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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Thonberg - Thonissen.

Zum Vergleich sind unter 1) die berechneten Werte der Kaolinformel vorausgeschickt; 2) T. von Pöchlarn in Österreich; 3) T. von Grenzhausen in Nassau; 4) T. von Bendorf bei Koblenz; 5) roter T. von Norfolk in England.

An Varietäten unterscheidet man: eisenschüssigen T., gelb oder rotbraun, je nachdem Eisenhydroxyd oder Eisenoxyd das färbende Prinzip ist; glimmerigen T., mit zahlreichen, oft lagenweise angeordneten Glimmerblättchen gemengt; Töpferthon, zäh und sehr plastisch, feinen Quarzsand führend; Pfeifenthon, sehr reiner, kaolinartiger T.; bituminösen T. mit hohem Gehalt an organischen Stoffen, welche beim Glühen unter Bleichung des Thons zerstört werden; Salzthon (Hallerde), mit Steinsalz und Calciumsulfat (Anhydrit oder Gips) innig gemengt; Alaunthon (Vitriolthon, Alaunerde), Gemenge von T. mit Eisenkies, gewöhnlich in mikroskopischen Teilchen, welche bei der natürlichen oder künstlich unterstützten Verwitterung Schwefelsäure bilden und auf die im T. enthaltenen Kalium- und Aluminiumsilikate zersetzend einwirken (vgl. Alaunerde, Schwefelkies); Septarienthon s. Septarien), ein an mergeligen Nieren reifer T. Feuerfeste Thone schmelzen erst bei sehr hoher Temperatur, eine Eigenschaft, die auf der Abwesenheit oder dem geringen Gehalt an Kalium-, Magnesium-, Eisen- und Manganverbindungen beruht. Einen durch Quarz, Kalk und Eisen stark verunreinigten T. stellt der Lehm (s. d.) dar. T. mit der Neigung zu Schieferung nennt man Letten, bei stärkerm Hervortreten der Parallelstruktur Lettenschiefer. Ebenfalls den Thonen beizuzählen ist die Walkerde (Walkererde), die eine grünlichgraue bis olivengrüne Masse bildet, nur wenig an der Zunge haftet, im Wasser zerfällt, aber sehr begierig Öle und Fette einsaugt; chemisch scheint sie durch einen konstanten Gehalt an Magnesia charakterisiert zu sein. Porzellanjaspis (Porzellanit) und Basaltjaspis sind durch natürliche Prozesse (Kohlenbrände, vulkanische Eruptionen) gebrannte Thone. Sonstige Unterscheidungen beziehen sich auf die geologische Formation, in welcher sie vorkommen, so z. B. Tegel (ein Tertiärthon), Wälderthon (aus dem Weald), Oxfordthon (zum Jurasystem gehörig) u. a. Im allgemeinen sind die Thone in den mittlern und jüngern Formationen entwickelt und werden in den ältern durch Schieferthone und Thonschiefer vertreten. Ganz fremd sind sie aber selbst den ältesten Gesteinsschichten nicht, wie z. B. in Rußland sowohl im Silur als in der Steinkohlenformation Thone vorkommen. Die Thone bilden bald mächtigere Schichten, bald dünne Lagen oder Spaltenausfüllungen (Lettenklüfte) zwischen andern Gesteinen, namentlich Kalken und Sandsteinen. Bisweilen findet man sie auf primärer Lagerstätte als Hülle um diejenigen Silikatgesteine, aus denen sie entstanden sind. Sie führen häufig Versteinerungen, und dann gewöhnlich in besonders schönem Erhaltungszustand. Bekanntere Thonlager sind die von Großalmerode in Kurhessen, Passau, Stourbridge in England, Höganäs in Schweden für feuerfeste Thone; Köln, Lüttich, Namur für Pfeifenthone; Bunzlau, Hildburghausen, Klingenberg am Main, Koblenz u. v. a. O. für Töpferthone. Thone dienen zu Fayence, Steingut, Topfwaren, Thonpfeifen, Schmelztiegeln, Gußformen, zum Modellieren, zum Walken des Tuchs, als Dungmaterial (namentlich Salzthon); unreinere Varietäten und Lehm zu Backsteinen und Ziegeln, als Baumaterial, zum Ausschlagen (Dichten) von Wasserkanälen etc. Über die wichtige Rolle, welche der T. im Boden spielt, s. Boden. Endlich sind thonige Schichten im Innern der Erde die wichtigsten Wassersammler, welche als sperrende Schichten die versinkenden Wasser der durchlassenden Gesteine auf ihrer Grenzfläche auffangen und bei entsprechender Lagerung der Schichten Quellenbildung veranlassen. Durch diese wassersperrende Kraft schützen umgebende Thonschichten die Steinsalzlager vor der Auslaugung.

Thonberg, Dorf im SO. von Leipzig, jetzt mit diesem zusammenhängend, mit Irrenanstalt (der Stadt Leipzig gehörig) und (1885) 3740 Einw. Unfern bezeichnet der Napoleonstein Napoleons Standort in der Leipziger Schlacht (18. Okt. 1813).

Thoneisenstein, brauner und roter, s. Brauneisenerz und Roteisenstein.

Thonerde, s. Aluminiumoxyd.

Thonerdealaun, s. Alaun, konzentrierter.

Thonerdehydrat, s. Aluminiumhydroxyd.

Thonerdenatron, s. Aluminiumhydroxyd.

Thonerdesalze, s. Aluminiumsalze.

Thônes (spr. tohn), Stadt im franz. Departement Obersavoyen, Arrondissement Annecy, am Fier, mit Collège, kleinem Seminar, Uhrmacherschule, Fabrikation von Seilerwaren, Kirschgeist, Pelzwerk und Baumwollwaren und (1881) 1694 Einw.

Thonet, Michael, Industrieller, geb. 1796 zu Boppard, begründete eine Möbelfabrik in Wien, wo er die Möbel aus gebogenem Holz erfand, und starb daselbst 1870. Die Fabrik wird unter der Firma "Gebrüder T." von seinen Söhnen weitergeführt. Die Rundstäbe werden durch Wasserdampf oder durch Kochen in dünnem Leim erweicht und in eiserne Formen gepreßt, deren Krümmungen sie nach dem Trocknen behalten. Der Vorzug der gebogenen Möbel (Stühle, Fauteuils, Schaukelstühle, Sofas, Klaviersessel u. dgl.) besteht in großer Festigkeit.

Thongallen, regellos gestaltete Konkretionen von Thon in andern Gesteinen, besonders in thonigen Sandsteinen. Sie können, da sie sich nach dem Verritzen durch Wasseraufnahme aufblähen u. abblättern, beim Abbau, namentlich beim Tunnelbohren, große Schwierigkeiten bereiten und Einstürze veranlassen.

Thonglimmerschiefer, s. Phyllitschiefer. ^[richtig: Phyllit.]

Thonissen, Jean Joseph, belg. Nationalökonom und Rechtslehrer, geb. 21. Jan. 1817 zu Hasselt, studierte Rechtswissenschaft, widmete sich hierauf der Advokatur und wurde, nachdem er verschiedene Ämter im Gebiet der Verwaltung und der Rechtspflege bekleidet hatte, 1847 Professor des Kriminalrechts an der katholischen Universität zu Löwen und später auch in das Abgeordnetenhaus gewählt. 1855 wurde er zum Mitglied der Akademie in Brüssel ernannt und 1869 zum korrespondierenden Mitglied der französischen Akademie. Seit 1863 der Abgeordnetenkammer angehörend, wurde er 26. Okt. 1884 Minister des Innern und des öffentlichen Unterrichts, trat jedoch Oktober 1887 zurück. Er schrieb: "La constitution belge annotée" (1844, 3. Aufl. 1879); "Le socialisme et ses promesses" (1850); "Le socialisme dans le passé" (1851); "Le socialisme depuis l'antiquité jusqu'à la constitution française du 14 janvier 1852" (1852); "La Belgique sous le règne de Leopold I" (1855-56, 4 Bde.; 2. Aufl. 1861, 3 Bde.); "Vie du comte Félix de Merode" (1861); "De la prétendue nécessité de la peine de mort" (1864); "Études sur l'histoire du droit criminel des peuples anciens" (1869); "Mélanges d'histoire, de droit et d'économie politique" (1873); "Le droit pénal de la république athénienne" (1876); "L'organisation judiciaire, le