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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Terpentinbaum - Terrain.

tinölgehalt. Der venezianische T. von der Lärche (Larix europaea Dec.) wird in Südtirol aus dem Kernholz durch Bohrlöcher gewonnen, welche man zu Ende des Winters anlegt, verstopft und erst im Herbst wieder öffnet, um den angesammelten T. abzuzapfen. Dieser T. ist gelblich bis bräunlich, fast klar, zähflüssig und scheidet nicht Kristalle aus. Kanadabalsam von Abies balsamaea Marsh, A. Fraseri Pursh und A. canadensis Mich., in Nordamerika aus Blasen in der Rinde dieser Bäume gewonnen, ist vollkommen klar, hellgelb, riecht angenehm aromatisch, schmeckt bitter, mischt sich mit absolutem Alkohol, enthält 24 Proz. ätherisches Öl, scheidet keine Kristalle aus und wird hauptsächlich zur Darstellung mikroskopischer Präparate benutzt. Unter T. verstand man im Altertum den Harzsaft der Pistacia Terebinthus, und erst später wurde der Name auf den Saft der Koniferen übertragen, den man auch schon im Altertum benutzte. T. gibt beim Kochen mit Wasser Terpentinöl und hinterläßt ein Harz (gekochten T., Glaspech), bei Destillation ohne Wasser Kolophonium. Man benutzt ihn zur Darstellung von Terpentinöl, Salben, Pflastern, Firnissen, Lacken, Siegellack, Kitt. Vgl. Winkelmann, Die Terpentin- und Fichtenharzindustrie (Berl. 1880).

Terpentinbaum, s. v. w. Pistacia.

Terpentingallen (Carobbe), s. Pistacia.

Terpentinhydrāt, s. Terpentinöl.

Terpentinkiefer, s. Kiefer, S. 714.

Terpentinöl (Terpentinspiritus), ätherisches Öl, findet sich in allen Teilen der Nadelhölzer aus den Gattungen Pinus, Picea, Abies, Larix, wird durch Destillation aus dem Terpentin dieser Bäume gewonnen und zeigt je nach der Abstammung gewisse Abweichungen in den Eigenschaften, besonders das direkt durch Destillation der Pflanzenteile mit Wasser gewonnene Öl (Fichtennadelöl, Templinöl etc.), unterscheidet sich nicht unwesentlich von dem aus Terpentin gewonnenen. Das rohe Öl ist dünnflüssig, farblos oder gelblich, klar, löst sich in 8-10 Teilen Alkohol, verharzt leicht an der Luft unter Bildung von Ameisensäure und Essigsäure und wird dickflüssig. Zur Reinigung wird es am besten mit Dampf unter Zusatz von etwas Ätzkalk rektifiziert (Terpentinspiritus). Es ist dann farblos, dünnflüssig, riecht stark, schmeckt brennend, spez. Gew. 0,86-0,89, löst sich in 10-12 Teilen 90proz. Alkohol, mischt sich mit Äther, siedet bei 152-160°; es löst Schwefel, Phosphor, Harz, Kautschuk und manche andre Körper, absorbiert Sauerstoff, verwandelt ihn teilweise in Ozon und verharzt allmählich (unter Bildung von Ameisensäure). T. besteht aus einem Kohlenwasserstoff C10H16 ^[C_{10}H_{16}]. Bei längerm Stehen mit Wasser bildet es den Terpentinkampfer (Terpinhydrat, Terpentinhydrat) C10H16.2H2O+H2O ^[C_{10}H_{16}.2H_{2}O+H_{2}O], welcher sich in farb- und geruchlosen, leicht löslichen Kristallen ausscheidet. Dieser schmeckt aromatisch, löst sich in 200 Teilen Wasser, in 6 Teilen Alkohol und wird als harntreibendes, expektorierendes Mittel und gegen Neuralgien benutzt. Mit trocknem Chlorwasserstoff bildet T. salzsaures T. (künstlichen Kampfer) C10H17Cl ^[C_{10}H_{17}Cl] in farblosen Kristallen, welche kampferartig riechen und schmecken, in Alkohol und Äther löslich sind und bei 115° schmelzen. Oxydierende Substanzen verwandeln T. in Ameisensäure, Essigsäure, Oxalsäure etc. T. erzeugt auf der Haut bei längerer Einwirkung Schmerz, Rötung, Geschwulst und Bläschen; innerlich wirkt es in größern Gaben giftig, auch beim Einatmen der Dämpfe; man benutzt es bei Neuralgien, Diphtheritis, Lungengangräne, Gallensteinkolik, gegen Würmer, bei Gonorrhöe, Blasenkatarrh, Typhus etc., äußerlich als reizendes, kräftigendes Mittel, in der Technik zu Lacken, Firnissen, Anstrichfarben, zum Bleichen des Elfenbeins, früher auch als Leuchtmaterial. - Künstliches T., s. Erdöl, S. 767.

Terpentinspiritus, s. Terpentinöl.

Terpīnhydrāt, s. Terpentinöl.

Terpsichŏre (die "Tanzfrohe"), eine der neun Musen, später besonders die Muse der Tanzkunst und des Chorgesanges; führte in Bildwerken eine große Leier und in der Rechten das Plektron. Vgl. Musen (mit Abbildung).

Terra (lat.), Erde, Land; T. incognita, unbekanntes Land; T. firma, Festland; T. di Siena, Sienaerde (s. Bolus); T. foliata tartari, essigsaures Kali; T. foliata tartari crystallisata, essigsaures Natron; T. inebriata, glasierte Thonwaren in der Art der Robbia-Arbeiten; T. japonica, s. Katechu; T. lemnia, Siegelerde (s. Bolus); T. ponderosa, Schwererde, Baryt; T. sigillata, s. Bolus; T. tripolitana Tripel; T. umbria, schwarze Kreide.

Terracina (spr. -tschīna), Stadt in der ital. Provinz Rom, Kreis Velletri, am gleichnamigen Golf des Tyrrhenischen Meers, früher wichtiger Punkt an der Straße von Rom nach Neapel, ist Sitz eines Bischofs, hat eine Kathedrale (an der Stelle eines antiken Tempels), Ruinen eines Palastes des Gotenkönigs Theoderich, einen Hafen, von welchem 1886: 446 beladene Schiffe mit 15,509 Ton. ausliefen, Fischerei, Handel (Ausfuhr von Holzkohle) und (1881) 6294 Einw. T. ist das alte volskische Anxur an der Via Appia und hat noch mehrere römische Altertümer. Die Umgegend ist wegen ungesunder Luft berüchtigt.

Terra cotta (ital.), s. Terrakotten.

Terra di Lavōro, ital. Provinz, s. Caserta.

Terra di Siēna, hellbraune Farbe, in der Malerei vorzugsweise zu Lasuren verwendet.

Terra d'Otranto, ital. Provinz, s. Lecce.

Terra firma (lat.), festes Land, im Gegensatz zu den Inseln; insbesondere Bezeichnung aller auf dem Festland Italiens der Herrschaft der Venezianer unterworfenen Landschaften, nämlich: das Herzogtum Venedig, die venezianische Lombardei, die Treviser Mark, das Herzogtum Friaul und Istrien. Auch hieß so (span. Tierra firma) das nördliche Küstenland Südamerikas (das spätere Kolumbien) und im engern Sinn die Landenge von Panama.

Terrafirmaholz, s. Rotholz.

Terrain (franz., spr. -ráng, Gelände), eine Strecke Land von bestimmter Bodenbeschaffenheit, Gestaltung, Bebauung und Bewachsung, besonders als Schauplatz kriegerischer Thätigkeit. Einzelne im T. vorhandene, in sich abgegrenzte und hervorragende Teile, wie Dörfer, Gärten, Waldungen etc., nennt man Terraingegenstände. Längere Strecken, deren Beschaffenheit die Gangbarkeit unterbricht, wie Wasserläufe, Einsenkungen, Höhenzüge etc., bilden Abschnitte im T. Wo größere Flüsse oder Ströme, Gebirgsketten, Sumpf- und Moorgebiete u. dgl. solche Abschnitte trennen, nennt man letztere auch besondere Kriegstheater. Offen heißt ein T. ohne die Übersicht hindernde Terraingegenstände im Gegensatz zum bedeckten T., in welchem Bewachsung und Anbau die Übersicht hindern. Durchschnitten oder koupiert heißt das T. im Gegensatz zum reinen, wenn Wasserläufe, Gärten, Hecken, Mauern etc. die Bewegung hemmen. Über die Darstellung des Terrains auf Karten etc. s. Planzeichnen. Die Terrainlehre, d. h. die wissenschaftliche Beurteilung des Terrains nach seiner Benutzbarkeit für die Verwendung der