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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Terra incognĭta; Terrainkurorte; Terrainwinkel; Terrakotten

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Terra incognita - Terrakotten.

Truppen im Krieg, bearbeiteten theoretisch: Pönitz (2. Aufl., Adorf 1855), O'Etzel (4. Aufl., Berl. 1862), Koeler (das. 1865), v. Böhn (Potsd. 1868), v. Waldstätten (3. Aufl., Wien 1872), Frobenius (Berl. 1876, 2 Bde.), v. Rüdgisch (Metz 1874), Streffleur (Wien 1876), Ulrich (Münch. 1888) u. a. In der Geologie ist T. meist gleichbedeutend mit "Formation", z. B. T. houiller, s. v. w. Steinkohlenformation; T. salifère, s. v. w. Salzgebirge (Trias formation).

Terra incognĭta (lat.), unbekanntes Land.

Terrainkurorte, s. Klimatische Kurorte, S. 846.

Terrainwinkel, der Winkel zwischen einer wagerechten und einer vom Geschützstand nach dem Fußpunkt des Ziels gedachten Linie. Liegt das Ziel höher als der Geschützstand, so ist der T. positiv, andernfalls negativ. Beim Richten mit dem Quadranten muß der erstere vom Erhöhungswinkel abgezogen, der negative diesem zugerechnet werden; s. Elevation.

Terrakotten (v. ital. terra cotta, "gebrannte Erde", hierzu Tafel "Antike Terrakotten"), jetzt allgemeiner Name für alle künstlerisch ausgestatteten Produkte der Töpfer und Thonbildner wie der Bildhauer überhaupt, die sich mit Kleinplastik beschäftigen. Die Technik des Formens in Thon aus freier Hand, vermittelst der Hohlform oder auf der Drehscheibe ist uralt und war schon bei den Ägyptern, dann auch bei den Babyloniern und Assyrern hoch entwickelt. Mit bemalten und glasierten Thonfliesen sind am Nil ebenso wie am Tigris und Euphrat Wände und Fußboden der Wohnungen belegt worden. Aber erst in Griechenland wird die Technik aufs höchste verfeinert, die Form geadelt und mit jener Farbenpracht geschmückt, welche der klassischen Kunst in allen ihren Äußerungen eigen war. Die Aufgaben der Keramik in dieser Zeit sind doppelter Art, sie arbeitet teils im Dienste der Architektur und Tischlerei, teils schafft sie selbständige Gebilde: Gefäße oder Figuren der verschiedensten Größe, Gestalt und Bestimmung. Der erstgenannten Gattung gehören die kastenartigen, bunt bemalten und hart gebrannten Thonplatten an, welche in ältester Zeit (7. u. 6. Jahrh. v. Chr.) in Griechenland zur Verkleidung der Gesimsbalken an Tempeln, Schatzhäusern etc. verwendet worden sind, und deren sich eine große Anzahl in Olympia, in Sizilien und an der von Griechen bewohnten unteritalischen Küste vorgefunden haben. Sie waren in Olympia mit Nägeln auf die steinernen (ursprünglich aus Holz gefertigten) Geisonblöcke befestigt und dienten dem geringern Material (poros), das sie bedeckten, als Schutz und Schmuck zugleich (vgl. Fig. 1 u. 3, T. von Olympia und Selinus, und die Schrift von Dörpfeld u. a.: "Über die Verwendung von T. am Geison und Dach griechischer Bauwerke", Berl. 1881). Auch späterhin, als dieser Gebrauch abgekommen, erhielt sich die Anwendung von T. als Dachstirnziegel (Fig. 10) und Wasserspeier (Fig. 2), und beliebt wurde zumal in römischer Zeit die Verzierung von Wandflächen mit thönernen, bunt bemalten Relieffriesen, deren viele in kampanischen Gräbern zum Vorschein gekommen sind. Hauptsammlungen der letztern im Britischen Museum (London), im Louvre (Paris) und im vatikanischen Museum (Rom). Vgl. Combe, Description of the collection of ancient terracottas in the British Museum (Lond. 1810; Campana, Opere in plastica (Rom 1842). Auch zur Verkleidung hölzerner Geräte benutzte man frühzeitig Thonreliefs, an denen der Hintergrund ausgeschnitten wurde, und deren Befestigung mit Nägeln die im Thon ausgesparten Löcher bezeugen. Eine aus zahlreichen Beispielen bekannte Klasse derselben bilden die nach dem Hauptfundort (Insel Melos) so genannten melischen Reliefs (Fig. 11). Auch Vasen pflegte man etwa seit dem 4. Jahrh. v. Chr. mit bemalten Reliefs an Stelle der einfachern Gemälde zu schmücken. Besondere Formen und Dekorationsweisen bilden sich in Athen, Etrurien (schwarze Reliefvasen, vasi di Bucchero) und Unteritalien (Fig. 4 u. 5) aus, während in der Kaiserzeit zumeist nur einfarbig rote, mit aus Hohlformen eingepreßten Reliefs verzierte Thonvasen (Fabriken von Cales etc.) gefertigt werden (ein Beispiel gibt Fig. 6). Die höchsten Leistungen dieser Technik erreichte man in der Koroplastik, in der Herstellung kleiner Rundfiguren, die in der Form gepreßt, gebrannt, dann mit Pfeifenthon überzogen, aus freier Hand nachmodelliert und in zarten Farbentönen bemalt wurden. Manche scheinen als Spielzeug, als Zimmerschmuck gedient zu haben. Die Mehrzahl wurde für Zwecke des Kultus und des Totendienstes geschaffen. Es waren Weihgeschenke an die Götter und Toten, daher sie vorzugsweise in Gräbern gefunden werden. Ein altertümliches Sitzbild der Athene aus einem attischen Grab zeigt Fig. 9. Der Blütezeit griechischer Kunst aber gehören die anmutigen Terrakottafiguren an, die in erstaunlichen Mengen neuerdings bei Tanagra in Böotien, in Myrrhina, Ephesos und andern Orten Kleinasiens, auch in Tarent (Unteritalien) ausgegraben worden sind. Der Farbenschmuck ist meist bei der Auffindung bereits zerstört, recht gut aber z. B. an einer Figur der früher dem Grafen Pourtalès-Gorgier angehörenden Sammlung (Fig. 7) erhalten. Die Gegenstände sind meist dem Alltagsleben entlehnt, schöne Mädchen zum Ausgehen angekleidet, mit dem Hut auf dem Kopf, allerlei Handwerker, spielende Knaben, seltener Darstellungen aus dem Kreis der Aphrodite und des Eros. Rundfiguren dieser Art wurden dann auch gern an Vasen angebracht (Fig. 8). In römischer Zeit fertigte man sogar lebensgroße Figuren aus Thon, für Giebelkompositionen oder als Grabdenkmäler. Die Renaissance brachte diese Technik wieder zu neuer Blüte und stellte selbst Porträtbüsten gern in Terrakotta her (Beispiele im Berliner Museum); vor allem aber erlangte die Schule der Robbia durch ihre in heitern Farben prangenden, glasierten Einzelreliefs (meist Madonnenbilder) hohen Ruf (vgl. Keramik und Thonwaren). Auch in der Architektur der Renaissance, besonders in der norditalienischen (lombardischen), gelangte die Terrakotta zum Schmuck der äußern und Hoffassaden in reich ornamentierten Gesimsen und Kranzgesimsen, Archivolten, Fensterumrahmungen, Pilasterfüllungen, Friesen, Medaillons und sonstigen Zieraten zur Verwendung. Zu unsrer Zeit hat die Baukunst zum Schmuck der Fassaden von Backsteinrohbauten noch ausgedehntern Gebrauch von der Terrakotta gemacht, indem auch einzelne architektonische Glieder, wie Kapitäler, Konsolen u. dgl., nur aus Terrakotta hergestellt werden, ferner ganze Friese, Eckakroterien, Figuren und Gruppen zur Bekrönung von Gebäuden, für Fontänen etc., wobei die Färbung des Thons meist in Übereinstimmung mit der Farbe der für die Fassade gewählten Backsteine (gelb oder rot in verschiedenen Nüancen) gehalten wird. Bei rein ornamentalen T. kommt auch ein- und mehrfarbige Glasur, selbst Vergoldung zur Anwendung. Der Backsteinbau mit Terrakottenverzierung blüht am meisten in den an Werksteinen armen Gegenden, besonders in Norddeutschland. Fabriken, welche sich mit Anfertigung von Ornamenten und Kunstgegenständen in Terrakotta beschäftigen, gibt es in Charlottenburg