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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Thür; Thuret; Thurgau

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Thür - Thurgau.

Richtung, tritt bei Thann aus dem Gebirge, fließt in der Rheinebene nach NO. und mündet mit einem Arm bei Ensisheim, mit dem andern bei Kolmar links in die Ill; die Länge ihres Laufs beträgt 86 km. -

2) Linksseitiger Nebenfluß des Rheins in der Schweiz, 122 km lang, entspringt in zwei Quellflüssen im obersten Teil des Toggenburg, bei Wildhaus (1104 m) und am Säntis, durchfließt in nordwestlichem Lauf das Toggenburg, wendet sich dann bei Wyl nach NO., bei Bischofzell, unter Aufnahme der Sittern (457 m), wieder nach W., durchfließt den Thurgau und das Züricher Weinland und mündet in korrigiertem Bett unterhalb Andelfingen (348 m). Ihr größter linksseitiger Zufluß ist die Murg.

Thür, im Hochbau verschließbare Durchgangsöffnung in einer Umfangs- oder Zwischenwand, besteht aus einer meist steinernen oder hölzernen, selten eisernen Einfassung, aus ein- oder mehrteiligen, meist hölzernen, seltener aus Metall bestehenden Flügeln und aus dem Beschlag. Die Thüröffnung erhält je nach der Bestimmung der T. eine Breite von 0,5-1,5 m und eine Höhe von 1,8-2,5 m, während sie je nach Baumaterial und Stil des Gebäudes oben wagerecht oder durch Bogen (s. d.) begrenzt ist. Die Einfassung einer rechteckigen T. besteht aus dem Sturz, den beiden Gewänden (Säulen, Pfosten) nebst der Schwelle (Sohle) und ist mit Falz versehen, in welchen sich die Flügel legen, welche bei untergeordneten Gebäuden oder Gebäudeteilen aus Brettern mit zwei Querleisten und einer Strebe, für Gebäude, welche höhern Anforderungen genügen müssen, aus Rahmstücken und Füllungen zusammengesetzt sind. Im romanischen Stil bildet der meist gewölbte Bogen einen Halbkreis, im gotischen Stil einen Spitzbogen. Die Thürflügel lehnen sich entweder direkt an diese Bogen oder an den wagerechten Abschluß eines zwischen dieselben eingeschalteten, mehr oder minder reich ornamentierten Bogenfeldes an. Der Beschlag besteht aus den Thürbändern und dem Thürschloß von verschiedener Konstruktion, wozu in manchen Fällen noch besondere Verschlußvorrichtungen, wie Riegel und Thürzuwerfer, hinzutreten. Je nach Lage und Bewegungsweise hat man noch Schiebethüren, Fallthüren, Klappthüren u. a. Die T. wird je nach dem Charakter des Gebäudes mehr oder minder reich ausgebildet und erhält besonders im Kirchenbau oft reichgegliederte und ornamentierte Einfassungen, künstlerisch ausgestattete Thürflügel und kunstvoll geschmiedete Beschläge (s. Tafel "Schmiedekunst"). In diesem Fall, besonders bei den Haupteingängen der Kirchen, wird die T. mit Portal bezeichnet.

Thuret (spr. türä), Gustav, Botaniker, geb. 23. Mai 1817 zu Paris, studierte Rechtswissenschaft, dann Botanik, ging 1840 als Attaché der französischen Gesandtschaft nach Konstantinopel, kehrte aber schon im nächsten Jahr nach Frankreich zurück, um sich ganz den Untersuchungen der Meeresalgen widmen zu können. Hier lebte er bis 1851 auf seinem Schloß Reutilly bei Lagny, siedelte dann mit Bornet nach Cherbourg und später nach Antibes über, wo er einen botanischen Garten anlegte. Er starb 10. Mai 1875. T. entdeckte die Geschlechtlichkeit und die Befruchtung der Fukaceen (1853) und Florideen (1867). Nach seinem Tod erschienen: "Études phycologiques. Analyses d'algues marines" (Par. 1878, mit 50 Tafeln).

Thurgau, Kanton der nördlichen Schweiz, durch den Bodensee und Rhein von Baden, Württemberg und Bayern getrennt, umfaßt 988 qkm (17,9 QM.). In dem zum Thalsystem der Murg gehörenden Hinter-T. steigt das Land fast zu voralpinen Höhen an, so am Hörnli (1135 m), jedoch ohne dessen Gipfel zu erreichen. Auch der größere Teil des an den Kanton St. Gallen grenzenden Gebiets steigt erheblich an, während die tiefsten Punkte an der Thur und am Rhein liegen. Zwischen Thurthal und Bodensee zieht ein breites Plateau (Seerücken) hin, zu dem als einer der markantesten Punkte der Ottenberg (671 m) gehört. Der Kanton zählt (1888) 105,091 Einw. deutscher Abstammung. Unter der Bevölkerung sind beide Konfessionen sehr gemischt, doch ist der Protestantismus vorherrschend. Die Katholiken (im ganzen 30,337) gehören der Diözese Basel an; Klöster bestehen keine mehr. Der Kanton baut zwar nicht ausreichend Getreide, nimmt aber in andern Feldgewächsen und besonders in Obst und Wein (auf 1812 Hektar) eine hervorragende Stelle ein. Auch die Rinder- u. Schweinezucht ist bedeutend (1886 gab es 47,317 Rinder, 10,418 Schweine). Viele Gesellschaftskäsereien sind vorhanden. In Ermatingen und Gottlieben werden jährlich ca. 150,000 Gangfische gefangen. Hauptindustrie ist gegenwärtig die Baumwollspinnerei an der Thur und Murg; Islikon im Thurthal besitzt eine ausgedehnte Färberei und Druckerei, Amriswyl eine Strumpffabrik. Außerdem sind Gerbereien, Papiermühlen, Spielkartenfabriken, Spiritus- und Leimfabriken, Ziegeleien etc. im Betrieb. Großhandelsplätze hat der T. nicht, aber einen bedeutenden Obstmarkt in Frauenfeld, große Viehmärkte in Dießenhofen, Bischofzell, Amriswyl und Weinfelden. Romanshorn ist als Bodenseehafen wichtig. Die Nordostbahn überschreitet in Amriswyl den Seerücken, geht ins Thurthal hinüber nach Weinfelden-Frauenfeld-Winterthur und kreuzt die Seethallinien in Romanshorn. Den Hinter-T. kreuzt die Linie Winterthur-St. Gallen. In Frauenfeld und Weinfelden arbeiten die zwei thurgauischen Zettelbanken: die Thurgauische Hypothekenbank (1851 gegründet) und die Thurgauische Kantonalbank (seit 1870). Das Schulwesen gehört zu den regenerierten; in Kreuzlingen besteht das kantonale Lehrerseminar, in Frauenfeld eine Kantonsschule. Der T. hat auch eine Rettungs- und eine Zwangsarbeits-, aber keine Blinden- und Taubstummenanstalt. Die öffentlichen Bibliotheken enthalten 60,000 Bände, wovon über 30,000 auf die Kantonsbibliothek in Frauenfeld entfallen. Nach der Verfassung vom 28. Febr. 1869 gehört der T. zu den rein demokratischen Kantonen. Sie gibt dem Volk das obligatorische Referendum, dem auch die Beschlüsse der Legislative unterstellt werden können. Die oberste Landesexekutive wird direkt vom Volk gewählt und kann, wie die Legislative, abberufen werden, nämlich wenn 5000 Votanten sich für eine Abstimmung ausgesprochen haben. Die Legislative übt der Große Rat, der auf je drei Jahre durch das Volk gewählt wird. Die oberste vollziehende Behörde ist der Regierungsrat, mit fünf Mitgliedern und ebenfalls dreijähriger Amtsdauer. Die oberste Gerichtsinstanz heißt Obergericht, dessen sieben Mitglieder ebenfalls auf drei Jahre durch den Großen Rat gewählt werden. Der Kanton ist in acht Bezirke eingeteilt; jeder derselben hat seinen Bezirksstatthalter, dem ein Bezirksrat zur Seite steht, und ein Bezirksgericht, jede Gemeinde ihren Gemeinderat, dessen Vorsitz der Ammann führt; für größere Kreise besteht ein Friedensrichter. Die Staatsrechnung für 1886 weist an Einnahmen 1,224,476 Frank auf, darunter Ertrag des Staatsguts 449,516, Abgaben 625,207 Fr.; die Ausgaben belaufen sich auf 1,207,793 Fr., wovon 281,784 Fr. auf das Erziehungswesen fallen. Zu Ende des Jahrs 1886 berechnete sich das unmittelbare Staatsgut auf 5,624,823 Fr.,