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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Thienen; Thiengen; Thierfelder; Thierry; Thiers

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Thienen - Thiers.

die "Systematische Darstellung der Fortpflanzungsgeschichte der Vögel Europas" (mit seinem Bruder G. A. W. Thienemann und Chr. L. Brehm, Leipz. 1825 bis 1838, 5 Abtlgn.) und "Fortpflanzungsgeschichte der gesamten Vögel" (das. 1845-56, 10 Hefte mit 100 Tafeln); "Reise im Norden Europas" (das. 1824 bis 1827, 2 Bde.).

Thienen, Stadt, s. Tirlemont.

Thiengen, Stadt im bad. Kreis Waldshut, an der Wutach und der Linie Mannheim-Konstanz der Badischen Staatsbahn, 350 m ü. M., hat eine kath. Kirche, ein Schloß, 2 Bezirksforsteien, Baumwollspinnerei und -Weberei, Verbandstofffabrikation, Viehhandel und (1885) 2231 meist kath. Einwohner.

Thierfelder, Albert, Komponist, geb. 30. April 1846 zu Mühlhausen i. Th., einer der letzten Schüler von Moritz Hauptmann, wirkte als Dirigent zuerst in Elbing, dann in Brandenburg und wurde 1886 als Universitätsmusikdirektor nach Rostock berufen. Er schrieb eine Symphonie in C moll, Sonaten, ein Klavierquartett, das Chorwerk "Zlatorog" (Text von Rud. Baumbach) für Chor, Solo und Orchester, mit verbindender Deklamation, u. a.

Thierry (spr. tjerri), 1) Augustin, hervorragender franz. Geschichtschreiber, geb. 10. Mai 1795 zu Blois, besuchte die Normalschule in Paris, widmete sich dem Studium der Geschichte, namentlich der französischen und englischen, ward 1830 Mitglied der Akademie und starb erblindet 22. Mai 1856 in Paris. Er schrieb: "Histoire de la conquête de l'Angleterre par les Normands" (Par. 1825, 4 Bde.; deutsch, Berl. 1830-1831, 2 Bde.), "Lettres sur l'histoire de France" (Par. 1827, 13. Aufl. 1868), "Dix ans d'études historiques" (1834, 11. Aufl. 1868), "Récits des temps mérovingiens" (1840, 2 Bde., in vielen Ausgaben; deutsch, Elberf. 1855), die von der Akademie mit einem Hauptpreis gekrönt wurden, "Essai sur l'histoire de la formation et des progrès du tiers-état" (1853, neue Ausg. 1868), welche Werke zuletzt in 9 Bänden (Par. 1883) gesammelt erschienen, und gab den "Recueil des monuments inédits de l'histoire du tiers-état" (das. 1843-70, 4 Bde.) heraus. Vgl. Aubineau, M. Aug. T., son système historique et ses erreurs (2. Aufl., Par. 1879).

2) Amédée, namhafter franz. Geschichtschreiber, Bruder des vorigen, geb. 2. Aug. 1797 zu Blois, erhielt eine Professur in Besançon, ward nach der Julirevolution zum Präfekten des Departemnts ^[richtig: Departements] Obersaône ernannt, 1831 in die Akademie aufgenommen, 1838 Requetenmeister im Staatsrat und 1860 Senator; starb 27. März 1873. Er schrieb: "Histoire des Gaulois jusqu'à la domination romaine" (Par. 1828, 3 Bde.; 6. Aufl. 1877, 2 Bde.); "Histoire de la Gaule sous la domination romaine" (1840-47, 3 Bde.; 4. Aufl., 2 Bde.); "Récits (und "Nouveaux récits") de l'histoire romaine au V. siècle" (1860-1878, 6 Bde.: "Alaric", "Placidie", "Derniers temps de l'Empire d'Occident", "Saint Jérôme, la société chrétienne à Rome et l'émigration romaine en Terre Sainte", "Saint Jean Chrysostome et l'impératrice Eudoxie", "Nestorius et Eutychès"); "Tableau de l'Empire romain" (das. 1862 u. öfter); "Histoire d'Attila et de ses successeurs" (das. 1864; 6. Aufl. 1876, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1874).

Thiers (spr. tjähr), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Puy de Dôme, malerisch am steilen Abhang des Besset (623 m) über der Durolle gelegen, Station der Eisenbahn von St.-Etienne nach Clermont-Ferrand (Abzweigung nach St.-Germain des Fossés), hat 2 Kirchen aus dem 11. Jahrh., viele mittelalterliche Häuser, ein Handelsgericht, Collège, Gewerbeschule, Handelskammer u. (1886) 11,753 Einw. T. ist der Mittelpunkt einer ausgedehnten Messerindustrie, welche über 400 Werkstätten mit gegen 12,000 Arbeitern beschäftigt, und betreibt außerdem Fabrikation von Papier, Quincaillerien, Kerzen, Decken, Asphalt und Leder sowie lebhaften Handel.

Thiers (spr. tjähr), Louis Adolphe, franz. Staatsmann und Geschichtschreiber, geb. 15. April 1797 zu Marseille als Sohn eines Advokaten, studierte in Aix die Rechte, ließ sich 1820 daselbst als Advokat nieder, begab sich aber schon im September 1821 mit seinem Freund Mignet nach Paris, um dort als Journalist seine Talente geltend zu machen. Er schrieb zuerst für den "Constitutionnel", das vornehmste Organ der liberalen Partei, und veröffentlichte außer einer mehrfach aufgelegten Schrift über Jean Law (1826, neue Ausg. 1878) 1823-27 seine "Histoire de la Révolution française" in 6 Bänden (15. Aufl. 1881, 10 Bde.; deutsch von Jordan, Leipz. 1854), welche seinen Ruhm als Historiker begründete. Als Karl X. durch die Ernennung des Ministeriums Polignac der liberalen Partei den Krieg erklärte, gründete diese unter der Leitung von T., Armand Carrel und Barrot im Januar 1830 den "National", der durch die Kraft und Kühnheit seiner Polemik gegen die bestehende Dynastie bald großen Einfluß gewann. Besonders elektrisierte die Massen das von T. erfundene Schlagwort: "Le roi règne, mais ne gouverne pas". Als 26. Juli 1830 die berüchtigten Ordonnanzen erschienen, versammelten sich die Redakteure aller liberalen Journale im Büreau des "National" und erließen unter T.' Leitung einen Protest gegen diese Regierungsmaßregel. Nachdem Sieg der Revolution führte T. die Unterhandlungen mit dem Herzog von Orléans, der auch 31. Juli auf dem Stadthaus den von T. an der Spitze einer Deputation wiederholten Antrag, den Thron zu besteigen, annahm. Als die Ordnung wiederhergestellt war, wurde T. 11. Aug. zum Staatsrat und Generalsekretär, sodann Anfang November von Laffitte zum Unterstaatssekretär der Finanzen ernannt. Zu derselben Zeit von der Stadt Aix in die Deputiertenkammer gewählt, bildete er sich rasch zu einem Redner aus, dessen Präzision und Gewandtheit bald Anerkennung fanden. Hierdurch und durch seine administrativen Gaben den regierenden Kreisen empfohlen, ward er nach Périers Tod 11. Okt. 1832 Minister des Innern, 25. Dez. 1832 des Handels und der öffentlichen Arbeiten. Bei der Umgestaltung des Kabinetts 4. April 1834 übernahm er wieder das Departement des Innern. Während ihn die Strenge, die er bei der Unterdrückung der demokratischen Unruhen in Paris und Lyon zeigte, auf immer mit seinen alten republikanischen Freunden entzweite, ward er dem Hof noch unentbehrlicher und behauptete sich 1834-36 trotz mehrfacher Ministerwechsel im Kabinett, die "Politik des Widerstandes" mit Erfolg verfechtend. Im Februar 1836 erhielt er den Vorsitz im neuen Kabinett zugleich mit dem Portefeuille des Auswärtigen, mußte aber schon 26. Aug. 1836 zurücktreten, da der König dem schon beschlossenen Einschreiten in Spanien zu gunsten des Liberalismus seine Zustimmung versagte, und stand nun zwei Jahre lang an der Spitze der dynastischen Opposition. Seit 13. Dez. 1834 war er auch Mitglied der Akademie. Am 1. März 1840 als Minister des Auswärtigen wieder an die Spitze des Kabinetts gestellt, bewirkte er die Zurückführung der Leiche Napoleons I. von St. Helena und die Befestigung von Paris. Sein Plan, der Quadrupelal-^[folgende Seite]