie nährt sich vorzugsweise von Getreide und Samen der Vogelwicke und andern Unkräutern. Sie soll die Stammmutter aller Haustaubenrassen sein. Die Turteltaube (C. Turtur L.), oberhalb rötlich braungrau, schwarz und aschgrau gefleckt, Stirn weißlichgrau, Oberkopf und Hals graublau, letzterer mit vier schwarzen, weiß gesäumten Querstreifen, Flügel schwärzlich aschgrau, Kehle und Oberbrust weinrot, ganze Unterseite rötlich graublau, Hinterleib gräulichweiß, 28,6 cm lang, findet sich in fast ganz Europa und Asien, besonders in Nadelholz-^[folgende Seite]